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275 - Licht und Schatten

275 - Licht und Schatten

Titel: 275 - Licht und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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der sich in der Nähe aufhielt, war Bartolomé de Quintanilla.
    Mutter überprüfte seine Position: Er näherte sich bereits den Dünen. Aber würde er ihrem Befehl gehorchen? Sicher, sie konnte ihm mit seiner Vernichtung drohen - aber damit beraubte sie sich der Möglichkeit, den Glanz zu erlangen.
    Bartolomé! Du wirst zu mir kommen! , ordnete sie an. Ich gewähre dir eine letzte Chance, dich zu bewähren. Berühre die beiden Lebenden, die sich mir nähern. Ihr Glanz wird ausreichen, um uns alle, das ganze Kollektiv, in die Wirklichkeit dieser Welt zu holen! Gehorche mir, Bartolomé de Quintanilla, und du wirst leben !
    Keine Antwort. Der Dominikanermönch reagierte nicht.
    Er war unbrauchbar, entschied Mutter . Die anderen mussten herbeieilen, und das so schnell wie möglich. Nie zuvor war eine solch starke Strahlung so nahe gewesen. Sie musste sie haben!
    Brecht die Jagd ab und kommt her, meine Schatten! Sofort! , schleuderte sie ihre gierigen Gedankenimpulse aus, bohrte sie in die tauben Gehirne der anderen Sieben. Mutter ruft euch! Mutter braucht euch!
    Und dann richtete das Steinwesen seine Aufmerksamkeit ein letztes Mal auf Bartolomé.
    Unbrauchbar! Weg mit dir!
    ***
    »Wudan segne euch und gebe euch Kraft für den letzten Schritt!« Juneedas Stimme hallte durch den halbdunklen Tunnelgang. Bahafaa erschauerte.
    »Wudan mit uns!«, antworteten die Stimmen der sechs Kriegerinnen, die sich opfern wollten, um die Schatten aufzuhalten.
    Gespenstisches Flackern lag auf den Wänden. Das Entsetzen hatte nun alle gepackt, doch keine der Schwestern gab die Stellung auf und folgte den anderen, die verzweifelt versuchten, zum Einbruch des Tunnels zu kommen und sich den Weg nach draußen freizugraben.
    Bahafaa spähte zwischen Tumaara und Arjeela hindurch. Keine zwanzig Schritte mehr entfernt näherten sich die unheimlichen Schattenwesen.
    »Wudan segne euch!«, hallte wieder die Stimme der Priesterin durch den Gang. »Denkt an all das Gute, das er euch zeit eures Lebens geschenkt hat!« Ohne dass Bahafaa es verhindern konnte, stürzten ihr die Tränen aus den Augen, »Möge er nun jede von euch sicher an seine Festtafel geleiten!«
    Nur noch fünfzehn Schritte, dann würde die erste Schattenkreatur die Königin und ihre Begleiterinnen Tumaara und Arjeela erreichen, die in erster Reihe standen.
    Der Hüne ging noch immer voran. So nah war er schon, dass Bahafaa im flackernden Schein die Züge seines grobschlächtigen Gesichtes erkennen konnte.
    »Fürchtet euch nicht!«, rief Juneeda. »Begegnet dem Tod mit dem gleichen Mut, mit dem ihr gelebt habt! An Wudans Festtafel, in der Gemeinschaft unserer Erzmütter sehen wir uns wieder…!«
    »Genug!« Lusaana fuhr herum. »Ich gehe den Schatten entgegen! Wer geht mit mir?« Bahafaa sah, wie Tumaara und Arjeela nickten. Auch die Kriegerin neben ihr hob ihre Hand.
    »Zeigen wir ihnen, wie die Kriegerinnen der Dreizehn Inseln kämpfen und für ihr Volk sterben!«, rief Lusaana. Stolz und ungebrochene Willenskraft schwangen in ihrer Stimme mit. Bahafaa wurde angesteckt davon. Auch sie packte ihr Kurzschwert fester und machte sich bereit.
    Doch es war nicht Lusaana, die als Erste losstürmte. Tumaara und Arjeela hatten sich mit einem kurzen Nicken verständigt und liefen links und rechts an ihr vorbei. »Für die Königin!«, riefen sie wie aus einem Munde. Die restlichen Kriegerinnen schlossen sich ihnen an.
    Bahafaa zauderte. Sie wollte leben, wollte Grao wiedersehen. Aber zögerte sie ihren Tod nicht nur heraus? Ihr Herz klopfte, als wollte es zerspringen.
    Tumaara und Arjeela erreichten den schattenhaften Hünen. Mit einem wilden Kampfschrei ließen sie ihre Schwerter niedersausen - und womit niemand gerechnet hatte: Die Klingen fuhren nicht durch ihn hindurch wie durch Nebel, sondern drangen in seinen Leib ein wie in zähen Honig! Im Bruchteil einer Sekunde glomm Hoffnung auf. Konnte man die Schatten etwa doch verletzen?
    In der nächsten Sekunde erlosch der Funke schon wieder: Als der Hüne, ungeachtet der Schwerter, die in seinen Schultern steckten, nach vorne griff und die beiden Kriegerinnen am Hals packte.
    Tumaara und Arjeela erstarrten zu steinernen Statuen. Lusaana schrie wütend auf, sprang zwischen den Kämpferinnen, die ihr Leben für sie gegeben hatten, hindurch und rammte ihre Klinge tief in die Brust des Hünen.
    Der schien noch weiter an Substanz gewonnen zu haben, denn das Schwert ging nicht einmal durch ihn hindurch. Und wie reglos er plötzlich dastand - als

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