28 - Im Lande des Mahdi II
auch über uns zu Gericht sitzen?“
„Erwartest du vielleicht, daß ich euch laufenlasse?“
„Nein. Wir kennen dich. Wir befinden uns in deinen Händen und dürfen also nicht hoffen, straflos auszugehen, aber wir bitten dich um die Gnade, mit uns zu machen, was dir gefällt, aber uns nur nicht auch den Krokodilen vorwerfen zu lassen. Wie kann der Engel Dschebräïl am Tage der Auferstehung unsere Gebeine finden, wenn sie von diesen Ungeheuern zermalmt und aufgefressen worden sind!“
„Schurke! Jetzt, in der Todesangst, berufst du dich auf die Verheißung des Koran. Hast du auch bei deinen Missetaten an die Gebote der Religion gedacht?“
„O Emir, der Sklavenfang war seit Jahrhunderten gestattet. Was hat die Religion damit zu tun, daß diese Erlaubnis von Menschen aufgehoben wurde?“
„Und was hat der Islam mit deinen Gebeinen zu tun? Wenn Sie im Magen eines Krokodils schmoren, brauchen sie nicht später in der Hölle gebraten zu werden. Du mußt mir also dankbar dafür sein, daß ich dich Abd Asl jetzt unverzüglich folgen lassen werde.“
„Um Allahs willen, tue das nicht! Ich werde dir beweisen, daß ich nicht so schlimm bin, wie du denkst, und keinen solchen Tod verdiene.“
„So? Ich möchte wissen, wie du, der Anführer dieser tollen Hunde, einen solchen Beweis zu führen gedenkst.“
„Erlaube mir, ihn vorzubringen. Ich hörte vorhin, daß dieser Effendi sich nach einem Mann erkundigte, welcher verschwunden ist. Wenn ich über denselben Auskunft gebe, wirst du mich dann mit den Krokodilen verschonen?“
„Nein, denn du wirst irgendeine Lüge vorbringen, um dich zu retten.“
„Nein, Emir. Allah weiß es, daß ich die Wahrheit sagen werde! Nimm mich mit dir und halte mich gefangen, bis du dich überzeugt hast! Wenn du findest, daß ich dich belogen habe, so magst du mich den Krokodilen zu fressen geben oder, wenn es dir beliebt, eine noch entsetzlichere Todesart für mich erdenken.“
„Voraus kann ich dir nicht versprechen. Wir werden deine Worte prüfen. Finden wir sie wahr, so bin ich vielleicht bereit, dich nicht fressen zu lassen. Weißt du, wo jener Hafid Sichar sich befindet?“
„Ja, aber das Land und das Dorf weiß ich nicht.“
„Wie? Du kennst seinen Aufenthalt, weißt aber weder das Land noch das Dorf? Mensch, du redest ja Unsinn!“
„Es ist wirklich so, Emir.“
„Hast du etwa mit Ibn Asl oder seinem Vater darüber gesprochen? Haben sie dich in das Geheimnis gezogen?“
„Nein. In so vertraulicher Weise haben diese beiden nie mit uns verkehrt; aber ich hörte einmal, daß sie von diesem Hafid Sichar sprachen, und sie wußten nicht, daß ich mich in der Nähe befand.“
„Was sagten sie von ihm?“
„Die einzelnen Worte kann ich dir nicht mehr sagen, aber den Inhalt habe ich mir gemerkt. Du sollst ihn jetzt erfahren. Ibn Asl war früher arm und ist nur durch Hafid Sichar reich geworden. Er hat ihm eine große Summe abgenommen und sie mit einem anderen geteilt.“
„Wer ist der andere?“
„Das weiß ich nicht; ich konnte es aus dem, was ich hörte, nicht entnehmen; es wurde weder sein Name noch sein Stand genannt. Ibn Asl hat Hafid Sichar töten wollen, um den Zeugen des Diebstahls aus der Welt zu bringen; dieser andere aber hat es nicht zugegeben. Mit dem geraubten Geld wurde eine Ghasuah unternommen, und um Hafid Sichar unschädlich zu machen, schleppte man ihn mit und hat ihn tief im Süden an den Anführer eines wilden Stammes verkauft.“
„Welcher Stamm ist das?“
„Das eben weiß ich nicht, Emir. Du hast jetzt alles erfahren, was ich dir sagen konnte. Wirst du nun die Barmherzigkeit üben, mir meine Bitte zu erfüllen?“
„Wende dich an den Effendi, den diese Sache angeht! Vielleicht ist er geneigt, Fürbitte für dich einzulegen.“
Der Gefangene folgte dieser Weisung, indem er mich bat, für ihn zu sprechen. Ich mußte seine Todes- oder vielmehr Krokodilangst für meine Zwecke möglichst ausnutzen und antwortete ihm daher:
„Ob ich etwas für dich tue, hängt ganz von deiner weiteren Aufrichtigkeit ab. Hast du einmal den Namen Barjad el Amin gehört?“
„Ja. Dieser Mann ist Kaufmann in Karthum. Du hast vorhin schon Abd Asl nach ihm gefragt.“
„Steht Ibn Asl noch in Geschäftsverbindung mit ihm?“
„Nein. Wenigstens weiß ich nicht das Geringste davon.“
„So ist diese Sache erledigt. Aber weiter: Hat Ibn Asl jetzt viel Geld bei sich?“
„Ja, fast sein ganzes Vermögen. Er wollte eine Sklavenjagd unternehmen, wie so
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