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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einzutreffen? Hat er es sich ausgerechnet?“
    „Wir haben alles genau überlegt. Er glaubte nicht länger als zwanzig Tage zuzubringen.“
    Der Emir warf mir einen fragenden Blick zu, und ich nickte, um ihm meine Überzeugung anzudeuten, daß der Türke die Wahrheit gesagt hatte. Die Folge davon war, daß er in einem bedeutend milderen Ton fortfuhr:
    „Ich will dir Glauben schenken. Du hast in deinen Antworten nichts beschönigt; das rettet dich. Der Effendi hat mich um Gnade für dich gebeten, und ich will einmal versuchen, dieser Bitte Folge zu leisten. Kennst du den geraden, kurzen Weg zu den Gohk?“
    „Ja. Er geht von hier stromaufwärts bis zum Maijeh Semkat, den man am dritten Tag erreicht. Dort kann man das Schiff lassen und muß von da an sechs Tage lang nach Westen über Land.“
    „Kennst du den Landweg? Kannst du uns führen?“
    „Leider nein, denn ich war noch niemals dort.“
    Da rief einer der gefangenen Asaker, ein noch ziemlich junger Mann, schnell:
    „Sei gnädig, o Raïs Effendina, und gestatte mir, zu sprechen! Ich kenne diesen Weg. Ibn Asl schickte Malaf hin, um eine Karte zu machen. Dieser nahm mich mit. Wir sind überall herumgewandert, um jeden Wald und jedes Wasser kennenzulernen.“
    Malaf war eben derjenige, von dem ich meine Karten hatte. Der junge Mann war zu gebrauchen. Ich gab dem Emir einen Wink. Er verstand mich und wollte weitersprechen, doch wurde seine Aufmerksamkeit ab und nach einem Punkt gelenkt, an welchem der Kreis unserer Asaker in Unordnung zu geraten schien. Man sah, daß jemand sich durchdrängen wollte. Er öffnete sich auch wirklich. Und wer erschien?
    Hatte ich es mir doch gedacht! Kumra, die Turteltaube, den Schleier vor dem Gesicht und einen rauchenden Wassertopf in den Händen! Hinter ihr kam Fatma, der Liebling, den zerstoßenen Kaffee tragend. Dann die zweite weiße Dienerin mit dem Findschahn aus Porzellan. Und darauf die schwarzen Mädchen, das eine mit der Pfeife und das andere mit dem Tabakskrug. Ich hätte laut auflachen mögen! Der Emir machte ein finsteres Gesicht und rief den Schönen entgegen:
    „Was wollt ihr hier? Fort mit euch! Ihr gehört in den Harem, nicht aber in diesen Kreis!“
    Aber die Demoiselles waren nun einmal losgelassen und nicht zurückzuhalten. Sie ließen sich nicht irremachen, nahten in wackelnder Prozession und hielten vor ihm still.
    „Wir gehören wohl hierher, o Gebieter!“ sagte die Turteltaube. „Wir bieten dir Erquickung nach der Reise; Kaffee, frisch und warm, wie die Lippen der Mädchen, und Tabak, die Wonne des Geruches, köstlicher Wohlgeschmack des Paradieses. Trinke, rauche und gib mir dafür meinen Bruder frei, den ich nicht –“ Sie kam nicht weiter. Ihre Arme hatten gleich von Anbeginn eine ganz eigentümliche Lage, ihre Hände eine ebenso eigenartige Haltung gehabt; der rauchende Topf kippte bald nach rechts, bald nach links; bald ließ sie, während sie sprach, ihn sinken, bald hob sie ihn krampfhaft wieder empor, ihr Oberkörper bückte sich nach vorn, richtete sich wieder auf, wand sich herüber, dann wieder hinüber – man sah die Katastrophe kommen. Die gute Turteltaube entbehrte nämlich jenes wohltätigen Händeschutzes, den die Araberin Tandscharaja, die Deutsche aber einen Topflappen nennt. Das Wassergefäß war zu heiß für ihre zarten Finger, lange, lange hatte sie den Schmerz ertragen, nun aber ging es beim besten Willen nicht mehr; sie warf den Topf mitsamt dem Wasser dem Emir an die Beine und schrie, indem sie davoneilte:
    „Geduld, Geduld, o Herr; ich koche sogleich anderes!“
    Ihre vier dienstbaren Geister glaubten, dem Beispiel ihrer Gebieterin folgen zu müssen. Sie warfen ihre Requisiten zu dem nun leeren Topf und wackelten ihr schleunigst nach. Ich biß mich an die Lippen. Der Türke stieß einen zornigen Fluch aus. Der Emir sah an seinen nassen Beinen nieder, richtete dann seine Augen auf mich, bemerkte das nicht zu unterdrückende, krampfartige Zucken und Arbeiten meiner Gesichtsmuskeln und – brach in ein lautes, herzliches Gelächter aus. Ich stimmte sofort ein, denn ich war froh, mir Luft machen zu können. Ben Nil und sein Großvater fielen auch ein, und das wirkte ansteckender und schneller als der gefährlichste Komma-Bazillus: das Gelächter ging rundum; es lachte der ganze Kreis unserer Soldaten.
    Nun war es unmöglich, die vorige Strenge wieder aufzunehmen. Der Emir nahm mich beim Arm und zog mich aus dem Kreis. Außerhalb desselben hin und her gehend, besprachen wir

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