28 - Im Lande des Mahdi II
einer Hyäne hören. Dies wiederhole ich, indem ich am Waldesrand hinschreite. Der Posten, welcher dies zuerst hört, kann zu mir kommen, um mich zu dir zu führen. Jetzt bin ich mit meiner Unterweisung zu Ende.“
„So will ich jetzt nach Hegasi aufbrechen. Vorher aber, Effendi, muß ich dir danken für das, was –“
„Jetzt nichts davon, Emir! Willst du mir über deine Rettung ja eine lange Rede halten, so habe ich nichts dawider, aber ich bitte dich, dies später zu tun. Jetzt haben wir keine Zeit dazu.“
„Nun wohl, ich gehe, doch wird die Rede, von welcher du sprichst, dir keinesfalls erspart bleiben. Ich will hoffen, daß unser nächstes Wiedersehen ein fröhliches und siegreiches sein möge!“
Er gab mir und Ben Nil die Hand und ging. Wir warteten, bis wir annehmen konnten, daß er in Hegasi angekommen sei; dann stiegen wir in das Boot und ruderten uns zum gegenüberliegenden Ufer. Dort wurde das Boot im Schilf versteckt, und wir gingen soweit abwärts, bis wir Hegasi drüben liegen sahen.
Wir hielten uns so, daß wir von dort aus nicht gesehen werden konnten. Der ‚Falke‘ lag noch an der Mischrah; aber als wir ungefähr eine halbe Stunde gewartet hatten, wurden die Segel aufgezogen, er steuerte hinaus auf die Höhe des Flusses und richtete den Bug nach Norden. Wir kehrten nach unserem Boot zurück, warteten noch eine Viertelstunde und ruderten uns dann nach der Mitte des Nils. Dort richteten wir den Mast auf und öffneten das Segel. Der Wind war nicht günstig; wir lavierten also langsam auf Hegasi zu.
Ben Nil war Zeuge unsers Gespräches gewesen, und so waren für ihn, da er alles gehört hatte, nicht noch erst besondere Verhaltungsmaßregeln nötig. Er brannte, ganz ebenso wie ich, vor Verlangen, die Scharte, welche man uns gestern geschlagen hatte, auszuwetzen. Die Hauptsache war jetzt, daß wir den Scheik el Beled daheim trafen. In dieser Beziehung konnten wir es nicht besser treffen, denn als wir uns den Mischrah näherten, sahen wir ihn unten am Wasser stehen und neugierig nach uns ausschauen. Wir ließen das Segel fallen, brachten uns mit einigen Ruderschlägen an das Ufer, stiegen aus und befestigten das Boot. Er kam sogleich auf uns zu und sagte im freundlichsten Ton:
„Sallam aaleïkum! Wie kommt es, daß ihr zurückkehrt? Ich glaubte, ihr wolltet mit der ‚Eidechse‘ nach Faschodah fahren. Eure Kamele konntet ihr ja später bei der Rückkehr mitnehmen.“
„Ich danke! Nach Faschodah hat man von hier aus fast zehn Tage zu fahren. Eine so lange Abwesenheit konnten wir nicht beabsichtigen. Beinahe aber wären wir zu einer solchen, ja zu einer noch viel längeren gezwungen worden.“
„Wieso?“
Er gab sich Mühe, ein möglichst unbefangenes Gesicht zu zeigen, konnte aber die außerordentliche Spannung, in welcher er sich befand, nicht ganz beherrschen.
„Ich werde es dir sagen“, antwortete ich. „Aber komm mit uns ein wenig auf die Seite! Es ist sehr Wichtiges geschehen, was wir nur dir allein erzählen möchten.“
„Du erfüllst meine Seele mit Wißbegierde, Herr“, meinte er, indem er uns seitwärts folgte. „Was kann hier in diesem kleinen Hegasi so sehr Wichtiges geschehen!“
„Du wirst dich wundern, wenn du es hörst. Kanntest du den Mann, welchem du die Pferde borgtest?“
„Näher nicht. Er sagte, daß er zur ‚Eidechse‘ gehöre, welche an der Dschesireh Hassanieh lag.“
„Weißt du, was das für ein Schiff ist?“
„Ein Handelsschiff aus Berber, sagte mir der Mann.“
„Hast du ihn nicht gefragt, wie der Besitzer desselben heißt?“
„Warum sollte ich fragen? Was ging mich das Schiff an? Ich bin weder Kapitän noch Wächter eines Hafens. Warum sollte ich mein Gedächtnis mit den Namen aller hier vorüberkommenden Schiffe und ihrer Herren belästigen?“
„Du hast recht. Aber ich bedaure, daß du dies nicht tust, denn du hättest uns jedenfalls gewarnt und wir wären nicht in die Gefahr gekommen, unser Leben zu verlieren.“
„Euer Leben?“ fragte er, indem er sich sehr erschrocken stellte. „Allah 'l Allah! Habt ihr euch in einer solchen Gefahr befunden?“
„Allerdings, denn wisse, daß diese ‚Eidechse‘ das Schiff des größten Verbrechers und Sklavenräubers ist, den es nur geben kann. Kannst du dir denken, wen ich meine?“
„Ich weiß nicht, ob ich es zu erraten vermag. Für den schlimmsten aller Sklavenräuber halte ich Ibn Asl, den Allah verdammen möge; aber dieser kann es doch nicht wagen, sich hier sehen zu
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