286 - Der körperlose Herrscher
Frieden, sie war eine Königin des Krieges. Doch in der Zeit ihrer gemeinsamen Reise waren sie Freunde geworden und hatten viele Gefahren bestanden. Als sie Gilam'esh'gad verließen, um nach Hykton zu reisen, hatte E'fah zum ersten Mal gespürt, dass da mehr war. Damals hatte sie es auf die Hormone ihres neuen jungen Körpers geschoben. Inzwischen wusste sie es besser.
Gilam'esh. Dieser Name war das Meer für sie. Mutter durfte ihn nicht töten!
Ich war feige , wisperte eine mentale Stimme, die sich anhörte wie damals, als Gilam'esh und sie sich in einem Körper verständigt hatten. Es war die Stimme Gilam'eshs. Er lebte! Er regte sich! Ich war feige, E'fah. Vergib mir. Ich liebe dich.
Wunschträume? Halluzinationen? Machte das Sklaventum unter Mutters Kontrolle sie wahnsinnig?
E'fah stand noch immer tatenlos im Raum und sah zu, wie Quart'ol und Mer'ol - der Wächter, der sich aus einem unerklärlichen Grund plötzlich gegen Mutter wandte - mit erhobenen Schockstäben näher kamen.
Mutter ließ von Quesra'nol ab, der haltlos zu Boden sank, und stellte sich der neuen Gefahr. Ihre Aufmerksamkeit war zuvor ganz bei dem Verräter gewesen, nun war sie bei den ihr feindlich gesonnenen Hydriten.
Aber war es denn so unerklärlich? Je weiter Mutters Kontrolle nachließ, desto deutlicher spürte E'fah ihren Hass. Sie selbst hatte sich auf dem Festland beinahe im Namen Mutters umgebracht, hatte Hand an sich selbst gelegt! Sie, die Königin Ägyptens! Die Herrscherin und Kriegerin! Nein. Es war an der Zeit, Mutter entgegenzutreten.
Die Seespinne sprang vor - auf Gilam'esh zu, der sich gerade mühsam aufrichtete! E'fah klackte hell und zornig auf.
Mehrere Schüsse aus den Schockstäben trafen Mutter . Sie zuckte nicht einmal. Sie erreichte Gilam'esh und riss ihn in die Höhe.
Bleibt stehen! Der mentale Befehl hallte in den Köpfen aller Hydriten in der Grotte. Bleibt stehen, oder ich zerreiße Gilam'esh in zwei Teile!
Der Prophet wehrte sich gegen den Griff, aber er kam nicht frei.
E'fah wurde plötzlich ganz ruhig. Das war Gilam'esh. Ihr Gilam'esh. Sie griff an ihren goldenen Rock und hakte den Kombacter los.
Gilam'esh musste leben.
***
Quesra'nol sank auf den Boden der Grotte und verstand nicht, was geschehen war. Er fühlte sich schwach, aber er lebte noch. Wie konnte das sein? Mutter hatte seinen Glanz haben wollen. Wie kam es, dass er noch Wasser durch die Kiemen atmen konnte?
Vorsichtig bewegte er seine steifen Arme, die Mer'ol gefesselt hatte. Erst jetzt bemerkte er, dass die Fesseln locker saßen und nachgaben. In seiner Schockstarre hatte er eine Flucht gar nicht versucht. Er starrte zu Mer'ol und seinem Mitstreiter. Anscheinend waren die beiden auf seiner Seite. Gemeinsam konnten sie es schaffen! Er musste sein Werk vollenden.
Mit Mühe streifte er die Fesseln an seinen Handgelenken ab und machte sich am lockeren Knoten um seine Fußknöchel zu schaffen. Mutter beachtete ihn nicht. Er durfte nicht auffallen und bewegte sich langsam. Zu mehr war er ohnehin nicht in der Lage. Endlich waren Arme und Beine wieder frei.
Der Deckel! Er sah sich suchend um. Da lag der bionetische Verschluss, den er gezüchtet hatte und der Mutter im Spinnenkörper einsperren würde.
Sein Körper schmerzte und jede Bewegung war eine Qual. Er zog sich mit den Armen am Boden entlang, weil seine Beine sich kaum bewegen ließen. Aber er gab nicht auf. Stück um Stück näherte er sich dem bionetischen Deckel…
***
Quart'ol klackte erschreckt, als er sah, wie Mutter Gilam'esh erneut in die Höhe riss. Der mentale Ruf des Steinwesens schmerzte in seinem Kopf: Bleibt stehen! Bleibt stehen, oder ich zerreiße Gilam'esh in zwei Teile!
Er sah zu Mer'ol, der zögernd verharrte. Sie hatten auf die Seespinne geschossen, doch das beeindruckte das Steinwesen offensichtlich nicht. Die Ladung der Schockstäbe war zu schwach. Was sollten sie tun?
In diesem Moment bewegte sich E'fah. Die Hydritin riss den Kombacter Sar'kirs hoch und schoss! Aber nicht auf sie, sondern…
AAHHH! Mutters mentaler Schrei war voller Wut. Sie schleuderte Gilam'esh von sich, dass er an die Höhlenwand hinter Quart'ol schlug. Eines ihrer Beine war vom Blitzgewitter des Kombacters getroffen worden und knickte unter ihr weg.
Das wirst du büßen!
Quart'ol spürte, wie Mutter ihre gesamte geistige Kraft auf E'fah richtete, um deren Geist zu vernichten. E'fah erstarrte unter der Wucht von Mutters Gedankensturm. Ihre Augen wurden leer.
Der Kombacter! Ich brauche
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