2884 - Im Netz der Spinne
Verbrecher erneut auf mich an. Es war ein Asiate, vermutlich gehörte er zum White Lotus . Doch bevor der Mann erneut den Finger am Abzug krümmen konnte, schoss ich.
Ich hatte auf seine Beine gezielt, und dort traf ich ihn auch. Meine Kugel hackte in seine linke Wade. Er stieß einen Schmerzensschrei aus. Durch die Wucht des Geschossaufpralls ging er zu Boden und verlor seine Pistole. Es war eine großkalibrige Smith & Wesson. Ich lief zu ihm hin und trat gegen die Waffe. Sie schlidderte so weit weg, dass der Verletzte sie momentan nicht mehr erreichen konnte.
»Wo ist die Reporterin?«
Der Gangster tat so, als ob er mich nicht verstehen würde. Er schleuderte mir einige Worte auf Chinesisch entgegen, die gewiss keine Freundlichkeit waren. Außerdem spuckte er aus. Aber das war mir egal.
***
Ich rannte weiter, von diesem Mann ging momentan keine Gefahr mehr aus. Wenn erst die Ambulanz eintraf, würde man auch ihn verarzten. Mir kam es jetzt darauf an, Liz O’Neill zu finden. Ich war mir hundertprozentig sicher, vorhin den Schrei einer Frau gehört zu haben. Aber ich hätte nicht sagen können, aus welcher Richtung er kam. Man konnte zwischen den vielen hundert Containern sehr leicht die Orientierung verlieren.
Ich versuchte, mich in die Lage der Verbrecher zu versetzen. Sie hatten nur zwei Möglichkeiten: Entweder töteten sie die neugierige Journalistin oder sie kidnappten die Frau. In beiden Fällen mussten sie Liz fortschaffen. Was bot sich dafür besser an als ein leerstehender Container?
Kaum war mir dieser Gedanke gekommen, als ich ein metallisches Geräusch vor mir hörte. Ich bog in die nächste Containergasse ein. Dort zeigte sich, dass meine Vermutung richtig gewesen war.
Ich erblickte zwei Asiaten. Einer trug eine Windjacke, der andere ein Kapuzenshirt. Während der Verbrecher mit dem Kapuzenshirt einen Container an der Querseite öffnete, hielt sein Kumpan Liz O’Neill fest. Die Reporterin wirkte benommen, war aber offenbar bei Bewusstsein. Als sie mich erblickte, wurde sie plötzlich sehr lebendig.
»Agent Cotton! Helfen Sie mir!«
Das hatte ich vor. Ich richtete meine Dienstwaffe auf die beiden mutmaßlichen Triaden-Gangster.
»Ergeben Sie sich und lassen Sie die Frau los«, sagte ich ruhig. »Das Gelände wird in diesen Minuten umstellt. Sie kommen hier nicht mehr raus.«
Ich ging fest davon aus, dass Phil in der Zwischenzeit Verstärkung angefordert hatte. Wie zur Bestätigung meiner Worte ertönte in diesem Moment das sich nähernde Geräusch einer Sirene. Vermutlich stammte sie nur von der Ambulanz, die mein Freund angefordert hatte. Aber die beiden Asiaten wurden trotzdem nervös.
Der Kapuzenshirt-Kerl rief seinem Kumpan etwas zu, während er einen Revolver aus seinem Hosenbund riss und auf mich feuerte. Ich warf mich zur Seite. Die Reporterin schrie erschrocken auf. Vermutlich glaubte sie, ich sei getroffen. Doch das Geschoss hatte mich verfehlt. Ich lag auf der linken Seite, hatte meine SIG im Beidhandanschlag. Mein Projektil streifte den rechten Arm des Verbrechers. Er ließ seine Waffe fallen.
Ich kam wieder auf die Beine, die Mündung meiner Dienstwaffe schwenkte zwischen dem Windjackenträger und seinem verletzten Kumpan hin und her. Der Kerl, der Liz immer noch festhielt, stand mir nun ohne Unterstützung gegenüber. Ich konnte ihm deutlich ansehen, dass ihm diese Tatsache gar nicht gefiel.
Auch die Reporterin hatte scheinbar bemerkt, was in dem Mann vorging. Und sie nutzte diese Chance. Liz O’Neill riss sich von ihrem Widersacher los und kam zu mir herübergelaufen. Ich stellte mich schützend vor sie.
»Fallen lassen!«, herrschte ich den Gangster an. Er hielt eine Glock in der rechten Hand. Aber der Verbrecher hatte mit ansehen müssen, dass seinem Komplizen der Schuss auf mich schlecht bekommen war. Also tat er das einzig Vernünftige: Er ließ seine Pistole fallen und hob langsam die Hände bis auf Kopfhöhe.
Ich ließ ihn nicht aus den Augen, während ich ihn mit der linken Hand durchsuchte und ihm danach die Handschellen anlegte. Der andere Kerl in dem Kapuzenshirt hielt sich mit der linken Hand den blutenden rechten Arm und hatte offenbar jeden Widerstand aufgegeben.
Wenig später trafen Cops von der Waterfront Commission ein, die für die Sicherheit im gemeinsamen Hafengebiet von New York und New Jersey zuständig ist. Ich erklärte den uniformierten Kollegen kurz die Sachlage und übergab ihnen dann die gefangenen Asiaten, die vermutlich zur White Lotus
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