2890 - In den Maschen des World Wide Web
Werden Sie sich auch wieder hier einfinden oder existiert noch eine weitere Spur, die Sie verfolgen können?«
»Sobald wir die Identität des toten Mannes kennen, können wir seine Spur verfolgen«, antwortete Phil. »Im Moment werden wir uns erst einmal auf den Weg ins Field Office machen.«
Mr High bestätigte und legte auf.
Wir erreichten den Jaguar wenige Minuten später, stiegen ein und fuhren los. Unser Ziel war die Federal Plaza in Manhattan.
***
Als wir die Verhörzimmer erreichten, befand sich James Marcon bereits dort und wartete. Wir hatten die Rückfahrt genutzt, uns mit seiner Akte vertraut zu machen, und waren bereit, sofort mit dem Verhör zu beginnen.
Zusammen mit Phil betrat ich das Verhörzimmer. Marcon blickte kurz auf und richtete seinen Blick dann wieder nach unten.
Ich nahm ihm gegenüber auf einem Stuhl Platz. »So hatten Sie sich den heutigen Abend nicht vorgestellt, nicht wahr?«
Er schaute mich an. »Nein, nicht direkt.«
»Aber als Mitglied von Exodus hätten Sie doch mit so etwas rechnen müssen, oder?«, fragte ich und beobachtete ihn genau.
Seine Augen verengten sich. Offenbar eine Reaktion auf die Erwähnung der Organisation, bei der er Mitglied war. Wahrscheinlich fragte er sich jetzt, was wir wussten und was nicht.
»Sie dachten wohl, Sie können unentdeckt operieren und Ihren Anschlag durchführen, ohne dass wir Ihnen in die Quere kommen«, sagte ich.
Wieder verengten sich seine Augen. »Welchen Anschlag? Wovon reden Sie überhaupt?«
»Es ist etwas zu spät, um die Sache zu leugnen«, meinte Phil. »Wir wissen von Ihrer Beteiligung bei dem geplanten Anschlag im Internet.«
»Ich weiß von nichts«, versuchte Marcon zu leugnen.
»Aber wir wissen genug, um Sie als Terroristen einzustufen und entsprechend zu behandeln«, sagte Phil.
Marcon schluckte, sagte aber nichts und versuchte einen gleichgültigen Gesichtsausdruck zu machen.
Ich musste etwas finden, auf das er reagierte. Da davon auszugehen war, dass er sich an der Sache aus Überzeugung beteiligt hatte, war das ein möglicher Ansatz.
»Sie sind eine Schande für Ihr Land«, sagte ich ihm barsch ins Gesicht. »Typen wie Sie sind der Grund dafür, dass sich Eltern um ihre Kinder sorgen müssen und nicht ruhig schlafen können. Einfach abscheulich!«
Er lachte grimmig. »Typen wie ich? Glauben Sie das wirklich? Wer hat denn die aktuelle Situation geschaffen? Wer ist dafür verantwortlich, dass Banker Milliardenbeträge verspielen, Menschen arbeitslos werden und sogar verhungern? Ich? Nein, sicher nicht. Das sind die zockenden Kapitalisten, die andere für ihren Profit opfern. Und das sind auch die Leute, für die Sie arbeiten!«
Endlich zeigte er Reaktion und fing an zu reden.
»Und deshalb das Projekt Exodus ? Die Zerstörung der Internet-Infrastruktur, um es den kapitalistischen Bankern zu zeigen?«, fragte ich. »Haben Sie überhaupt eine Vorstellung davon, was Ihre Aktion anrichten wird? Wie viele Menschen dadurch verhungern und sterben werden? Damit stellen Sie sich auf eine Stufe mit denen, die Sie zu bekämpfen suchen!«
»Das sind doch nur Propagandasprüche, leere Worthülsen«, antwortete er aufgebracht. »Ich habe erlebt, wozu diese Kapitalisten fähig sind. Mein Vater hat durch deren Zockerei an der Börse seinen Job verloren, genau wie viele andere Millionen Amerikaner auch. Und was tun Sie? Statt gegen diese Leute zu ermitteln, beschützen Sie sie auch noch!«
»Wenn jemand gegen das Gesetz verstößt, bringen wir ihn vor Gericht«, sagte ich. »Dabei ist es uns egal, ob es sich um einen Gangster von der Straße oder einen in den Vorstandsetagen irgendwelcher Banken handelt. Wir halten uns strikt an das Gesetz.«
»Und was ist, wenn das Gesetz nicht greift? Wenn die Gesetzgeber mit diesen Kapitalisten unter einer Decke stecken?«, fauchte Marcon wild. »Was unternehmen Sie dann? Dann ist es an der Zeit, etwas zu tun!«
»Und deshalb haben Sie sich Exodus angeschlossen und denen geholfen, einen Anschlag vorzubereiten?«, fragte ich nüchtern.
Er lachte. »Wenn Sie es so nennen wollen. Ich habe nur die Computer besorgt. Alles Weitere liegt nicht mehr in meiner Hand.«
»Ein netter Gesichtspunkt«, sagte Phil. »Erinnert mich an die Aussage von Waffenhändlern, die in etwa das Gleiche sagen, nämlich, dass sie nur die Waffen liefern und nichts damit zu tun haben, was damit gemacht wird.«
Marcon musste schlucken und verzog das Gesicht. Mit Waffenhändlern wollte er offenbar nicht auf eine
Weitere Kostenlose Bücher