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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sind. Wir gehören zur Ferkah (Abteilung) El Homr des großen Stammes der Bagara und fielen einer Truppe Barabra in die Hände, weil wir im Schlaf lagen. Von ihnen wurden wir an Abu Reqiq verkauft. Ich bitte dich, uns nicht deshalb für Feiglinge zu halten!“
    „Dieses Wunsches bedarf es nicht, denn ich weiß, daß die El Homr sich durch großen Mut und seltene Tapferkeit auszeichnen. Sie sind die berühmtesten Agagir (Schwertjäger) und gehen ohne Flinte selbst dem Elefanten und dem Nashorn zu Leibe.“
    „Es freut mich sehr, daß du dieses weißt, Effendi! Du wirst unsere Tapferkeit erkennen, wenn du siehst, wie wir hier diese Sklavenhändler bestrafen.“
    „Zu ihrer Bestrafung bedarf es keiner Tapferkeit, denn ihr zählt sechzig Männer, während sie nur vierzehn sind. Übrigens habt ihr mit ihnen nichts zu tun. Sie gehören mir, und ich werde sie dem Raïs Effendina zur Bestrafung übergeben.“
    Das war nun freilich nicht nach der Ansicht der El Homr. Ich hatte lange mit ihnen zu streiten, ehe sie mir recht gaben und mir versprachen, die Rache dem Raïs Effendina zu überlassen. Der, welcher bis jetzt in ihrem Namen gesprochen hatte, war der Schech es Sehf (Fechtlehrer) des Stammes und also derjenige, welcher das größte Ansehen unter ihnen genoß. Sie hatten während ihres langen Marsches schrecklich hungern müssen und machten sich darum zunächst über die Durrhavorräte her, welche säckevoll bei den Kamelen lagen. Ebenso groß war ihr Bedürfnis zu einem Bad, und so sahen wir bald, während mehrere von ihnen die Negerhirse zwischen Steinen zu Mehl zerrieben, die anderen im seichten Wasser des Ufers planschen. Schwimmen konnten sie als echte Beduinen nicht. Das Mehl wurde mit Hilfe des Nilwassers in einen Teig verwandelt und dann einfach mittels der Finger wie Kleister in den Mund gestrichen. Jeder ißt nach seiner Art und Weise; der eine braucht zum Fisch ein silbernes Besteck, der andere will die Auster nur mit Seewasser haben. Wer kein Silberzeug besitzt und Austern nicht bezahlten kann, ißt, wenn er in Berlin wohnt, Eisbein mit Sauerkraut; Gallertschüssel schmeckt ebenso, und wem es im Buch des Lebens vorgezeichnet war, ein Bedawi el Homr zu werden, klebt sich den kalten Hirsebrei nach Art der Maurer zwischen das Gebiß. Man trifft überall auf die bekannte Wahrheit ‚Ländlich, sittlich‘, welche, wie man sagt, nach anderer Lesart ‚Ländlich, unsittlich‘ lautet.
    Wie mochte es den so fest eingeschnürten Sklavenhändlern zu Mute sein? Der Schlag war über sie gekommen wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Was erwartete sie aber dann erst später beim Raïs Effendina! Ich will offen gestehen, daß mir der Gedanke kam, sie freizulassen, sie ihm nicht auszuliefern, doch mußte ich mir sagen, daß diese Milde nicht am Platz sei. Hatten sie doch ihre eigenen Glaubensgenossen nicht geschont! Und wenn ich Abu Reqiq freiließ, so hieß das nicht anders, als ihn in der Fortsetzung seines fluchwürdigen Gewerbes bestärken. An allem Elend, welches er später verursachte, trug dann ich die Schuld. Nein, das wollte ich denn doch nicht auf mein Gewissen laden. Er mußte unbedingt bestraft werden. Aber mußte ich auch seine Habe dem Raïs Effendina treulich ausliefert? War die Gefangennahme dieses Mannes nicht mein Werk? Gehörte er nicht mit allem, was er besaß, nach den hier herrschenden Gesetzen und Gebräuchen nur mir? Mußte ich die Undankbarkeit und Hinterlist des Raïs Effendina mit einer hier gar nicht angebrachten Noblesse vergelten? – Nein!
    Ich nahm mit Ben Nil eine Untersuchung aller Satteltaschen der Reitkamele vor, und wir fanden viele für die Asaker wertvolle Gegenstände. Das beste fiel uns beim Kamel des Anführers in die Hände, nämlich vier Säckchen Goldstaub, die für so einfache Leute geradezu ein Vermögen ausmachten. Das war Abu Reqiqs Betriebskapital; einige leere Ledersäckchen waren auch da. Ich setzte mich mit den Asakern und Ben Nil beiseite und verteilte den Goldstaub in sechs Säckchen, von denen jeder Askari eines, Ben Nil aber zwei bekam. Sie wollten in lauten Jubel ausbrechen; aber ich gebot ihnen, zu schweigen. Die El Homr brauchten nicht zu wissen, was für einen guten Fang wir gemacht hatten. Wie dankbar mir die fünf Glücklichen waren! Sie hatten nur die Sorge, daß der Raïs Effendina ihnen den Staub wieder abverlangen werde; ich beruhigte sie aber mit der Versicherung, daß davon keine Rede sei; ich würde diese Verteilung, die ich getroffen hatte,

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