29 - Im Lande des Mahdi III
und werde es nicht verhindern!“
„Du kannst allerdings nichts hindern, was ich tun will“, antwortete ich, „und solltest nur an dein Verderben, nicht aber an das meinige denken. Ich warne dich vor allen weiteren Schimpfreden und Drohungen! Bist du noch einmal so frech, uns durch ein Wort zu beleidigen, so laß ich dir die Bastonade geben!“
„Die Bastonade? Du?“ lachte er höhnisch. „Sag mir doch, wer du bist!“
„Du brauchst nur die Asaker dort zu sehen, um zu wissen, in was für Hände du gefallen bist.“
„Asaker? Allah! Vier Asaker, nur vier! Das werden Diebe sein, welche die Uniformen gestohlen haben. Oder sie sind Deserteure, welche ausgerissen sind, weil sie zu feige waren, im Dienst des Khedive zu verbleiben.“
„Sie sind Soldaten des Raïs Effendina. Ob sie feig sind, kannst du daraus ersehen, daß wir sechs Männer euch ergriffen und eure Gefangenen befreit haben.“
„Wer hat euch den Befehl dazu gegeben?“
„Niemand. Es gibt keinen Menschen, der es wagen dürfte, mir Befehle zu erteilen. Ich stehe aus eigenem Belieben an Stelle des Raïs Effendina vor dir.“
Da kam ihm der richtige Gedanke; ich sah es seinem Gesicht an. Er suchte, während er mich noch einmal, und zwar genauer als vorher, betrachtete, nach Worten. Dann rief er in einem Ton, durch welchen er die Angst nicht ganz verbergen konnte, welche jetzt über ihn gekommen war:
„Allah 'l Allah! – Gehörst du wirklich zum Raïs Effendina?“
„Ja.“
„Bist du ein Franke, ein christlicher Franke?“
„Ja.“
„Heißt du Emir Kara Ben Nemsi Effendi?“
„Das ist mein Name!“
„Aber ihr seid doch ganz hinauf in die Länder der Schwarzen gefahren!“
„Du siehst, daß wir wieder hier sind. Ich hoffe, daß du dich darüber freust. Und um dein Herz mit noch größerem Entzücken zu erfüllen, will ich dir mitteilen, daß wir Abd Asl und Ibn Asl, welche du gewiß gekannt hast, gefangen und mit dem Tod bestraft haben.“
„Allah sei uns gnädig! Ibn Asl ist also tot, wirklich tot? Sagst du die Wahrheit, Effendi?“
„Kara Ben Nemsi lügt nie! Nachdem wir diesen Sklavenhändler und all seine Leute unschädlich gemacht haben, kommen die anderen dran, und du bist der erste von ihnen. Nun wirst du wohl wissen, wer sich zu fürchten hat, ob du dich vor uns oder wir uns vor dir!“
„Maschallah – Wunder Gottes! Ibn Asl wurde für unüberwindlich gehalten!“
„Lächerlich! Das Böse, die Sünde, kann niemals unüberwindlich sein, sondern das Gute, die Gerechtigkeit, gelangt stets, wenn auch zuweilen spät, zum Sieg. Das wirst du auch an dir erfahren, denn ich sage dir, daß du heut zum letztenmal in deinem Leben auf dem verbotenen Weg des Sklavenhandels gegangen bist.“
Er antwortete nicht gleich; er mochte überlegen, wie er sein Verhalten gegen mich am besten einzurichten habe. Wovon konnte er Vorteile für sich erwarten? Dadurch, daß er sich scheinbar in sein Schicksal ergab und sich demütig zeigte, oder daß er den Versuch machte, mir zu imponieren? Demut zu zeigen, dazu war später ja auch noch Zeit! Er schien sich für das letztere entschlossen zu haben, denn er versuchte, seinem Gesicht einen hochmütigen Ausdruck zu geben, und fragte mich in wegwerfendem Ton:
„So? Denkst du wirklich, daß nun ich nach Ibn Asl an die Reihe komme? Das glaubst du doch wohl selber nicht!“
„Zu glauben brauche ich es nicht, weil ich vollständig überzeugt davon bin.“
„Du willst mich dem Raïs Effendina ausliefern?“
„Ja.“
„Wann?“
„Ich brauchte es dir nicht zu sagen, doch kann es mir nicht schaden, wenn du es erfährst. Wir bleiben hier liegen, bis er in einigen Tagen mit seinem Schiff kommt, um uns an Bord zu nehmen. Wir sind ihm vorausgefahren.“
Ich wußte, welcher Gedanke ihm jetzt kommen würde, und nahm ihn scharf in die Augen. Es glitt ein nicht ganz zu unterdrückender Zug der Freude über sein Gesicht, und er sagte in demselben höhnischen Ton wie vorher: „Ich bin entzückt von deiner Aufrichtigkeit und will dir das Vergnügen machen, ebenso offen zu sein wie du. Deine Wünsche, Hoffnungen und Absichten gleichen den leisen Wellen der Luft, welche über den mächtigen Talhabaum streichen, ohne ihn beugen zu können. Wenn du uns nicht sofort freigibst, werdet ihr euch morgen in unserer Gefangenschaft befinden. Wie ihr euch heut zu uns verhaltet, so werden wir euch dann morgen behandeln. Das gebe ich dir zu bedenken! Sei also klug, Effendi! Diese Warnung spreche ich nicht etwa
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