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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Situation im grellsten Widerspruch stand. Auch abgesehen vom Sklavenraub und Sklavenhandel, den schon die allgemeine Menschenliebe verbietet, der Islam aber erlaubt, so sollten hier Muselmänner verkauft werden, was nach dem Islam ein todeswürdiges Verbrechen ist. Trotzdem beteiligten sich diejenigen, welche sich dieses Verbrechens schuldig machten, und diejenigen, an denen es begangen wurde, mit einer Eintracht an den vorgeschriebenen Gebeten, welche das gerade Gegenteil von erhebend wirkte. Es konnte weder dem einen noch dem andern Teil wirklich ernst mit dieser seiner Andacht sein!
    Die Herren der Situation, also die Männer aus Takoba, welche mit den beiden Boten vierzehn Köpfe zählten, nahmen erst nach Vollendung der Gebete ihr Abendessen zu sich, welches aus eingerührtem Mehlbrei, getrocknetem Fleisch und Datteln zu bestehen schien; genau konnten wir nicht sehen, was sie aßen. Der Anführer, nämlich der, welcher vorhin das Wort geführt hatte, gab dann seine Befehle für die Nacht, die wir zwar nicht verstanden, aber aus ihren Wirkungen erkannten: Zwölf von ihnen wickelten sich – der Insekten wegen – bis über die Köpfe in ihre Decken, während die übrigen zwei wach bleiben mußten; diese machten sich so nahe wie möglich an das eine Feuer heran, um in dem dicken, scharfen Rauch desselben einen Schutz vor den Stechmücken zu haben. Wie schlimm waren dagegen die fast ganz nackten Gefangenen daran! Von keinem wirklichen Kleidungsstück bedeckt und auch nicht imstande, alle Körperteile mit den Händen zu erreichen, waren sie den schmerzhaften Stichen der Blutsauger vollständig wehrlos preisgegeben. Nur wer die schrecklich verschwollenen, bis zur Unkenntlichkeit entstellten Gesichter solcher Menschen gesehen hat, der weiß, was es bedeutet und welche unendliche Qualen es bereitet, wenn es einem unmöglich ist, sich dieser zwar kleinen aber erbarmungslosen und in wolkigen Massen auftretenden Teufel zu erwehren. Ich hatte die Moskitos des unteren Mississippi, Mittel- und Südamerikas und auch Ostindiens kennengelernt und oft infolge ihrer Stiche ein blutig verschwollenes Gesicht gehabt; aber mit diesen Nahmuhs des oberen Nils vergleichen, möchte man sie noch sehr liebenswürdige und menschenfreundliche Wesen nennen. Die Sklaven kamen von Dar Tagaleh, also von dem mächtigen Bergstock des Tegeli herab, wo es keine Stechfliegen gibt; sie waren also gegen die Stiche dieser Insekten nicht im mindestens abgehärtet und wälzten sich unter so schmerzvollem Wimmern und Stöhnen hin und her, daß es mich geradezu empörte, die Händler dabei ruhig schlafen zu sehen. Es stand fest, daß ich alles daransetzte, sie zu befreien, aber die Schmerzen, welche sie ausstanden, mußten mich veranlassen, dies nicht nur überhaupt, sondern auch so schnell wie möglich zu tun. Ben Nil schien denselben Gedanken zu hegen, denn er fragte mich:
    „Denkst du, daß wir diese armen Menschen noch heute nacht retten können, Effendi?“
    „Ja“, antwortete ich.
    „So bitte ich dich darum, daß wir dies so schnell wie möglich tun, selbst wenn die Gefahr dadurch für uns größer wird, denn ich kann die Pein und die Martern, welche sie auszustehen haben, nicht länger mit ansehen und anhören. Willst du mir diesen Gefallen tun?“
    „Sehr gern, zumal ich nicht glaube, daß die Gefahr für uns dadurch erhöht wird.“
    „So sag, was wir dabei tun sollen! Wir sind bereit, uns auf die vierzehn Halunken zu werfen, und zwar sofort. Auch dein Zaubergewehr, mit dem du sie alle niederschießen könntest, gar nicht gerechnet, würde es genügen, wenn jeder von uns nur einen Schuß täte; das würden sechs Kugeln sein; die übrigen acht schlagen wir dann rasch, ehe sie sich wehren können, mit dem Kolben tot!“
    „Ich will das Blut dieser Leute nicht vergießen, denn sie glauben nicht, daß sie eine so große Sünde tun, indem sie mit Menschen handeln.“
    „Aber, Effendi, bedenke, daß sie sich wehren und auf uns schießen werden, wenn wir sie nicht durch den Tod unschädlich machen. Du wirst dadurch, daß du ihr Blut schonst, nur erreichen, daß das unserige vergossen wird.“
    „O nein! Der Streich, den ich ihnen spielen will, ist für mich so leicht, daß ich sehr wahrscheinlich eure Hilfe dazu gar nicht brauche. Dennoch müßt ihr euch bereit machen, mir beizustehen. Wickelt euch also aus euern Netzen heraus, und behaltet mich im Auge! Ich werde mich jetzt nach dem Feuer schleichen, an dem die beiden Wächter sitzen. Gelingt

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