296 - Totes Land
Matt. »Ist es denn wirklich nötig, was Sie vorhaben? Wir haben doch niemandem etwas getan und wollen nur von hier verschwinden.«
Ein Wächter tauchte direkt vor ihm auf und zog ein Pflanzenblatt aus einem Beutel, das Matt an das einer Eiche erinnerte. Doch es war dreimal so groß, fingerdick, fleischig - und an seiner Unterseite flimmerten kurze grünliche Haare wie ein Pelz. Mit dieser Seite presste der Prypte Matt das Blatt auf den Mund.
Die Lippen und die umgebende Haut verloren sofort jegliches Gefühl. Das Blattfell klammerte sich mit winzigen Widerhaken an ihm fest und unterband jeden weiteren Laut.
Matt warf Rulfan einen flehenden Blick zu, doch der Albino konnte ihm auch nicht helfen.
Aus dem Augenwinkel sah er einen anderen Wächter, der von einem kleinen Betonbunker am Rand der Lichtung zurückkehrte. Vermutlich ein ehemaliges Wachhäuschen. Er verteilte metallene Kanister und gewehrlaufähnliche Rohre, die mittels Schläuchen daran befestigt waren.
Flammenwerfer!
Verflucht, sie mussten weg hier! Aber wie?
Als sich die fünf Männer im Kreis um sie postierten, wurde Matt endlich klar, dass es diesmal keine Last-Minute-Rettung geben würde. Sein Weg in der postapokalyptischen Zukunft der Erde endete hier und jetzt.
Er beschloss, dieses Ende aufrecht zu erleben. Wie man es von einem Piloten der US Air Force erwarten konnte!
Die Wächter stimmten einen Gesang an, von dem er kein Wort verstand. Dann krümmten sich ihre Finger um die Abzüge der Feuerrohre.
Matts Vorsatz, aufrecht zu sterben, war wie weggewischt. Instinktiv warf er sich zu Boden, in der irrsinnigen Hoffnung, die Flammen würden über ihn hinwegstreichen.
Aus den Läufen der Flammenwerfer schoss -
- nichts!
Er verstand die Welt im Allgemeinen und die Prypten im Besonderen nicht mehr. Was war schief gegangen?
Doch die Wächter machten nicht den Eindruck, als sei überhaupt etwas schief gegangen. Begleitet von ihrem Gesang umrundeten sie die Delinquenten und schwenkten die Rohre hin und her, als würden sie ihre Autos in einer Selbstwaschanlage abspritzen.
Die Erkenntnis hätte Matt erleichtert auflachen lassen, hätte der pflanzliche Knebel das nicht verhindert.
Wenn sich die Prypten an die Gepflogenheiten der früheren Liquidatoren hielten, dann bedeutete die Dekontamination von Menschen keineswegs den Tod. Schon damals hatten sie nur Tiere erschossen, um zu vermeiden, dass sie verstrahlte Partikel nach außen trugen. Personen und Fahrzeuge hingegen hatte man einer reinigenden Dusche unterzogen.
Etwas, das die Wächter mit den ausgetrockneten Kanistern nun nachahmten. Zu dieser sinnentleerten Handlung war die Dekontamination innerhalb der letzten fünfhundert Jahre also verkommen.
Als das skurrile Ritual nach zehn Minuten endete, legten die Prypten die vermeintlichen Flammenwerfer ab und befreiten Matt von dem Blatt über dem Mund.
»Das Urteil ist vollstreckt«, sagte ein Tempelwächter. »Ihr seid frei zu gehen. Aber kommt nie wieder zurück!«
»Ich verstehe nicht«, erwiderte Rulfan. »Das ist unsere ganze Strafe?«
»Willst du dich etwa beschweren?«, fuhr Matt ihn von der Seite an.
»Natürlich nicht.«
»Aus der Erschießung der Katze haben wir die falschen Schlüsse gezogen, das ist alles.«
Rulfan schüttelte energisch den Kopf. »Akimow hat gesagt, man würde uns töten, wenn wir Spione der Hageren wären.«
Matt runzelte die Stirn und rief sich die Szene im Schlafzimmer des Wohnblocks ins Gedächtnis zurück. »Nein, hat er nicht. Wir haben sein Schweigen nur so gedeutet. Vermutlich wusste er aber selbst nicht, was in diesem Fall mit uns geschehen wäre.«
Ein Wächter zog ein Messer aus dem Gürtel. Matt glaubte, er würde ihre Fesseln lösen, doch er sah sich getäuscht. Stattdessen banden sie diese sogar mit einem so kurzen Strick aneinander, dass er mit Rulfan Rücken an Rücken stand.
»Um zu vermeiden, dass ihr uns nach Prypt zurück folgt.« Der Mann im Schutzanzug stieß die Klinge in einen Baumstamm. »Bis ihr euch befreit habt, sind wir im Wald verschwunden.«
»Was ist mit unseren Frauen?«, fragte Matt. Jetzt, da klar war, dass sie die Prypten falsch eingeschätzt hatten, flammte die Hoffnung erneut auf. »Wann werden sie freigelassen?«
Der Wächter verzog bedauernd das missgestaltete Gesicht. »Es tut mir aufrichtig leid, aber sie müssen bei uns bleiben.«
»Aber warum?«, brauste Rulfan auf.
»Die Frauen unseres Volks bekommen nur noch selten Kinder. Da die Hageren immer wieder Leute
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