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299 - Das letzte Duell

299 - Das letzte Duell

Titel: 299 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Steintrieb neben ihm hatte sich die Spitzen seiner kleinen Finger in Gehörgänge gebohrt und starrte über Jenny, Aruula und das tote Kind hinweg zum Bohrloch. Dort kniete Xij Hamlet und hatte sich über den Stein gebeugt wie ein Lupa über seine Beute.
    Und endlich, endlich riss der Schrei ab. Der Schmerz in den Ohren ließ nach - Rulfan nahm die Hände herunter, Meinhart zog die Finger aus den Gehörgängen. »Beim großen Quantensprung«, flüsterte er. »Was war das?«
    Rulfan bückte sich nach seiner Laserpistole. »Wenn ich mich nicht irre«, murmelte er, »hat Xij gerade den Stein zerschrien.« Das Herz klopfte ihm bis zum Hals, als er sich aufrichtete. Rund um ihn und den Retrologen herum knickten die Dorfbewohner in den Knien ein und brachen zusammen.
    Diejenigen, die schon auf den Knien waren, kippten zur Seite und stürzten zwischen die Trümmer oder auf den Weg. Keiner von ihnen rührte sich mehr. Auch Jenny Jensen lag ausgestreckt auf der geschmückten Allee und zuckte mit keinem Glied mehr, genau wie Pieroo und Arjeela, die Rulfan nicht weit von sich entfernt zwischen Männern von Guernsey liegen sah.
    »Sie sind alle bewusstlos…« Neben Rulfan begann Meinhart zu stammeln. »Das ist ja Wahnsinn: Sie hört auf zu schreien, und alle werden sie ohnmächtig…«
    Rulfan glaubte nicht, dass die Ohnmacht der Steinjünger mit Xijs Schrei oder seinem Verstummen zu tun hatte. Das hing eindeutig mit Mutters Ende zusammen. Er schritt über die Schwelle der Hallenruine und ging zügig zum Bohrloch.
    Gespenstische Stille herrschte zwischen den Trümmern; als wäre die Zeit eingefroren, als wäre alles Leben erstarrt. Er sah, wie Aruula sich hochstemmte, aufstand und hinter Matthew Drax her taumelte. Der wankte dorthin, wo sein Kind lag, und fiel neben Ann auf die Knie. Aruula blieb zwei Schritte hinter ihm stehen.
    Rulfan schritt an Jenny vorbei. Ihre Beine waren gebrochen, das sah er auf den ersten Blick. Neben Aruula blieb er stehen. Auf Xij, die noch immer neben dem Bohrloch kauerte, achteten sie zunächst gar nicht. Beide sahen sie zu dem Mann aus der Vergangenheit und zu seiner Tochter Ann.
    Matt beugte sich über ihren auf der Seite liegenden Kopf, streichelte ihre Wange, schaute ihr ins sichtbare Auge. Dann hob er den Blick, sah zurück zu Aruula, und seine Lippen bebten. Sehr bleich war er, seine Augäpfel zuckten, jeder Knochen zeichnete sich unter seiner Gesichtshaut ab. Rulfan erkannte ihn kaum wieder. Er sah aus wie einer, dem man gerade das Herz aus der Brust gerissen hatte.
    »Was hast du getan«, flüsterte der Mann aus der Vergangenheit. »Du hast meine Tochter umgebracht ....«
    Aruula schüttelte nur den Kopf, stammelte und brachte mit Mühe ein paar Worte über die aschfahlen Lippen. »Ich wollte es nicht… Jenny hat mich… ich wollte es doch nicht…«
    Rulfan warf einen Blick zu Xij hinüber - sie kauerte vor einem Haufen Staub und zitterte wie Pappellaub im Sturm - dann ging er neben Matt und seiner Tochter in die Hocke. Zuerst tastete er nach der Schlagader an ihrem Handgelenk, dann nach der Arterie an ihrem Hals. Er fand keinen Pulsschlag mehr. Seine Lippen wurden zu einem bleichen Strich, seine Kaumuskeln begannen zu beben.
    Matt drehte sich wieder nach Aruula um und sah ihr ins bleiche Gesicht. »Du hast sie getötet«, flüsterte er. »Du hast meine Tochter getötet…« Ein Schluchzen erstickte seine Stimme. Er warf sich über die Tote und schrie seinen Schmerz hinaus.
    Rulfan legte ihm die Hand auf den bebenden Rücken. Sein Blick flog zwischen Maddrax und Aruula hin und her. Wie in zwei Teile zerschnitten fühlte er sich in diesen Minuten.
    Aruula hatte die Augen weit aufgerissen. Sie wirkte wie festgewachsen, wie steifgefroren. Nur ihr Unterkiefer zitterte. Schließlich wandte sie sich ab, torkelte dem zerbrochenen Halleneingang entgegen und weinte laut.
    Rulfan spähte hinter sich - und blickte Xij in die rot geränderten Augen. Wie jemand, der sich gerade anschickt, aus einem Rausch aufzuwachen, so sah sie aus. Rulfans Blick suchte den Boden vor ihr ab. Mutter fand er nicht. Da gab es kein Steinwesen mehr, nur noch ein Häuflein feinen Staub.
    Am Abend hoben Rulfan und Meinhart ein Grab unter dem Apfelbaum aus. Matt Drax hockte bei ihnen und lehnte gegen den Stamm. Seine tote Tochter hielt er auf dem Schoß fest. Ihr Blut klebte ihm an Händen, Kleidern und Wangen.
    Ein Stück entfernt bei der Geröllhalde lud Xij Steine in den Jeep; Damon und Calora halfen ihr dabei. Sie hatten

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