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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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aus meiner Tasche und wählte Swetlanas Nummer.

Zwei
    Wir arbeiten nur selten verdeckt. Erstens müssen wir unsere Natur als Andere dann vollständig verbergen. Damit deine Aura, die Kraftströme, die Erschütterung im Zwielicht dich nicht verraten. Diesbezüglich hast du es mit einer recht einfachen Konstellation zu tun. Wenn du ein Magier fünften Grades bist, bemerken dich schwächere Magier, also die mit dem sechsten oder siebten Grad, nicht. Als Magier ersten Grades bist du vor allen vom zweiten Grad abwärts geschützt. Wenn du ein Magier außerhalb der Kategorie bist ... kannst du darauf hoffen, dass dir niemand auf die Schliche kommt.
    Geser selbst sorgte für meine Tarnung. Sofort nach dem Gespräch mit Swetlana. Diesem kurzen, aber beklemmenden Gespräch. Wir stritten nicht, das nicht. Sie war nur sehr enttäuscht.
    Zweitens brauchst du eine Legende. Am besten sicherst du die Legende auf magische Weise ab. Unbekannte Menschen sind dann schnell bereit, in dir einen Bruder zu sehen, einen Schwiegervater oder Freund aus der Armeezeit, mit dem sie sich von ihrer Truppe davongestohlen haben, um irgendwo was zu picheln. Aber jede magische Deckung hinterlässt Spuren, die ein mehr oder weniger starker Anderer erkennen kann.
    Deshalb verzichteten wir bei meiner Legende auf jede Magie. Geser drückte mir die Schlüssel von einer Wohnung im Assol in die Hand. Hundertfünfzig Quadratmeter im siebten Stock. Die Wohnung lief auf meinen Namen, gekauft hatte ich sie vor einem halben Jahr. Als ich große Augen machte, erklärte Geser mir, dass die Papiere heute Morgen ausgestellt, dabei aber zurückdatiert worden waren. Für eine hübsche Stange Geld. Und dass wir die Wohnung später zurückgeben müssten.
    Als Dreingabe bekam ich den Schlüssel für einen BMW. Das Auto war nicht neu, auch nicht besonders luxuriös - aber meine Wohnung war ja auch klein.
    Dann betrat ein Schneider das Zimmer, ein trauriger alter Jude, ein Anderer siebten Grades. Er nahm meine Maße und versprach, bis zum Abend würde der Anzug fertig sein, in dem »dieser Junge endlich wie ein Mensch« aussehen werde. Geser behandelte den Schneider mit ausgesuchter Höflichkeit, öffnete ihm die Tür, begleitete ihn ins Vorzimmer und fragte beim Abschied schüchtern, was denn sein »Mäntelchen« mache. Worauf der Schneider erwiderte, der Chef brauche sich keine Sorgen zu machen, denn bis die Kälte einsetze, sei der Mantel, der dem Helllichten Geser zur Ehre gereiche, fertig.
    Nach diesen Worten behagte mir die Entscheidung, mir einen ganzen Anzug anfertigen zu lassen, nicht mehr so wahnsinnig. Richtige grandiose Sachen nähte der Schneider offenbar nicht an einem halben Tag.
    Um meine Krawatten kümmerte sich Geser persönlich. Er brachte mir sogar bei, wie ich einen besonders modischen Knoten hinbekam. Danach drückte er mir ein Bündel Geldscheine in die Hand, nannte mir die Adresse eines bestimmten Geschäfts und befahl mir, alles zu kaufen, was sonst noch nötig war, inklusive Unterwäsche, Taschentücher und Socken. Als Berater schlug er mir Ignat vor, unsern Magier, der in der Tagwache garantiert als Inkubus durchgegangen wäre. Oder Sukkubus. Ihm war das mehr oder weniger egal.
    Der Streifzug durch die Boutiquen, in denen sich Ignat wie ein Fisch im Wasser fühlte, machte mir Spaß. Der Besuch beim Friseur, genauer gesagt, in einem Schönheitssalon, raubte mir dagegen den letzten Nerv. Nacheinander taxierten mich zwei Frauen und ein Mann, der einen auf Tunte machte, aber nicht schwul war. Die drei seufzten lange und wünschten meinem Friseur sonst was an den Hals. Sollten diese Flüche wahr werden, müsste mein armer Coiffeur während der ihm noch verbleibenden Jahre glatzköpfige Hammel scheren. Und zwar irgendwo in Tadschikistan. Anscheinend gehörte das zum Schlimmsten, was man einem Friseur wünschen konnte... Ich nahm mir vor, nachher bei meinem zweitrangigen Friseur vorbeizuschauen, der mir das letzte Jahr die Haare geschnitten hatte, und zu prüfen, ob sie dem Mann nicht doch einen Höllenstrudel angehängt hatten.
    Der Kollektivverstand dieser Schönheitsspeziaiisten gelangte zu der Überzeugung, nur ein streichholzkurzer Schnitt könne mich noch retten. So einer, wie ihn kleine Mafiosi tragen, die die Händler auf dem Markt ausnehmen. Zum Trost versicherten sie mir, der Sommer solle heiß werden, weshalb ein Kurzhaarschnitt ausgesprochen bequem sei.
    Nach dem Schneiden, das mehr als eine Stunde dauerte, folgten Mani- und Pediküre.

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