3 - Wächter des Zwielichts
hinterhältigen ... Kinder zu jagen, nur hundert Kilometer von Moskau entfernt. Worauf hofften sie? Dass es hier im Dorf keine Wache gab? Dabei ging das regionale Büro jedem Fall von vermissten Menschen nach. Für diese Aufgabe gibt es einen guten und hochspezialisierten Magier. Er macht das mit Methoden, die alle Welt für pure Scharlatanerie hält, sieht sich Fotos an und legt sie dann weg oder ruft die Fahnder an, um besorgt zu klagen: »Irgendwas ist hier ... irgendwas, aber ich weiß nicht, was...«
Dann würden wir losfahren, im Moskauer Umland ausschweifen, den Wald durchkämmen, Spuren sichern ... schreckliche Spuren, an die wir uns jedoch gewöhnt haben. Die Tiermenschen würden vermutlich bei ihrer Verhaftung Widerstand leisten. Und irgendjemand - möglicherweise wäre ich das - würde mit der Hand wedeln. Daraufhin würde der leuchtende graue Höhenrauch durch das Zwielicht kriechen...
Solche wie sie fangen wir nur selten lebend. Wollen es auch gar nicht.
»Außerdem glaube ich«, fuhr Romka verständig fort, »dass der Wolf etwas gesagt hat. Ich glaube, ich glaube ... Aber er hat doch gar nicht geredet, das weiß ich. Wölfe reden schließlich nicht, oder? Aber ich träume davon, dass er etwas gesagt hat.« »Und was?«, fragte ich vorsichtig nach.
»Geh ... weg, He-xe!«, meinte Romka, der angestrengt versuchte, den heiseren Bass nachzuahmen.
Also doch. Damit konnte ich eine Razzia anordnen. Oder sogar Hilfe aus Moskau anfordern.
Das war ein Werwolf gewesen, ohne Frage. Und die Kinder konnten von Glück sagen, dass sich auch noch eine Hexe in der Gegend rumtrieb. Eine starke. Eine sehr starke.
Die nicht einfach nur den Werwolf vertrieb, sondern auch noch das Gedächtnis der Kinder reinigte, ohne dabei die geringste Spur zu hinterlassen. Indem sie einfach nicht allzu tief eindrang. Sie hatte nicht erwartet, dass in dem Dorf ein aufmerksamer Wächter auftauchen würde ... Bei Bewusstsein erinnerte sich der Junge an nichts - aber im Schlaf, da schon. »Geh weg, Hexe!« Interessant!
»Danke, Romka.« Ich drückte ihm die kleine Hand. »Ich werde mal in den Wald gehen und nachgucken.«
»Haben Sie denn keine Angst? Haben Sie ein Gewehr?«, fragte Romka munter. »Ja.« »Zeigen Sie's mir!«
»Es ist zu Hause«, meinte Anna Viktorowna streng. »Gewehre sind außerdem kein Spielzeug für Kinder.«
Romka seufzte. »Aber die kleinen Wölfe erschießen Sie nicht, ja?«, bat er in herzzerreißendem Ton. »Bringen Sie mir lieber einen von ihnen mit, dann erziehe ich ihn wie einen Hund! Oder zwei, einen für mich, einen für Xjucha!«
»Roman!«, rief Anna Viktorowna ihn mit strenger Stimme zurecht. Xjuscha fand ich am Teich, genau wie ihre Mutter es gesagt hatte. Eine Gruppe Mädchen brutzelte neben einer Horde Jungen in der Sonne, auf beiden Seiten flogen spitze Bemerkungen hin und her. Die männlichen Wasserratten waren in dem Alter, in dem sie die Mädchen bereits nicht mehr an den Zöpfen zogen - aber noch nicht begriffen, was sie mit ihnen anstellen sollten.
Bei meinem Auftauchen verstummten alle, Neugier und Furcht packte sie. Ich war im Dorf noch nicht allzu bekannt.
»Oxana?«, fragte ich ein Mädchen, das ich meiner Ansicht nach schon einmal zusammen mit Romka gesehen hatte und das Xjuscha sein konnte.
Ein sehr ernstes Mädchen mit blauem Badeanzug sah mich an und nickte. »Hallo... Guten Tag«, sagte sie höflich.
»Guten Tag. Ich bin Anton, der Mann von Swetlana Nasarowa. Kennst du sie?«, fragte ich. »Wie heißt Ihre Tochter?«, fragte Oxana misstrauisch. »Nadja.«
»Ich kenne sie«, meinte Oxana nickend und erhob sich aus dem Sand. »Sie wollen mit mir über die Wölfe reden, nicht wahr?« »Richtig«, meinte ich mit einem Lächeln.
Oxana schielte zu den Kindern hinüber. Genauer, zu den Jungen.
»Ach, das ist ja Nadkas Vater«, bemerkte ein sommersprossiger Bengel, in dem - warum auch immer - der dörfliche Ursprung nicht zu übersehen war. »Mein Vater repariert gerade Ihr Auto.« Stolz blickte er seine Freunde an.
»Wir können uns auch hier unterhalten«, schlug ich zur Beruhigung der Kinder vor. Es war natürlich schrecklich, dass sich normale, in Familien aufwachsende Kinder in diesem Alter ein solches Misstrauen angewöhnt hatten. Aber vielleicht war es auch besser so.
»Wir sind im Wald spazieren gegangen«, fing Oxana an zu erzählen, die sich kerzengerade vor mich aufgebaut hatte. Ich dachte kurz nach und setzte mich dann in den Sand, worauf sich auch das Mädchen wieder
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