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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Romka, bevor er unter dem strengen Blick seiner Mutter verstummte.
    »Danke«, meinte ich nickend. »Ehrlich gesagt, bin ich wegen dieses Rabauken gekommen...«
    »Hat er was angestellt?«, wollte Anna Viktorowna gleich wissen.
    »Sweta hat mir vom Abenteuer Ihrer Kinder erzählt ... und von dem Wolf. Ich bin Jäger, aber so etwas...«
    Innerhalb einer Minute saß ich am Tisch und wurde mit kaltem Kwass und allerlei Aufmerksamkeiten bewirtet.
    »Eben. Ich bin Lehrerin, ich verstehe was von diesen Dingen«, meinte Anna Viktorowna. »Die Wölfe sind die Sanitäter des Waldes ... Das ist natürlich eine Lüge, denn ein Wolf reißt nicht nur kranke Tiere, sondern durch die Bank alle Tiere ... Trotzdem ist er ein Lebewesen. Der Wolf ist nicht schuld daran, dass er ein Wolf ist ... Aber hier, in der Nähe des Dorfs! Er jagt Kinder! Treibt sie zu seinen Jungen. Wissen Sie, was das bedeutet?« Ich nickte.
    »Er bringt seinen Jungen das Jagen bei.« In Anna Viktorownas Augen loderte Angst oder ein mütterlicher Zorn auf, vor dem sowohl Wölfe wie auch Bären im tiefsten Wald Zuflucht gesucht hätten. »Was ist das? Ein Menschen fressender Wolf?«
    »Das kann nicht sein«, erwiderte ich. »Hier hat es noch nie einen Fall gegeben, wo ein Wolf einen Menschen angefallen hätte. Ohnehin gibt es hier schon lange keine Wölfe mehr ... Das war wohl eher ein verwilderter Hund. Aber das möchte ich gern überprüfen.«
    »Tun Sie das«, meinte Anna Viktorowna in festem Ton. »Und wenn... selbst wenn das ein Hund war. Wenn die Kinder sich das nicht ausgedacht haben...« Erneut nickte ich.
    »Erschießen Sie ihn«, bat Anna Viktorowna. Dann fuhr sie im Flüsterton fort: »Ich schlafe nachts nicht mehr. Wenn ich nur daran denke ... was hätte passieren können.«
    »Aber das war ein Hund!«, erklang vom Bett Romkas Stimme herüber.
    »Scht!«, fuhr Anna Viktorowna ihn an. »Gut, komm her. Erzähl dem Onkel, wie alles gewesen ist.«
    Es bedurfte keiner weiteren Überredungskünste, damit Romka vom Bett sprang, zu uns kam und sich höchst geschäftig auf meinen Schoß setzte. Fordernd sah er mir in die Augen. Ich zerzauste ihm das störrische, ausgeblichene Haar. »Also, die Sache war so...«, begann Romka voller Genugtuung.
    Anna Viktorowna blickte Romka irgendwie sehr traurig an. Ich verstand sie. Den Vater dieser Kinder konnte ich jedoch nicht verstehen. Es kann alles Mögliche passieren, die Leute trennen sich - aber die eigenen Kinder danach aus seinem Leben zu verbannen und sie mit Alimenten abzuspeisen?
    »Wir sind gelaufen und immer weiter gelaufen, also wir sind spazieren gegangen«, erzählte Romka ermüdend langatmig. »Wir sind spazieren gegangen und in den Wald gekommen. Und dann hat Xjuscha mir schreckliche Geschichten erzählt...«
    Aufmerksam hörte ich mir seinen Bericht an. Die »schrecklichen Geschichten« legten einmal mehr nahe, dass sie sich die ganze Geschichte ausgedacht hatten. Anderseits schilderte der Junge alles absolut klar. Abgesehen von den für sein Alter typischen Wiederholungen einzelner Wörter, verhedderte er sich nicht einmal.
    Für alle Fälle scannte ich auch noch die Aura des Jungen. Ein Mensch ... ein kleiner Mensch. Ein guter kleiner Mensch, von dem man glauben möchte, dass er zu einem guten Menschen heranwächst. Nicht die geringsten Hinweise darauf, dass es sich bei ihm um einen potenziellen Anderen handeln könnte. Und nicht die geringsten Spuren einer magischen Manipulation.
    Wenn jedoch schon Swetlana nichts bemerkt hatte - was sollte mir mit meinem zweiten Grad dann eigentlich auffallen?
    »Und plötzlich hat der Wolf gelacht!«, rief Romka, während er fröhlich mit den Händen fuchtelte. »Hast du denn keine Angst gehabt?«, fragte ich. Zu meinem Erstaunen dachte Romka lange darüber nach. »Doch«, sagte er dann. »Ich bin noch klein, und der Wolf war groß. Außerdem hatte ich keinen Stock - wo kriege ich im Wald einen Stock her? Aber später hatte ich dann keine Angst mehr.«
    »Hast du jetzt Angst vor Wölfen?«, hakte ich nach. Nach einem solchen Abenteuer hätte jeder normale Junge angefangen zu stottern. Romka hingegen hatte damit aufgehört!
    »Nicht die Spur!«, versicherte der Junge. »Aber wegen Ihnen habe ich jetzt meinen Faden verloren. Wo war ich denn?« »An der Stelle, wo der Wolf gelacht hat«, meinte ich lächelnd. »Genau wie ein Mensch«, sagte Romka.
    Alles klar. Ich hatte es schon ziemlich lange nicht mehr mit Werwölfen zu tun gehabt. Noch dazu mit solchen

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