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317 - Die letzten Stunden von Sodom

317 - Die letzten Stunden von Sodom

Titel: 317 - Die letzten Stunden von Sodom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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durch die rustikale Gaststube, und ihm wurde überall untertänig zugenickt. Er bedankte sich mit einem Lächeln, wohl wissend, dass die Verehrung daraus resultierte, dass sein Bruder König war.
    Der Wein kam. Xij erbot sich, die Gläser zu füllen. Während er damit beschäftigt war, fragte sich Melchior, ob er Xij zu seinem ständigen Lustknaben machen sollte, wenn er erst König war. Die Vorstellung erregte ihn so sehr, dass er sich zusammenreißen musste, um nicht aufzufallen.
    Sie prosteten sich zu und tranken einen Schluck. Der Wein schien heftig auf die Rekruten zu wirken, aber sie verzogen keine Miene und heuchelten tapfer, dass sie noch nie im Leben einen köstlicheren Tropfen genossen hätten.
    Während Maddrax und der wortkarge Klotz namens Grao ihre Blicke durch den Gastraum schweifen ließen, nutzte Melchior die Gelegenheit, Xij näher kennen zu lernen. »Wo liegt dieses Engelland, aus dem ihr kommt?«, fragte er neugierig. »Ich habe schon von Menschen mit gelbem Haar gehört, aber noch nie einen gesehen.«
    »Über dem maghrebinischen Meer«, erwiderte Xij. »Die Angeln sind eine große Seefahrernation, ungefähr so wie die Wikinger, nur haben sie mehr Kultur als die Barbaren aus dem eiskalten Norden.« Er zwinkerte fröhlich. »Man erkennt es daran, dass sie Hühner braten, bevor sie sie essen.«
    Melchior musste lachen. »Ich muss gestehen, dass ich von diesem Engelland noch nie gehört habe... Aber von den Wikingern habe ich gehört. Sie sollen die Schrecken der Meere sein.« Er zuckte die Achseln. »Wir Sodomiter fahren nie aufs Meer hinaus. Es ist zu weit entfernt. Ich glaube, die Hebräer betreiben Seefahrt.« Er runzelte die Stirn. »Wenn deine Freunde aus so weiter Ferne kommen...« Er wurde leiser, denn er wollte nicht, dass ihn jemand hörte. Er war nicht bereit, auf Xij zu verzichten, bloß weil sie vielleicht ein falsches Bekenntnis hatte. »Beten sie da etwa auch zu fremden Göttern?«
    »Wäre das ein Problem?«, hauchte Xij noch leiser.
    »Je nachdem mit wem man hier redet, könnte es eins werden«, raunte Melchior. »Wir haben viele Götter, von denen manche gut und andere böse sind. Der Böseste ist Kroak. Er ist eher ein Dämon, aber viele Männer, die vom Säbel leben – Söldner und Gardisten – beten zu ihm. Das Problem ist nur, dass fremde Götter hier nicht gern gelitten sind. Entlarvt man ihre Anhänger, wirft man sie mit Vorliebe in siedendes Öl, bis sich ihr Fleisch von den Knochen löst.« Er trank einen weiteren, diesmal größeren Schluck und sah zu den beiden anderen Rekruten hin. Offensichtlich verstanden sie kein Wort von dem, was er mit Xij besprach, denn sie trugen immer noch Gleichgültigkeit zur Schau.
    »Ich verstehe«, sagte Xij nachdenklich. »Was uns anbetrifft, so haben wir unseren Göttern abgeschworen, weil sie sich als machtlos und betrügerisch erwiesen haben. Wir sind nur aus einem Grund ins Morgenland gereist: Wir suchen einen neuen Gott und einen neuen Herrn, dem wir unser Leben weihen können.«
    Melchior atmete beruhigt auf und legte seine sehnige Hand auf die seines hübschen Gegenübers. Er fragte sich nur kurz, was Xij mit dem Ausdruck »Morgenland« meinte, denn ihm stand der Sinn nach anderen Dingen.
    »Du glaubst nicht, wie beruhigt ich bin, das zu hören, mein lieber Junge.« Er schaute Xij tief in die blauen Augen. Dessen linke Hand tätschelte Melchiors Rechte. Die Berührung erschien ihm als so großes Glücksgefühl, dass er kaum noch ruhig sitzen konnte. »Wenn du erst in meinem Hause wohnst und alle wissen, dass du mein Günstling bist«, sagte er zu Xij, »wird ohnehin niemand mehr nach deinen früheren Göttern fragen.«
    Das Essen wurde aufgetragen. Melchior, dessen Magen knurrte, fiel über seine Portion her wie ein Wolf. Während er aß, informierte er die Rekruten über ihre künftigen Pflichten und die Verhältnisse in Sodom. Bis sie der hebräischen Sprache mächtig waren, würde Xij ihnen, wie auch jetzt, alles Wichtige übersetzen. In den ersten Wochen sollten sie zusammen Dienst tun, um alle Befehle und Dienstvorschriften zu lernen, die ein Gardist verstehen musste.
    Maddrax und Grao schienen kluge Köpfe zu sein: Xij brauchte nur wenige Sätze, um ihnen den weitschweifigen Monolog ihres Vorgesetzten verständlich zu machen. Einfache Floskeln wie »Zu Befehl, Hauptmann!«, »Bitte um Vergebung, Durchlaucht!« und »Schleudert den Burschen zu Boden!« lernten sie schon während des Hauptgangs auswendig, was Melchior

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