33 - Am Stillen Ozean
befehlen, zu sterben!“
Er warf die Tebuta und die Marra ab, so daß er nur den Lendenschurz trug, faßte sein Messer und schnellte sich weit vom Ufer hinaus in das Wasser, welches zischend über ihm zusammenschlug.
Ein allgemeiner Schrei des Entsetzens ließ sich hören.
„Was tut der Mensch?“ rief der Kapitän. „Er ist verloren!“
„Seht die Flosse!“ schrie der Bootsmann, der mit einer Harpune hart am Wasser stand. „Der Hai hat ihn bemerkt und hält auf ihn zu. In zwei Sekunden hat er ihn verschlungen!“
Auch ich war erschrocken, blieb aber äußerlich ruhig.
„Was wird es nun mit Eurer Fahrt nach Tahiti, Charley?“ fragte der Kapitän. „Der Bursche da kommt nicht wieder aus dem Wasser!“
„Wollen es abwarten, Käpt'n! Ich habe in Westindien Taucher gekannt, welche sich nicht fürchteten, bloß mit einem Messer bewaffnet, den Haifisch im Wasser anzugreifen. Der Fisch muß sich, um zuzuschnappen, auf den Rücken legen; das gibt dem kühnen Schwimmer Zeit, ihm das Messer in den Leib zu stoßen und, sich mit einem kräftigen Stoß fortschnellend, den Bauch des Tieres aufzuschlitzen. Da seht, Käpt'n, der Kampf beginnt!“
Das Wasser schlug an der Stelle, wo sich der Fisch befand, einen schäumenden Strudel; dann tauchte in einiger Entfernung davon erst der Kopf und dann der Oberleib Potombas empor. Er schwang das Messer hoch in der Luft und stieß einen lauten Siegesruf aus.
„Bei allen Kreuz- und Bramsegeln, er hat das Viehzeug wahrhaftig getötet!“ rief der Kapitän. „Seht, Charley, dort schwimmt das Ungeheuer auf dem Wasser. Der Leib ist ihm aufgeschlitzt vom Kopf bis zum Schwanz!“
Die umstehenden Mannen erhoben ein Freudengeschrei, welches nicht geeigneter sein konnte, dem Sieger ihre Anerkennung zu beweisen. Er stieg an das Land und trat, ohne das Lob der Leute, welche ihn umringen wollten, zu beachten, auf mich zu.
„Der Hai ist tot, Sahib!“ meldete er einfach und ruhig.
„Ich wußte es schon, als du in das Wasser sprangst“, erwiderte ich, ihm meine Hand entgegenstreckend.
Er faßte sie, und ich sah es ihm an, daß diese Anerkennung ihn mehr freute, als das laute und ihm unverständliche Lob der andern.
„So hast du schon vorher geglaubt, daß Potomba einen starken Arm und ein mutiges Herz besitzt?“
„Ich sah es gleich, als du landetest. Du hast dich vor vierzehn Feinden nicht gefürchtet; ich habe dich lieb, Potomba!“
„Und ich bin dein Freund, Sahib! Sage diesen Yanki hier, daß ich keinen von ihnen in mein Boot nehmen werde, um ihn nach Papetee zu bringen. Du allein sollst mit Potomba fahren!“
„Ich habe es ihnen bereits gesagt. Wann segeln wir ab?“
„Wann du es befiehlst.“
„So mache dich bald fertig; ich bin schon jetzt bereit. Wir müssen einen Umweg machen, um die Flottille deiner Feinde zu vermeiden, nicht?“
„Ja, Sahib. Hier hätte ich sie nicht gefürchtet, denn sie wären gefallen, ehe sie das Land betraten; auf der offenen See aber würden sie uns umringen, und wir wären verloren. Wollt ihr den Fisch haben, Sahib?“
„Ja.“
„So gib mir eine Schnur!“
Sie wurde gebracht. Er band sie an das Gefieder seines Pfeiles, legte sie sorgfältig entrollt zur Erde und schoß ab. Der Pfeil bohrte sich tief in den Leib des Haies, welcher nun herbeigezogen wurde. Während dies geschah, legte der Ehri die abgeworfenen Kleidungsstücke wieder an.
„Bist du fertig, Sahib? Potomba ist bereit, dich nach Tahiti zu bringen, und lieber wird er sterben, als daß er dir ein Leid geschehen läßt.“
Pareyma
Zwischen den bereits von mir angegebenen Längen- und Breitengraden liegt jene Inselgruppe, welche im Jahr 1606 von Quiros entdeckt und von dem berühmten Cook, der sie 1769 zuerst gründlich erforschte, zu Ehren der königlichen Gesellschaft der Wissenschaft zu London ‚Gesellschaftsinseln‘ genannt wurde.
Sie zerfallen in zwei Abteilungen: die Windwards- und die Leewardsgruppe, welche durch eine breite Straße getrennt werden. Zu der ersteren gehören Tahiti oder Otaheiti, welches die bedeutendste Insel des Archipels ist, Maitea, auch Osnabruc genannt, und Eumeo oder Moörea. Die Lewardsinseln sind Huahine, Raiatea, Taha, Borabora und Maurua oder Maupiti.
Diese ganze Inselgruppe ist vulkanischen Ursprungs, doch arbeiten die kleinen, fast mikroskopischen ‚Baumeister des Meeres‘, die Pflanzentiere der Polypen, unausgesetzt an deren Vergrößerung, umgeben jede einzelne Insel mit scharfen, spitzen Korallenringen, an die sich neues
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