33 - Am Stillen Ozean
die Achsel geworfen hatten und so zwischen den Schönen umherstolzierten! Sie hatten die langen, fettglänzenden Locken mit Streifen ineinander geflochtener weißer Tapa und roten Flanells umwunden, was ihnen zu dem Teint ihrer bronzefarbenen Gesichter gar nicht so übel stand.
Da auf einmal drängte sich alles zu dem Ufer hin. Der Insel näherte sich ein Kanu, in dessen weißes Segel sich die Brise voll gelegt hatte, so daß die beiden Darinsitzenden des Ruders bedurften, um das Fahrzeug in dem richtigen Kurs zu erhalten.
Das Kanu war eines der hier gebräuchlichen, einfach aus einem Stamm gehauenen und mit einem runden Boden versehenen Boot. Durch diese Bauart vermag ein solcher Kahn rascher zu segeln, würde aber auch sehr leicht umschlagen, wenn er nicht durch einen sogenannten Outrigger (Ausleger) davor beschützt würde.
Diese Ausleger bestehen aus zwei quer und fest über das Kanu befestigten Stangen oder Hölzern, die nach rechts hinaus einen leichten, kufenartig geschnittenen Balken, welcher parallel mit dem Kahn auf den Hölzern liegt, halten. Dieser schwimmt also, etwa vier Fuß von dem Rechtsbord des Kahns entfernt, auf dem Wasser und ist mit einer Bastbandage fest an die Querhölzer geschnürt. Ein Umschlagen des Fahrzeugs, ja selbst ein Schaukeln wird dadurch zur Unmöglichkeit gemacht, denn dasselbe kann nicht nach links hinüber, weil es dann den ganzen, nahezu zwei Ellen abstehenden Balken aus dem Wasser heben müßte, und nach rechts ebensowenig, da sich der aus leichtem Holz bestehende Balken mit den Stangen und auf diese Entfernung hin nicht unter Wasser drücken läßt. Diese Kanus fahren daher selbst bei unruhiger See außerordentlich sicher und zuverlässig. Freilich würde man sich ohne die Ausleger nur äußerst vorsichtig darin bewegen müssen, da der runde Boden der geringsten Neigung des Körpers folgt und man bei der kleinsten Schwankung nicht nur Gefahr liefe, umzukentern und ein unfreiwilliges nasses Bad zu erhalten, sondern diesen an und für sich kleinen Unfall mit dem Leben bezahlen könnte, da die Buchten und sonstigen Wasser dieser Inseln von Haien wimmeln, welche zu der gefräßigsten Art dieses unheilvollen Fisches gehören.
Die beiden Männer im Boot waren Potomba und ich.
Der Ehri hatte wirklich Wort gehalten, denn wir langten nach zwei nicht ganz vollen Tagen in Tahiti an, obgleich wir zu einem nicht unbedeutenden Umweg gezwungen gewesen waren. Der stetig wehende starke Passat hatte uns trefflichen Vorschub geleistet; Potomba verstand es ausgezeichnet, jede einzelne Woge zu benutzen, und da wir nicht ermüdeten, weil wir uns im Rudern ablösen konnten, so war unsere Fahrt eine ungewöhnlich rasche gewesen.
Jetzt nun lag die herrliche Insel vor uns, über welche ich so viel Wahres und so viel Unverständiges gelesen hatte; Papetee hob sich immer mehr hervor, je näher wir kamen, und endlich erkannten wir deutlich jeden einzelnen unter der Menge des Volkes, welches sich an den Strand drängte, um unser Fahrzeug zu beobachten.
Es fiel mir auf, daß eine solche Aufmerksamkeit sich auf unsern kleinen, unbedeutenden Kahn richtete, während es in dem Hafen doch noch ganz andere Objekte des Interesses gab. Ich ließ das Segel fliegen, um von der Brise nicht an die Korallen getrieben zu werden, denen wir uns näherten, und fragte:
„Siehst du die Leute, Potomba?“
„Ja, Sahib“, nickte er.
„Wie kommt es, daß man grad uns so beobachtet, während es doch viele Boote gibt, welche die Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnten?“
„Die Männer und Frauen kennen mein Boot, und Potomba ist ein Ehri, berühmt unter den Leuten seines Volkes. Sitze still und halte dich fest, Sahib, denn wir stoßen jetzt in die Brandung!“
Wir näherten uns einer Seitenluke des Polypenrings, durch welche nur so kleine und schmale Fahrzeuge wie das unsrige Eingang finden konnten. Ein Ruderschlag brachte uns in die Brandung; ihr kochender Wall riß uns empor, hielt uns einen Augenblick lang fest, so daß es schien, als schwebten wir in freier Luft, und schnellte uns dann in das ruhige Binnenwasser hinab.
Rechts von uns lag eine Reihe von Seeschiffen, welche durch die breitere Einfahrt Zugang gefunden hatten. Der Bau des einen kam mir bekannt vor, obgleich der Rumpf allein zu sehen und alles Segelwerk beschlagen war. Droben in den Wanten hing ein Mann, der diesen hohen Punkt gewählt zu haben schien, um besser nach der Stadt lugen zu können. Er trug einen mexikanischen Sombrero auf dem Kopf,
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