34 Kurz-Krimis (German Edition)
"Ein sozialer Abstieg, kann ich Ihnen sagen! Hätte Ralph Jakobs sich damals anders verhalten vielleicht würde ich heute auch eine Filiale leiten, wer weiß?" Seine Augen waren gerötet. "Sie wissen nicht, wie das ist", murmelte er an Neubauer gewandt. "Sie sind selbständiger Konditor, Ihr Geschäft geht gut, Sie können sich nicht vorstellen, wie man sich fühlt, wenn alte Freunde einem aus dem Weg gehen..."
Neubauer legte Bronner eine Hand auf die Schulter. "Vielleicht verstehe ich Sie viel besser, als sie meinen!" erklärte er, woraufhin Bronner ihn ungläubig anstarrte. "Sie kennen sicher Frau Jakobs, nicht wahr?" fragte Neubauer.
"Flüchtig. Sie war zuvor schon einmal verheiratet, soweit ich gehört habe."
"Sie haben richtig gehört", griff Neubauer den Faden auf. "Frau Jakobs war bereits einmal verheiratet. Mit mir."
"Ach", sagte Bronner. "Das ist ja interessant!"
"Eine traurige Geschichte", fuhr Neubauer fort. "Wenn Sie so wollen, bin ich auch ein Jakobs-Geschädigter. Als ich Franziska kennenlernte, war ich ein kleiner Angestellter, dessen Lohn gerade ausreichte, um die Familie über Wasser zu halten. Aber Franziska genügte das nicht. Sie wollte mehr, ihre Ansprüche an das Leben waren größer, vielleicht sogar maßlos. Als die Kinder aus dem Gröbsten heraus waren, suchte sie sich auch Arbeit, um mitzuverdienen, aber auch das reichte ihr bald nicht mehr. Sie wollte Luxus, teure Mode, ein eigenes Haus, mehr soziales Prestige... Sie trietzte mich so lange, bis ich bereit war, weiterzulernen und meinen Konditormeister zu machen. Schließlich war ich soweit und hatte mein eigenes Geschäft.
Franziskas Sucht nach Höherem war für eine Weile gestillt.
Vielleicht hätte es ihr gereicht, vielleicht wäre sie damit zufrieden gewesen, wenn... wenn Ralph Jakobs nicht aufgetaucht wäre. Wir lernten ihn bei irgendeiner Gelegenheit kennen und von da an hatte ich nicht mehr die geringste Chance, den Wettlauf mit der Zeit zu gewinnen. Was ist schon ein Konditormeister gegen einen Bankdirektor? Nichts!" "Ich sagte ja, daß er in Schwein ist, unser Bankdirektor", kommentierte Larbach Neubauers Geschichte. "Der Mann schreckt vor nichts zurück." "Ich könnte ihn umbringen!" meinte Bronner, wobei er mit der geballten Faust auf den Tisch schlug. "Was hat er Ihnen getan?" fragte Neubauer an Larbach gewandt. "Er muß Ihnen etwas getan haben, sonst würden Sie kaum so bitter über ihn reden." Larbach nickte. "Und ob er mir etwas getan hat! Er hat meinen Sohn totgefahren, aber er hatte die besseren Rechtsanwälte.
Man konnte ihm kein schuldhaftes Verhalten nachweisen... Aber Irgendwann wird er sich vor einem anderen, höheren Richter verantworten müssen und dort wird er sich nicht herausreden können!"
*
Ein paar Tage waren vergangen. Die Dunkelheit war bereits hereingebrochen, als Ralph Jakobs sich auf den Weg nach Hause machte. Er hatte ein Lokal besucht, etwas getrunken und versucht abzuschalten. Es waren nur ein paar hundert Meter bis zu seinem Haus und er war schon fast angekommen. Da tauchte aus dem Schatten eine Gestalt auf. Es war ein Mann, der das linke Bein beim Gehen etwas nachzog. Jakobs erkannte den Hinkenden sofort und dachte: Was will der denn hier? Dann umgab den Bankdirektor auf einmal nur noch Schwärze.
*
In der nächsten Woche trafen sie sich wieder zu gewohnter Stunde an ihrem Tisch: Larbach, Neubauer und Bronner. Natürlich redeten sie über Jakobs, dessen Tod groß in der örtlichen Tageszeitung gestanden hatte. Man wußte nur, daß er mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen worden war.
Ansonsten tappte die Polizei völlig im dunkeln.
"So einer wie Jakobs hat sicherlich eine Menge Feinde!" meinte Bronner.
"Und drei dieser Feinde sitzen hier an diesem Tisch!" setzte Larbach hinzu.
"Nun erlauben Sie mal!" empörte sich Bronner. "Vermuten Sie den Mörder unter uns?"
"Ist das so abwegig?" Larbach grinste. "Wir haben schließlich alle drei ein ausreichendes Motiv, oder etwa nicht? Jeder von uns könnte ihn umgebracht haben. Sie selbst haben eine dahingehende Bemerkung gemacht..."
Bronner wurde blaß und so beschwichtigte Larbach ihn sogleich:
„Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Der Kerl hat es verdient, ich verurteile diesen Mord keineswegs!"
"Jakobs hat es wirklich verdient!" meinte Neubauer. „Man sollte den Mörder zu seiner Tat beglückwünschen."
"Vielleicht waren Sie ja selbst der Mörder", sprach Larbach ihn mit einem diabolischen Lächeln auf den Lippen an. "Wo waren
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