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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einsehen.“
    „Würde der Vater von Peru über die Anden nach Argentinien gehen, wenn er weiß, daß sein Sohn, lateinisch puer oder filius geheißen, zu derselben Zeit unterwegs hinüber nach Peru ist?“
    „Wie?“ fragte da Engelhardt hastig. „Anton soll unterwegs sein?“
    „Ja.“
    „Mein Sohn? Das muß ein anderer Anton, ein anderer Engelhardt sein. Sprechen Sie von dem Knaben, welcher bei Salido auf Besuch war?“
    „Ja, den einen anderen Anton Engelhardt kennen wir nicht. Er ist ein Verwandter von Salido.“
    „Natürlich, denn Salido ist sein Onkel, und ich bin sein Vater.“
    „Wirklich?“ fragte da Fritze. „Sie sind der Vater vom richtigen Anton, den wir meinen?“
    „Ja, ja und dreimal ja!“
    „Aber warum laufen Sie denn da von Lima fort? Warum bleiben Sie nicht zu Hause, wohin Sie jehören? Sie haben doch jewußt, daß Ihr Sohn von Buenos Aires aufjebrochen ist, um über die Anden heimzukommen!“
    „Ich habe gewußt, daß es geschehen sollte, nicht aber, daß es geschehen ist. Ich habe Salido telegrafiert, daß er Anton nicht fortlassen, sondern noch bei sich behalten solle, weil ich selbst kommen wolle, ihn abzuholen!“
    „So sind wir rascher jewesen als die Depesche, welche zu spät jekommen ist. Dat Telejramm ist einjetroffen, als wir schon fort jewesen sind. Aber dann bejreife ick nicht, warum Ihnen Salido nicht schnell zurücktelejrafiert hat!“
    „Das begreifen Sie nicht? Sie wissen doch jedenfalls, daß zwischen Peru und Chile ein Krieg ausgebrochen ist?“
    „Kein Wort!“
    „So haben Sie wohl außerhalb der Welt gelebt?“
    „Nein, sondern jrad mitten drin, mitten im Gran Chaco, wo wir von dem, wat außerhalb jeschehen ist, kein Wort erfahren haben.“
    „Peru ist durch Chile von aller Verbindung mit Argentinien abgeschnitten. Mein Telegramm war, wie ich nun erfahre, eins der letzten, welche befördert wurden; die Antwort Salidos aber ist nicht nach Lima gekommen. So bin ich bis heute der festen Überzeugung gewesen, daß Anton sich noch bei ihm befindet.“
    Die drei Deutschen waren, während die anderen weiter ritten, halten geblieben. Der Gegenstand ihres erregten Gespräches nahm sie so gefangen, daß sie für nichts anderes Gedanken hatten. Der Doktor warf nur zuweilen eine Bemerkung, einen Satz dazwischen; zwischen Engelhardt und Fritze aber flogen die Fragen und Antworten mit größter Schnelligkeit und ohne die Pause auch nur eines Augenblicks hin und her.
    „So also ist dat jekommen!“ meinte Fritze. „Krieg zwischen Peru und Chile, ein Telejramm herüber, dat andere aber nicht hinüber, infolgedessen der Anton futsch und Sie als kinderloser Waisenvater mitten in den Anden! Warum sind Sie denn nicht in Lima jeblieben? Warum haben Sie Ihr Geschäft verkauft?“
    Engelhardt war ein reicher Geschäftsmann, mit welchem Fritze sich nicht vergleichen konnte; dennoch examinierte der letztere den ersteren in der ihm eigenen Weise, und der erstere gab willig Antwort, weil sein Vaterherz ihm nicht Zeit ließ, an das Gegenteil zu denken. Er antwortete: „Das verstehen Sie höchstwahrscheinlich nicht, aber ich will es Ihnen dennoch sagen. Die Verhältnisse lagen so, daß ich durch den Krieg mein ganzes Vermögen verlieren konnte; da sich nun glücklicherweise eine Gelegenheit bot, sehr günstig zu verkaufen, habe ich dieselbe augenblicklich benutzt. Aber nicht nur das Geschäft, sondern überhaupt alles, was ich drüben besaß, habe ich veräußert, und so wurde es mir möglich, auf das schnellste ein Land zu verlassen, dessen politische Verhältnisse einen sicheren Besitz und ein ruhiges Genießen nicht gestatten. Ich telegrafierte an Salido, daß ich kommen würde, und zwar auf dem Landweg über die Anden, weil ich in Salta, Tucuman und Córdova noch geschäftliche Verwicklungen zu lösen habe. Meine Frau hat mit dem anderen Sohn den Seeweg vorgezogen, wozu ich meine Einwilligung gab, weil ich ein gutes, neues Schiff fand, dessen Kapitän ein Bekannter, ja ein Freund von mir ist. In Buenos Aires werde ich mit ihnen zusammentreffen. Dort hoffte ich natürlich, auch Anton zu treffen. Nun ist er fort! Mein Gott, wer hätte das gedacht! Wo mag der Knabe sein? Unter welchen Menschen mag er sich befinden!“
    Man sah, daß er sich in größter Aufregung befand. Fritze legte ihm die Hand auf den Arm und antwortete in beruhigendem Ton: „Denken Sie etwa, daß Salido ihn unzuverlässigen Menschen überjeben hat? Können Sie sich dat denken?“
    „Was das betrifft, so ist

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