37 - Satan und Ischariot I
Reiter aus Ures und wurden festgenommen. Natürlich ritt abermals ein Bote nach der Fuente, um die wichtige Botschaft dorthin zu bringen; es konnten also nur noch drei da sein. Die fünf gefangenen Sonntagsreiter waren mit Proviant reichlich versehen, und man hatte ihnen diesen abgenommen; da verstand es sich ganz von selbst, daß es keinem der drei Yumas, welche die fünf zu bewachen hatten, einfiel, auf die Jagd nach Fleisch zu gehen. Meine Antworten waren also höchst selbstverständlich und keineswegs der Beweis eines außerordentlichen Scharfsinns. Da wir es nun nur mit drei Gegnern zu tun hatten, gab es leichte Arbeit für uns.
Wir stiegen unter den dichten Bäumen so leise aufwärts, daß unsere Schritte in einer Entfernung von drei oder vier Ellen nicht zu hören waren, und erreichten nach kurzer Zeit die Höhe, welche nicht breit war und sich jenseits sehr bald wieder abwärts senkte. Winnetou kroch mit einer Sicherheit unter den Bäumen nieder, als ob er sich schon viele Male in dieser Gegend befunden habe. Dann drehte er sich halb nach mir um und hob warnend den Zeigefinger, um mir anzudeuten, daß jetzt noch größere Vorsicht als bisher nötig sei, legte sich ins Moos und lauschte nach vorn. Dies und der Umstand, daß es jetzt nach Wasser roch, zeigte mir an, daß wir uns ganz nahe an dem Tümpel befanden.
Ich schob mich weiter vorwärts, kam neben Winnetou zu liegen und konnte nun unter den niedersten Zweigen, welche fast die Erde berührten, hinaus auf eine kleine Lichtung sehen, deren Mitte ein stehendes Wasser einnahm. Jedenfalls gab es da einen Quell, welcher so schwach war, daß er nicht abfloß, sondern gleich wieder in den porösen Waldboden versickerte. Das Plätzchen war von drei Seiten von Bäumen und Büschen eingeschlossen; die vierte stand offen; da ging der natürliche Weg vorüber, welcher von der Hazienda del Arroyo nach der Fuente de la Roca führte. Wir lagen diesseits am Rand des Gebüsches; dann kam ein schmaler, mit Binsen und Schilf bewachsener Streifen, worauf der Tümpel folgte. Jenseits desselben saßen, doch nicht am Wasser, sondern ganz nahe bei den Bäumen, drei Indianer, und dort standen auch, an fünf Stämme festgebunden, die Weißen aus Ures. Wir fanden die Verhältnisse genauso, wie wir sie zu finden erwartet hatten.
Die Roten sprachen mit den Weißen, und zwar in dem sprachlichen Gemisch, dessen man sich in jenen Gegenden zwischen den beiden Rassen zu bedienen pflegt. Nicht nur um das Gespräch zu hören, sondern hauptsächlich, um die Weißen zu befreien, mußten wir auf die andere Seite hinüber. Wir krochen also in einem Halbkreis um die Lichtung und kamen dann so nahe an die Gruppe zu liegen, daß wir die Worte nicht nur hören, sondern auch verstehen konnten.
Wie zu erwarten gewesen war, befand sich kein Häuptling, ja nicht einmal ein einigermaßen hervorragender Krieger unter den Roten, von denen keiner eine Flinte besaß. Die Pferde, auch diejenigen der Gefangenen, waren rundum angebunden und fraßen die Blätter und jungen Zweige ab. Zwei der Indianer saßen auf den frisch überzogenen weißen Kissen des Rechtsgelehrten und ließen sich die Delikatessen, welche dessen Frau für ihn eingepackt hatte, mit sichtlichem Behagen schmecken. Er nahm sich in seiner Galauniform ungemein drollig aus; sie paßte auch gar zuwenig zu der Umgebung, in welcher er sich befand. Die Angst, welche so deutlich, wie mit Buchstaben geschrieben, in seinen Zügen zu lesen war, entsprach sehr wenig der Aufgabe, mit welcher ihn seine Señora in die Berge geschickt hatte. Ich glaubte sogar, Schweißtropfen auf seiner Stirn zu bemerken. Seine Untergebenen, die Polizisten, befanden sich in derselben Stimmung wie er, und der Haziendero machte auch nicht den Eindruck eines Helden, der seiner Fesseln zu lachen vermag. Man hatte ihnen die Taschen ausgeleert und alles, natürlich auch die Waffen, abgenommen. Diese Gegenstände lagen auf einem Haufen, um später geteilt zu werden.
Von den drei Roten schien derjenige, der sich mehr spanische Ausdrücke als die beiden anderen angeeignet hatte, das Wort zu führen. Er tat dies in einer Weise, aus welcher hervorging, daß es seine Absicht war, den Weißen noch mehr Angst zu machen, als sie schon jetzt besaßen. Eben als ich mich so zurechtgelegt hatte, daß ich, hinter einem Busch steckend, ruhig zuhören konnte, hörte ich ihn sagen:
„Wir sehen euch an, daß ihr sehr tapfere Krieger seid, doch ist es gut gewesen, daß ihr euch nicht gewehrt
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