37 - Satan und Ischariot I
sich jetzt herausstellte, an dem Posten vorüber mußten und sehr wahrscheinlich in die Hände der Roten gefallen waren. Winnetou hatte denselben Gedanken gehabt, denn er stand, als er die Antwort des Player hörte, auf und sagte:
„Wir müssen fort, um die weißen Männer zu retten, welche nicht klug und erfahren genug sind, die Gefahr zu erkennen, welche auf ihrem Weg liegt.“
„So meint mein roter Bruder, daß – – –“
Ich sprach meine Frage nicht aus, warf aber dabei auf den Player einen bezeichnenden Blick. Winnetou verstand mich und antwortete:
„Dieses Bleichgesicht hat uns nicht belogen, sondern aus Angst vor der Faust Old Shatterhands die Wahrheit gesagt. Winnetou kennt den Wald, die Höhe und auch den Tümpel, den er sogar bei Nacht finden würde.“
„Aber jetzt ist es noch lange Tag. Wenn wir schon jetzt aufbrechen, können wir, während wir über die offene Prärie reiten, gesehen werden!“
„Winnetou ist nicht so unvorsichtig, sich den Yumas zu zeigen. Er wird nicht geradeaus und auf der Spur des Gefangenen reiten, sondern einen Umweg südwärts machen. Von dort her sind die fünf Weißen aus Ures gekommen, und wir müssen ihre Spur betrachten, welche wir des Abends nicht sehen würden.“
Er hatte recht wie immer. Wir banden den Player wieder auf sein Pferd und verließen den Platz, indem wir aus unserer bisherigen Richtung nach Süden abbogen. Der grüne Plan, über den wir mußten, zog sich lang nach dieser Richtung hin.
Der Tümpel lag, wie wir gehört hatten, eine gute halbe Stunde nach Osten. Wir ritten wenigstens ebensolange südwärts; dann zeigte es sich, daß die Berechnung des Apachen stimmte, denn wir trafen auf eine breite Fährte, welche nach Nordosten lief. Winnetou stieg ab, untersuchte dieselbe und meldete dann:
„Fünf Reiter. Es sind unerfahrene Weiße, denn sie ritten nicht hinter-, sondern nebeneinander. Der Häuptling der Apachen meint, daß er die Männer aus Ures vor sich hat.“
„Wie alt ist die Fährte?“ fragte ich.
„Wohl einen ganzen Tag. Wenn Bleichgesichter gegen Indianer ziehen und dabei so breite und lange dauernde Spuren machen, sind sie verloren. Wir haben ihre Fährte entdeckt und werden sie nun auch bald selbst sehen.“
Er stieg wieder auf, und dann folgten wir den Eindrücken der fünf Weißen, vollständig überzeugt, daß wir die unvorsichtigen Personen als Gefangene des Indianerpostens sehen würden.
Der Umweg, welchen wir gemacht hatten, bildete einen nach Süden gerichteten spitzen Winkel. Wir kamen also anstatt gerade aus Westen aus Südsüdwest an den Wald, hinter welchem der Tümpel lag, und durften mit größter Wahrscheinlichkeit annehmen, nicht gesehen worden zu sein. Der Rand des Gehölzes war mit dichtem Unterholz bestanden, in welches wir eindrangen, bis wir eine Stelle fanden, welche sich für unsere Pferde als Versteck eignete. Wir banden dieselben an, hoben den Player aus dem Sattel und befestigten seine Hände und Füße an zwei Bäume. Dann sagte Winnetou zu dem jungen Mimbrenjo:
„Old Shatterhand und Winnetou werden nach dem Tümpel gehen; mein roter kleiner Bruder aber bleibt hier zurück, bis wir entweder wiederkommen oder er von einem von uns benachrichtigt wird. Er sticht diesem weißen Gefangenen das Messer in das Herz, wenn derselbe ein lautes Wort sprechen oder gar einen Fluchtversuch wagen sollte. Geschieht sonst etwas Unerwartetes, so ist mein Bruder trotz seiner Jugend so entschlossen und klug, daß er selbst weiß, was er zu tun hat. Howgh!“
Man sah dem Jüngling an, wie stolz ihn das Lob machte. Er zog sein Messer und setzte sich, ohne dem Apachen eine Antwort zu geben, neben dem Gefangenen nieder. Ich drang mit Winnetou tiefer in den Wald ein, welcher schon jetzt fast steil aufwärts stieg. Nach einer kleinen Weile blieb der Häuptling stehen und fragte, natürlich in leisem Ton:
„Was meint mein Bruder, wieviel Yumas sich bei dem Tümpel befinden werden?“
„Drei“, antwortete ich ohne lange Besinnung.
„Old Shatterhand hat recht. Wir sind zwei gegen drei und werden die fünf Weißen leicht und schnell frei machen.“
Es war keineswegs ein Wunder, so genau zu wissen, wie viele Rote wir vor uns hatten. Der Player war hier gewesen, um zu melden, daß er uns an der Hazienda gesehen hatte; darauf war natürlich einer von den fünf fortgeritten, um die Meldung nach der Fuente de la Roca zu bringen. Es waren also nach des Players Entfernung vier zurückgeblieben. Darauf kamen die fünf
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