39 - Meuchelmörder von Scorpio
blieb mit Sicherheit keine Zeit mehr, den verborgenen Riegel, der die Geheimtür öffnete, zu suchen und zu finden. Ich blickte mich wie ein in die Enge getriebenes Raubtier um, entschlossen, mir einen Weg durch die selbstbewußten, gerüsteten Männer zu bahnen, und links und rechts um mich schlagend direkt in die Dunkelheit hineinzustürmen. Das war der Plan.
Trylon Kuong war der erste Mann, der durch die Tür kam.
Mein Schwert vollzog einen kurzen Bogen als Salut, dann schob ich die saubere Klinge zurück in die Scheide.
»Was geht hier vor, Drajak ...?« begann er. Dann sah er das wüste Durcheinander und hielt inne. Männer versammelten sich hinter ihm, und alle blieben stehen, um in das Schlafgemach des Todes zu starren.
»Wir wurden überlistet, Kuong.« Ich sprach mit scharfem Tonfall. Er war ein Trylon, ein höherer Adelsrang, und ich wollte mich so schnell wie möglich auf der gleichen Ebene mit ihm verständigen. Ich wollte nicht vor ihm kriechen. Er war noch sehr jung, und ich mochte ihn allmählich. Mit seinen klaren Augen, den rosigen Wangen und festen Lippen verkörperte er jeden Zentimeter den jungen kühnen Draufgänger, den tollkühnen Schwertkämpfer, den edlen Galan. Ich konnte mir vorstellen, daß er das alles zu gegebener Zeit sein würde; aber bis jetzt hatte die Erziehung durch seinen Vormund San Caran einen jungen Burschen hervorgebracht, der schwermütiger war, als er es sich eigentlich erlauben konnte, selbst wenn man die seltsamen Umstände seiner vielen Leben auf Kregen in Betracht zog.
»San Tuong ist tot. San Hargon auch. Drajak ... Was?«
Meine Handbewegung schloß den ganzen Raum ein. Der scharfe Gestank vergossenen Blutes hatte schon immer meinen Geruchssinn beleidigt, obwohl ich, Zair möge mir verzeihen, ihm schon wahrlich oft ausgesetzt gewesen war. Die Wärme des Ortes war erdrückend. »Wie du siehst, Kuong, hat San Hargon diese arme Frau als Werkzeug benutzt. Sie hat sich an den Wachen vorbeigestohlen und Tuong Mishuro ermordet. Dann hat Hargon sie erstochen. Die eine Hälfte des Plans lag darin, daß wir alle zu deinem Haus eilen sollten, um deinen feinen San Caran daran zu hindern, dich zu töten. Dieser Teil ist gelungen.« Ich musterte ihn. Ich hatte keine Bedenken, ihn daran zu erinnern, was er mir schuldig war, denn ich erkannte, daß er mir und den Herren der Sterne in Zukunft von Nutzen sein konnte. »Der andere Teil, der deinen Tod zur Folge haben sollte, ist erfreulicherweise gescheitert.«
»Sei bedankt, Drajak!« sagte er sofort impulsiv und offenherzig. »Meine Dankbarkeit sei dir gewiß. Wenn es etwas gibt ...«
»Zuerst müssen wir uns darüber klar werden, was wir mit den Leichen anfangen. Bist du sicher, daß wir keine Vergeltung zu erwarten haben, weil wir Dikaster getötet haben?«
Er lachte verächtlich, und ich bin sicher, er durchlebte noch einmal die noch gar nicht lange zurückliegenden gefahrvollen Momente, da die Meuchelmörder versucht hatten, ihn zu töten. Sein Lachen klang brüchig. Er legte eine Hand auf die Wange, wo das helle Blut die Schramme verriet, die er sich bei dem Kampf in der Villa zugezogen hatte. »Absolut, Drajak. Durch ihre Taten sind Hargon und Caran nicht länger wert, Dikaster zu sein. Sie haben auf dem Kollegium den Schwur abgelegt, um Bewahrer zu werden und den Geboten Tsung-Tans treu zu dienen. Sie haben diesen Schwur gebrochen. Ich bezweifle sogar, daß sie ein normales Begräbnis erhalten.«
Chiako der Bauch, der Hauptmann der Leibwache des toten Tuong Mishuro, polterte: »Werft sie in den Fluß!«
Der Fluß der Treibenden Blätter, an dem die Stadt Makilorn errichtet worden war, enthielt neben vielen verschiedenen Arten von Fischen die doppelflossigen und gefräßigen Stranks. Jeder, der versuchte, im Fluß ein Bad zu nehmen, würde schnell zu Strankfutter werden.
»Aye!« knurrten die Wachen, die sich in der Tür drängten.
Ich war nicht überrascht.
Dikaster wurden als heilig angesehen, sowohl Bewahrer wie Hargon und Caran als auch Seher wie Tuong Mishuro. Der bedauernswerte Mishuro hatte nicht geglaubt, daß ein Dikaster seinen heiligen Schwur brechen werde. Nun hatte die Verschwörung ihr Ziel erreicht, und sein Vertrauen hatte ihm den Tod gebracht.
Wieder berührte Kuong seine blutverschmierte Wange. »Hier ist es sehr heiß«, sagte er. Ich sprang vor und fing ihn auf, als er stürzte. Seine Augenlider flatterten.
»Wasser!« brüllte ich laut.
Der Zusammenbruch des jungen Trylon schien den Bann im
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