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40 Tage Fasten - von einem, der mal Ballast abwerfen wollte

40 Tage Fasten - von einem, der mal Ballast abwerfen wollte

Titel: 40 Tage Fasten - von einem, der mal Ballast abwerfen wollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timm Kruse
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die Nase voll davon. Als wir
telefonieren, fragt sie: »Können wir nicht einfach mal einen normalen Alltag haben? Entweder du planst gerade eine lange Reise oder du bist gerade auf einer langen Reise oder du bist endlich wieder da . Aber normal ist es mit uns nie!« Ich weiß, dass sie recht hat. Aber ich bin wie gelähmt, mir fällt gerade gar nichts ein. »Und kaum bist du mal länger hier, kriegst du diesen Fastenspleen!« Was soll ich sagen? »Sind ja nur 40 Tage?« Stattdessen frage ich, ob ich heute Abend vorbeikommen soll? »Nein. Ich will kochen«, antwortet Gabi und legt wahrscheinlich gerade eine schöne Gänsebrust in die Pfanne für ihren Salat.
    Es ist Mittag, und ich bin »auf Dreh«. Ich zittere, meine Beine sind schwer. Noch 37 Tage. So wird das nichts. Das Fassungsvermögen meines Geistes liegt weit unter dem meiner Blase. »Deine Pinkelpausen sind sendungsgefährdend«, meint der Kameramann – halb scherzhaft.
    Warum sitze ich eigentlich nicht mit gekreuzten Beinen unter einem Baum und forme mit Daumen und Zeigefinger ein »O«? Sondern diskutiere mit einem lustlosen Kameramann und quäle mich mit einem komplizierten Film über eine neuartige Herz-OP rum?
    Vielleicht weil es nicht weniger qualvoll ist, den ganzen Tag auf der Erde zu sitzen und zu meditieren.
    Meine Kollegen stimmen mir zu. Fast alle sind der Ansicht, dass uns das moderne Leben vergiftet. Vieles, was wir tun und zu uns nehmen, hinterlässt schädliche Rückstände in unserem Körper. Die meisten denken auch, dass Fasten eine gute Möglichkeit ist, Gifte loszuwerden. Dass ich allerdings 40 Tage lang Toxine ausleiten will, halten ausnahmslos alle für übertrieben.
    40 Tage ohne ärztliche Totalüberwachung führen unweigerlich zum Tod, wollte mir heute eine Kollegin unserer Hörfunk-Abteilung weismachen. Langsam geht mir das auf die Nerven. Ich wiederhole einfach stur, dass ich felsenfest davon überzeugt bin, diese 40 Tage ohne Probleme durchzuhalten, und dass ich vollkommenes Vertrauen in mich, meinen Körper und den Prozess des Fastens setze.
    Ein Arztcheck alle zwei Wochen muss reichen! Ich schreibe es, also glaube ich es.
    Der Tag ist furchtbar anstrengend. Ich habe ganz vergessen, zwischendurch zu trinken. Zum Glück bin ich schnell mit den Dreharbeiten im OP durch, führe extrem kurze Interviews mit dem Operateur und dem Patienten, schütte anschließend einen Liter Wasser in mich hinein und schlafe auf der Rückfahrt im NDR-Buli. Danach ist plötzlich die Energie da. Und die gute Laune. Dieser Schub ist einmalig. Aus dem Nichts wird der Körper von Kraft durchflutet, er mobilisiert seine eigenen Reserven. Es ist eine stille Kraft, die tief im Innern auf ihren Ausbruch wartet und die ich nur vom Fasten oder manchmal vom Meditieren kenne.
    Meine Mutter ruft an. Ich heuchele Normalität. Meinen Eltern und Brüdern erzähle ich erst einmal nichts von den 40 Tagen. Meine Fasten-Arie wirkt nach außen spirituell. Von Haus aus bekam ich von solchen Dingen praktisch nichts mit. Meine Familie verbindet mit Spiritualität ungefähr so viel wie Hooligans mit Messdienern.
    Mein kleiner Bruder besitzt als Einziger eine übersinnliche Fähigkeit: Jedes Elektrogerät, das er in die Hände bekommt, gibt in kürzester Zeit seinen Geist auf. Es ist ein unerklärliches Phänomen – vielleicht ist seine Energie nicht kompatibel mit der Energie elektrischer Geräte.
    Mein großer Bruder ist promovierter Ökonom. Aber als er mich neulich fragte, was Meditation eigentlich sei, stellte ich auch bei ihm Defizite fest.
    Mein Vater ist der festen Überzeugung, dass alle Gurus Kriminelle sind, und meine Mutter meint, man müsse sich selbst gar nicht tiefer kennenlernen, es sei doch auch so alles in Ordnung.
    Aber vielleicht liebe ich meine Familie gerade wegen ihrer Bodenständigkeit so sehr. Bei uns zu Hause wurden nie Gefühle vorgetäuscht. Wer schlechte Laune hatte, durfte sie ausleben. Wer gut gelaunt war, durfte die anderen anstecken. Und wer gar keine Launen hatte, wurde in Ruhe gelassen.
    Es gab aber auch viel Stunk mit meinen Eltern, weil ich dazu neige, abzudrehen. Und die 40 Tage Fasten würden mich auch nicht in einem besseren Licht erscheinen lassen.
    Habe ich schon erwähnt, dass meine Eltern und mein jüngerer Bruder Ärzte sind? Den meisten Schulmedizinern braucht man mit solchen Experimenten gar nicht erst zu kommen. Meiner Familie erst recht nicht.
    Nach dem nichtssagenden Gespräch mit meiner Mutter durchforste ich meine

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