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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wandte sie ihr Gesicht dem neben ihr Stehenden zu, schaute freundlich zu ihm auf und fragte: „Ich kenne einen Dichter Ben Masuhl. Aber weder die Münazah noch die Manazah scheinen ihn zu beachten. Ist er vielleicht dir bekannt?“
    „Ich bin's“, antwortete er einfach. „In der Ferne liebt man mich. In der Heimat will mich keiner.“
    Also darum wußte er so genau, daß Merhameh ‚in den Versen aller Dichter lebt‘! Sie senkte den Kopf und schwieg eine kleine Weile. Dann sagte sie: „So kann nicht ich, sondern nur du allein dich retten – – – wenn Allah es will! Begreifst du das?“
    „Nein“, antwortete er.
    „Du wirst es begreifen lernen, falls du wirklich Dichter bist. Die Zeiten sind vorüber, in denen die Poesie des Raubes und des Mordes durch die Steppen ritt und unter den Zelten der Wüstenstämme kampierte. Kein Räuber und Mörder darf sein Gesicht mehr hinter der Heldenlarve verstecken. Du bist jetzt Dichter und Mörder, aber nicht mehr Dichter und Held. Und wo Menschen dir verzeihen, darf Allah dir nicht verzeihen. Merke dir eines: Die Gnade und Barmherzigkeit ist nur für innerlich kleine Leute; wer aber groß zu denken und groß zu werden hat, der bleibt der göttlichen Gerechtigkeit nicht einen Para schuldig. Ich kann dich heut nur körperlich befreien, doch vor Allah bist du Gefangener, bis du bezahlst, was du ihm schuldig bist. Dichter haben groß zu sein; vor allen Dingen in sich selbst. Wer so, wie sie, das edelste Gold und die herrlichsten Diamanten aus voller, freier Hand verschenkt, hat nicht das Recht, der Schuldner Gottes zu sein. Darum frage ich dich noch einmal: Ist dir der Dichter Ben Masuhl bekannt? Bist du es wirklich? Oder bist du es nicht?“
    Er war still. Es verfloß eine längere Zeit im Schweigen. Dann holte er tief Atem und sprach: „Allah sei es, der entscheidet und dir beantwortet, was du mich fragst!“
    Da machte sich oben auf dem Gerichtsplatz eine Bewegung bemerklich. Die Beratung war bis zu einem gewissen Abschluß gelangt. Der Scheik kam herab, um ihn uns mitzuteilen. Man war damit einverstanden, daß Ali Ben Masuhl freizugeben sei, sofort und vollständig frei, aber nur, um das Versprechen einzulösen, welches man Merhameh beim Mir von Ardistan gegeben hatte. Die Todfeindschaft mit den Manazah aber solle bestehen bleiben, der Kampf mit ihnen beginnen. Da erhob sich Merhameh von ihrem Platz.
    „Komm wieder mit hinauf!“ bat sie den Scheik. „Wenn die Barmherzigkeit durch Liebe nichts erreicht, kann sie auch drohen. Wenn sich die Münazah etwa für Götter halten, muß ich ihnen zeigen, daß sie Menschen sind! Die umliegenden Völker sind es müd geworden, nur immer die Waffen klirren zu hören. Ich habe zu warnen! In kurzer Zeit bin ich wieder hier und werde dann sofort zur Ruhe gehen, denn morgen brechen wir beizeiten auf. Sagt, bitte, das dem Diener!“
    Sie kehrte mit dem Scheik nach der Höhe zurück. Halef holte den Diener, der ihr im Zelt die Lagerstatt bereitete und sich dann vor den Eingang niederlegte, um, selbstlos wie ein wachsam treuer Hund, ihr Schutz und Schirm zu sein. Als droben ihre Stimme wieder erklang, war es ein sehr energischer Ton, in dem sie sprach; das hörten wir. Und, wie sie gesagt hatte, kam sie sehr bald wieder. Sie gab uns allen dreien die Hand, uns gute Nacht zu sagen, und fügte hieran den Bescheid: „Es ist erreicht. Ich habe ihnen die Folgen gezeigt. Bei wem vorher das Herz nicht zu rühren war, bei dem wirken nun die Einsicht und der Verstand.“
    Sie zog sich in ihr Zelt zurück, und kaum war dies geschehen, so verteilten sich die Ältesten unter das Volk, um die Nachricht zu verbreiten, daß Friede zwischen den Münazah und Manazah gefordert werde und von den mächtigen Nachbarstämmen gedroht worden sei, daß sie sich diesen Frieden nötigenfalls erzwingen würden. Dann ergoß sich das Volk unter lärmenden Rufen von der Höhe in das Tal, um heimzukehren. Wir aber erhielten diese Kunde von dem Scheik selbst, der sich in diesen Ausgang der Sache vollständig gefunden hatte, obgleich, wie ich nach und nach immer deutlicher merkte, der Grund alles Übels in seinem eigenen Haus lag, in seiner eigenen, herrschsüchtigen, stolzen – – – Frau!
    Wir gefielen ihm, und er uns auch. Er lud uns nicht zu sich, sondern sich zu uns in unser Zelt, wo wir bis nach Mitternacht bei der Wasserpfeife und beim frugalen Spätessen saßen und uns lebhaft unterhielten. Nicht etwa über gewöhnliche Dinge, o nein! Sondern über

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