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Intruder 2

Intruder 2

Titel: Intruder 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Zweiter Tag

    Der Junge hatte kein Gesicht mehr.
    Wo es gewesen war, gähnte eine schreckliche, nasse rote Wüste, in der der Mund und die leeren Augenhöhlen blutige Krater bildeten. Auf seinem fast skalpierten Schädel waren nur noch wenige, blutige Haarbüschel, dafür umflatterten ihn losgerissene Hautfetzen wie ein neuer, grässlicher Haarkranz.
    Als sich der Junge bewegte, rollte der fast abgerissene Schädel haltlos von einer Seite auf die andere.
    Mike war sich in jeder Sekunde der Tatsache bewusst, dass er träumte, aber anders als in einem normalen Albtraum half ihm dieses Wissen nicht, den Traum abzuschütteln. Im Gegenteil: Es machte ihm nur klar, dass er vollkommen hilflos war. Aus-geliefert.
    Der tote Junge torkelte wie ein Betrunkener auf ihn zu, langsam und in einem scheinbar ziellosen Hin und Her, aber trotzdem unaufhaltsam näher kommend. Er war nicht betrunken. Er war tot, überrollt und in den Boden gerammt von vierhundert Pfund Stahl und Chrom, und seine zerbrochenen Knochen und gerissenen Muskeln ließen sich nicht mehr richtig koordinie-ren.
    Er näherte sich nur langsam, aber er kam näher.
    Mike andererseits war nicht fähig, auch nur einen Muskel zu rühren. Er blinzelte nicht. Er atmete nicht, und auch sein Herz schlug nicht. In der trostlosen Albtraumwelt, in der er gefangen war, war Leben nicht möglich, denn es war das Land der Toten, eine graue Einöde unter einem sonnenlosen Himmel, in der die Zeit keine Bedeutung hatte und in der nur die Furcht regierte Das Andere Land der Anasazi.
    Er wusste, dass etwas unvorstellbar Grauenhaftes geschehen würde, wenn der tote Junge ihn berührte, nicht nur in diesem Traum, sondern auch in der Wirklichkeit, von der er so weit entfernt war wie ein Tiefseefisch vom heißen Herzen der Sonne.
    Der tote Junge kam unaufhaltsam näher. Mike wollte schreien, aber auch das konnte er nicht. Hilf- und regungslos musste er zusehen, wie sich die Albtraumgestalt in einem torkelnden Zickzack auf ihn zuschleppte, wobei sie schmierige rote Fu-
    ßabdrücke auf dem Boden hinterließ. Sie hob die Arme, um nach ihm zu greifen. Ihr linker Arm führte die Bewegung auch gehorsam aus, aber der andere war im Ellbogengelenk gebrochen, der Oberarm bewegte sich schief in der zerschmetterten Schulter, der Unterarm und die Hand pendelten haltlos hin und her. Die andere Hand hatte nur noch zwei Finger, die drei anderen waren abgerissene blutige Stümpfe, die sich unaufhaltsam Mikes Gesicht näherten. Sie rochen nach Blut, nach warmem Fleisch, heißem Metall und Öl, und gerade, als sie sein Gesicht zu berühren drohten
    schlug er die Augen auf und fand sich schweißgebadet und mit hämmerndem Puls auf der anderen Seite der Albtraumbar-riere wieder Jetzt konnte er atmen Sein Herz schlug so hart, dass es wehtat, und sein Hals schmerzte, als hätte er laut geschrien. Frank saß in Unterhemd und Shorts neben ihm auf der Bettkante, hatte den rechten Arm aufgestützt und blickte auf eine Art auf ihn herab, die Mike mehr als nur unangenehm war.
    Er sah müde aus, aber auch sehr besorgt, und es war genau diese Mischung, die Mike die Situation peinlich erscheinen ließ.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Frank. Seine Stimme war die eines besorgten (und leicht übermüdeten) Vaters, der die ganze Nacht am Bett seines kranken Kindes Wache gehalten hatte.
    Nichts war in Ordnung, rein gar nichts. Und es würde auch nie wieder in Ordnung kommen Mike nickte trotzdem, richtete sich benommen auf und sog hörbar die Luft zwischen den Zähnen ein. Er versuchte erst gar nicht, die Quelle der einzelnen Schmerzen zu lokalisieren, die durch seinen Körper schossen. Keiner war für sich genommen besonders schlimm, aber zusammen waren sie die reinste Qual. Mike musste sich stark beherrschen, um nicht laut aufzustöhnen.
    »Ich glaube, ich ziehe die Frage lieber zurück«, sagte Frank
    »Und die nächste stelle ich erst gar nicht. «
    »Ob ich gut geschlafen habe?« Mike unterdrückte im letzten Moment den Impuls, den Kopf zu schütteln. Seine Schläfen pochten unangenehm. Wenn er sich zu heftig bewegte, würde sein Schädel vermutlich explodieren wie ein Behälter voller Nitroglycerin.
    »Habe ich etwa geschrien?«
    Frank grinste »Sagen wir lieber gequietscht. Wundert mich kein bisschen. Kaffee?«
    »Was für eine Frage Du weißt doch, dass ich vor meinem ersten Kaffee kein Mensch bin. «
    »Vor deiner ersten Kanne, meinst du. « Frank stand auf und angelte in der gleichen Bewegung nach seiner Hose, die er

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