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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Juarez auf alle Fälle finden. Aber ich bitte Sie, strenge Wache zu halten. Nimmt man mich da drüben fest, so hat man die Absicht, sich Ihrer Ladung zu bemächtigen, man wird Sie also während der Nacht zu überfallen versuchen.“
    „Wir werden nicht schlafen, sondern wachen.“
    „Laden Sie Ihre Geschütze mit Kartätschen, und zwar sofort, aber so, daß man es drüben nicht bemerkt. Die Geschütze sind übrigens mit Wachsleinwand zugedeckt. Man wird also gar nicht merken, was vorgeht.“
    „Aber Sie? Ich befürchte sehr Schlimmes für Sie!“
    „Haben Sie ja keine Sorge. Mich hält man nicht fest. Selbst wenn man mich gefangen nehmen will, werde ich entkommen. Ich eile dann zu Juarez.“
    „Aber wie wollen Sie zu diesem gelangen?“
    Der Gefragte schoß einen Strahl von Tabaksbrühe über Bord und antwortete: „Zu Pferd natürlich.“
    „Aber Sie haben ja kein Pferd.“
    „Ich nicht, aber die da drüben. Übrigens kenne ich die Ecke, welche zwischen hier und dem Sabinafluß liegt, sehr genau. Es ist jetzt noch leidlich licht. Ehe es Nacht wird, erreiche ich die Prärie und bin, wenn das Pferd nur leidlich ist, mit Tagesanbruch bei Juarez. Dieser wird dann jedenfalls sofort aufbrechen, um diese Kerls beim Schopf zu nehmen.“
    „Aber wie soll ich wissen, ob man Sie feindlich behandelt, und ob Sie entkommen sind?“
    „Die feindliche Behandlung werden Sie mit den Augen sehen, das Entkommen aber mit den Ohren hören. Sitze ich einmal auf dem Pferd, so werde ich ganz sicher nicht eingeholt. Ist Ihnen der Schrei des mexikanischen Geiers bekannt?“
    „Ja, sehr gut.“
    „Nun, wenn ich einen solchen Schrei ausstoße, so bin ich frei, beim zweiten sitze ich zu Pferde, und beim dritten bin ich in der festen Überzeugung, daß ich entkommen werde. Hören Sie dann aus der Ferne noch einen vierten Schrei, so ist dies ein Zeichen, daß ich mich zu Juarez unterwegs befinde.“
    „Wir werden scharf aufpassen, Master.“
    „Gut. Also kann das Abenteuer beginnen.“
    Er griff in die Tasche seiner funkelnagelneuen Stoffhosen, zog eine riesige Rolle Kautabak hervor und biß sich ein gehöriges Stück herunter.
    „Aber, Sir, ein Lord kaut gewöhnlich nicht“, lachte Amy.
    „Pah! Ein Lord kaut auch“, antwortete er. „Warum sollte sich gerade ein Lord den feinsten Lebensgenuß versagen? Alle Lords kauen, aber sie lassen es vielleicht den Damen nicht merken.“
    Er nahm den Regenschirm unter den Arm und sprang in das Boot.
    „Viel Vorsicht!“ warnte ihn der Lord noch.
    „Sie ebenso, Mylord!“ antwortete er, dann gab er den beiden Männern, welche noch wartend im Boot saßen, das Zeichen, die Ruder einzulegen.
    Das kleine Fahrzeug glitt schnell durch die Flut und erreichte in kurzer Zeit das Ufer.
    Der scheinbar verunglückte Mexikaner hatte diesen Augenblick mit größter Ungeduld erwartet. Seine Augen funkelten mordlustig, und er murmelte:
    „Ah, endlich. Aber diese Engländer sind doch verflucht alberne Kerls. Sogar hier im Urwald können sie ihre Mucken nicht lassen, der Spleen bringt sie noch alle um den Verstand. Teufel! Hat der Kerl eine lange Nase!“
    ‚Geierschnabel‘ stieg an das Ufer und kam, während seine beiden Ruderer im Boot zurückblieben, langsam auf den an der Erde liegenden zugeschritten. Er hatte den Bootsleuten befohlen, sofort zu fliehen, wenn sich etwas Feindseliges zeigen sollte. Er verzichtete also in diesem Falle von vornherein darauf, sich auf das Boot und mit demselben zu retten.
    Der Kranke tat, als ob er sich nur mit Mühe auf den Ellbogen erheben könne.
    „O Señor, welche Schmerzen habe ich zu leiden!“ stöhnte er.
    ‚Geierschnabel‘ ließ den Klemmer bis vor auf die Nasenspitze rutschen, betrachtete sich den Mann mit einem sehr scharfen Blick, stieß ihn mit dem Ende seines Regenschirmes leise an und sagte im schnarrenden Ton:
    „Schmerzen? Woe! Tut weh?“
    „Natürlich!“
    „Ah! Miserabel! Sehr miserabel! Wie heißt?“
    „Ich?“
    „Yes.“
    „Frederico.“
    „Was bist?“
    „Vaquero.“
    „Bote von Juarez?“
    „Ja.“
    „Welche Botschaft?“
    Der Mexikaner zog ein Gesicht und stöhnte, als ob er die fürchterlichsten Qualen zu ertragen habe. Dies gab ‚Geierschnabel‘ Zeit, die Umgebung zu mustern.
    Es gab keine auffälligen Spuren in der Nähe, und auch am Rand des Waldes war nichts Verdächtiges zu bemerken. Endlich antwortete der Mann:
    „Sind Sie denn auch Lord Lindsay?“
    „Ich bin Lindsay.“
    „Wirklich?“
    „Wirklich! Was hast du zu

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