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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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stets in der Mitte des Stromes bleiben. Sind Ihre Leute gut bewaffnet?“
    „Ja, alle. Übrigens habe ich Geschütze auf den Booten stehen. Wir haben also gar nichts zu befürchten, Master ‚Geierschnabel‘.“
    „Das sollte man denken, doch wollen wir trotzdem nichts versäumen. Treffen Sie die Vorbereitungen zur Abfahrt, ich werde nach den Übrigen sehen.“
    Er begab sich von Boot zu Boot und traf unter den für die Fahrt angeworbenen Leuten mehrere Bekannte. Auch die anderen machten den Eindruck auf ihn, daß man sich auf sie verlassen könne. Er erteilte dem Steuermann des zweiten Dampfbootes den Befehl, sich möglichst dicht hinter dem ersten Train zu halten, und kehrte dann zu dem Lord zurück.
    Nun wurden die Schlepptaue ausgegeben und die Kähne aneinander gehängt. Die Bootspfeife gab das Zeichen, die Anker zu heben, und bald setzten sich die beiden Züge, einer hinter dem anderen, stromaufwärts in Bewegung.
    Es war zwar dunkel, aber einige Sterne leuchteten, und der eigentümliche Glanz des Wassers bot Anhalt genug, sich zu orientieren.
    Vorn am Bug stand ‚Geierschnabel‘, um fleißig auszuschauen, und neben ihm hatte Amy Platz genommen. Sie fragte ihn nach hundert und aberhundert Kleinigkeiten, und jetzt sah der Jäger ein, daß es noch außerordentlich viel zu berichten gab, was er gar nicht für der Rede wert gehalten hatte. –
    Wenn man von Rio Grande de City, welche Stadt am linken Ufer des Flusses liegt, stromaufwärts fährt, so trifft man am rechten Ufer bald auf den Ort Mier. Von da an aber legt der Strom eine Strecke von wohl fünfzehn deutschen Meilen zurück, ehe man nach Revilla und Belleville gelangt, wo der Sabinafluß in den Rio Grande fällt.
    Auf dieser langen Strecke sieht man fast nur Wald an beiden Ufern stehen. Dieser Wald ist mit dichtem Buschwerk eingesäumt, aber in nur geringer Entfernung vom Fluß hört dasselbe auf, und der Hochwald erhebt seine riesigen Stämme wie gigantische Säulen gen Himmel.
    Unter diesem Säulendach ist das Fortkommen selbst zu Pferd leicht, während das Ufergestrüpp die Schnelligkeit außerordentlich beeinträchtigt.
    Im tiefen Schatten dieses Waldes ritt eine ansehnliche Reiterschar parallel mit dem Flußufer stromaufwärts. Sie waren alle sehr gut bewaffnet, aber ihre Pferde schienen ungewöhnlich angegriffen zu sein.
    Zwei ritten an der Spitze. Der eine von ihnen war Pablo Cortejo, der lächerliche Prätendent der Präsidentschaft von Mexiko. Seine Züge waren düster, er schien sich in sehr schlechter Stimmung zu befinden. Auch jedem einzelnen seiner Leute sah man es an, daß sie die üble Laune ihres Anführers teilten. Dieser führte mit seinem Nachbar eine halblaute Unterhaltung, bei welcher sich mancher Fluch hören ließ.
    „Verdammter Einfall, zwei Dampfer vorzuhängen!“ sagte Cortejo.
    „Das möchte noch sein, Señor“, meinte der andere. „Noch verdammter aber ist der Einfall, niemals an das Ufer zu legen. Wir hatten auf eine nächtliche Überrumpelung gerechnet. Damit aber ist es nichts!“
    „Der Teufel hole diesen Engländer. Reiten wir von San Juana mit ihm um die Wette, treiben unsere Pferde fast in den Tod, und alles ohne Erfolg.“
    „Wir können ihn nur durch List fangen, Señor.“
    „Dein Vorschlag taugt auch nichts. Der Engländer legt doch nicht an.“
    „Das soll er auch nicht. Er soll nur selbst an das Ufer kommen.“
    „Er wird es nicht tun.“
    „Das laßt nur meine Sorge sein, Señor.“
    „Also du wolltest das wirklich wagen?“
    „Ja, aber natürlich gegen die versprochene Belohnung.“
    „Die sollst du haben. Wann kommen wir an den Ort?“
    „In einer halben Stunde. Er ist ganz geeignet zu unserem Vorhaben. Ich bin einmal vorüber gekommen und habe eine Nacht dort kampiert.“
    „Deine Ansicht scheint mir nicht ganz unrichtig zu sein. Fangen wir den Engländer, so ist das andere auch unser. Aber ihn nur erst haben.“
    „Wir bekommen ihn, Señor, ich bin überzeugt davon.“
    Der Mann hatte die Zeit richtig bestimmt. Nach Verlauf einer halben Stunde erreichten sie eine Stelle, an welcher der Fluß eine sehr scharfe Krümmung machte. Die dadurch entstandene, in das Wasser hineinragende Halbinsel bestand, wie man sich denken kann, aus felsigem Boden und war nur mit einem niedrigen Pflanzenwuchs besetzt. Diese Stelle bot einen freien Ausblick über die ganze Breite des Flusses, konnte aber auch von diesem letzteren aus deutlich überblickt werden. Erst etwa fünfzig Schritte von dem Ufer begann

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