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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wunder, daß nicht wissen. Lord nur ältester Sohn, spätere Söhne nicht Lord.“
    „So sind Sie der spätere Sohn eines Lindsay?“
    „Yes.“
    „Wie ist Ihr Vorname?“
    „Sir David Lindsay.“
    „Hm! Ist es so! Aber Sie sehen Ihrem Bruder ganz und gar nicht ähnlich.“
    ‚Geierschnabel‘ spuckte hart am Gesicht des Sprechers vorüber und antwortete: „Nonsense, Unsinn!“
    „Wollen Sie dies leugnen?“
    „Yes!“ nickte er.
    „Sie leugnen, Ihrem Bruder nicht ähnlich zu sehen?“
    „Leugne dies allerdings sehr!“
    „Inwiefern? Warum?“
    „Pah! Haben Unrecht! Nicht ich bin Bruder unähnlich, sondern er sieht nicht aus wie ich!“
    Cortejo fand zunächst zu dieser Art von Auffassung gar keine Antwort. Er wäre am allerliebsten mit einer Grobheit herausgeplatzt, aber die Sicherheit und Furchtlosigkeit des Engländers imponierten ihm. Er sagte daher nach einer kurzen Pause:
    „Aber ich erwarte doch Ihren Bruder.“
    „Lord Henry?“
    „Ja.“
    „Warum ihn erwarten?“
    „Ich erfuhr, daß er es sei, welcher die Ladung begleiten werde.“
    „Irrung. Ich bin es!“
    „Miß Amy sollte bei ihm sein.“
    „War bei ihm.“
    „Wer ist die Dame, welche man von hier aus auf dem Verdeck sieht?“
    „Eben Miß Amy.“
    „Aber wo ist dann ihr Vater?“
    „Bereits bei Juarez.“
    „Ah! Also ist er bereits voran! Wo befindet sich Juarez?“
    „Weiß nur, daß er in El Paso del Norte ist.“
    „Und wie weit soll Ihre Ladung gehen?“
    „Bis Fort Guadeloupe.“
    Da ging ein höhnisches siegesgewisses Lächeln über das Gesicht Cortejos.
    „So weit wird sie allerdings wohl nicht kommen.“
    „Wie weit sonst?“
    „Sie werden sie nur bis hierher bringen. Sie werden sie hier landen und mir alles übergeben.“
    Der Engländer warf einen Blick im Kreis herum. Dieser Blick schien außerordentlich gleichgültig, fast geistesabwesend zu sein, und dennoch besaß er eine verborgene Schärfe, mit welcher der schlaue Jäger sämtliche Pferde musterte. In diesem Augenblick wußte er bereits, welches dieser Tiere er sich bemächtigen werde.
    „Ihnen übergeben?“ fragte er dann. „Warum Ihnen?“
    „Weil ich alles sehr notwendig brauche, was Sie bei sich führen.“
    „Ah, sehr notwendig? Kann aber leider nichts verkaufen. Gar nichts!“
    „O, Señor, um das Verkaufen handelt es sich gar nicht. Ich werde viel mehr die ganze Ladung mitsamt den Dampfern und Booten geschenkt erhalten.“
    „Geschenkt? Ich verschenke nichts.“
    „O doch, denn ich werde Sie dazu zwingen!“
    „Zwingen?“ fragte der Engländer mit der gleichmütigsten Miene. Dabei zuckte er die Achseln, spitzte den Mund und spritzte einen gewaltigen Strahl von Tabaksbrühe so kunstgerecht aus, daß dieser Saft den oberen Teil von Cortejos Hut traf und dann von der breiten Krempe desselben herabtropfte.
    „Donnerwetter!“ rief der Getroffene. „Was fällt Euch ein! Wißt Ihr, was das für eine Beleidigung ist?“
    „Geht weg!“ sagte ‚Geierschnabel‘ ruhig. „Bin Englishman. Gentleman kann spucken, wohin will. Wer nicht will getroffen sein, kann ausweichen.“
    „Ah! Diese Mode werden wir Ihnen abgewöhnen! Ihr habt jetzt zu erklären, daß Ihr die Ladung mir übergeben wollt!“
    „Tue es nicht!“
    „Ich zwinge Euch! Ihr seid mein Gefangener!“
    „Pchtsichchchchchch!“ fuhr ihm ein neuer Strahl gerade an der Nase vorüber. ‚Geierschnabel‘ nestelte abermals an seinem Regenschirm herum und sagte:
    „Gefangener? Weiß gar nichts davon!“
    „So sage ich es Euch hiermit!“
    „Ah! Interessant! Sehr interessant! Habe längst einmal gefangen sein wollen!“
    „Nun, dann ist Ihr Wunsch ja in Erfüllung gegangen. Sie haben jetzt Ihren Leuten zu befehlen, daß sie nicht weiter fahren!“
    „Gut werde es tun!“
    Er sagte dies in einem Ton, als sei er ganz und gar mit dem Mexikaner einverstanden. Er nahm den Regenschirm unter den Arm, legte die beiden Hände an den Mund und rief so laut, daß man es sehr deutlich auf dem Dampfer verstehen konnte, über das Wasser hinüber:
    „Hier halten bleiben! Pablo Cortejo ist es!“
    Der Genannte faßte ihn am Arme und riß ihn zurück.
    „Alle Teufel! Was fällt Ihnen ein! Wozu brauchen diese Leute denn zu wissen, wer ich bin?“
    „Warum haben Sie es denn gesagt?“ fragte der Engländer höchst gleichmütig.
    „Doch nicht, damit Sie es weiterbrüllen! Übrigens meinte ich nicht bloß, daß die Boote hier halten sollen. Ich meine vielmehr, sie sollen hier

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