48 - Die Fehde von Antares
Höhleneingangs hatten uns gerettet. Die volle Wucht der Druckwelle war abgelenkt worden. Ich bin der festen Überzeugung, daß wir ohne diesen glücklichen Umstand den Tod gefunden hätten.
Ich wußte auch, woher diese seltsame Stille kam.
Die gewaltige Feuersäule saugte Luft in ihr Inneres. Statt zu Tode gequetscht zu werden, schwebten wir nun in der Gefahr, aus der Höhle hinausgesaugt und in den Abgrund geschleudert zu werden.
Durch den vielen Staub in der Luft und den atmosphärischen Druckverlust fiel das Atmen immer schwerer. Ich lud mir Partagus wieder auf die Schulter und eilte entschlossen auf den mittleren Tunneleingang im hinteren Teil der Höhle zu. Ich hatte die dunkle Öffnung gerade betreten, als ein blaues Licht aufflackerte.
Das Auge lag zerbrochen am Boden, den glasigen Bruchstücken entströmte kein türkisfarbener Schein.
Aus dem blauen Oval schälten sich feste Umrisse heraus, und eine geliebte Gestalt wurde erkennbar. Delia! Schon einmal hatte W'Watchun ein Trugbild von Delia von Delphond, Delia von den Blauen Bergen, geschickt – damals hatte ich mich gerade auf der Flucht vor den Tchekedos befunden. Der Zauberer hatte mich mit Hilfe dieser List gefangennehmen können. Und jetzt hob das Delia-Phantom die Hand und streckte sie mir abwehrend entgegen.
Im Begriff, tiefer in den Tunnel hineinzulaufen, blieb ich abrupt stehen.
Gebieterisch bedeutete mir Delia mit der erhobenen Handfläche, daß ich mich aus dem Tunnel zurückziehen sollte.
Ich verstand sofort.
W'Watchun übersandte mir eine Warnung. Ich griff Partagus fester, sprang aus dem Tunnel hinaus und sah mich leicht atemlos um.
Ein Grollen näherte sich wie Donner an einem wolkenlosen Tag. Die Tunneldecke erbebte. Risse spalteten den Felsen und breiteten sich mit täuschender Langsamkeit aus. Die Decke klaffte auf. Steine und Staub regneten in einer Lawine der Zerstörung herab – genau zwischen mir und dem Delia-Phantom. Der Eingang wurde verschüttet.
Das rote Licht verlor an Kraft. Staubschwaden nahmen mir die Sicht. Ich spuckte Dreck und war versucht, mir die tränenden Augen zu reiben, ließ es aber sein.
Links oder rechts?
Der mittlere Tunnel war mittlerweile völlig blockiert. Ich rückte Partagus zurecht und wählte den linken Eingang.
Langsam hörte der Boden unter unseren Füßen auf, sich wie ein Schweber in einem Rashoon aufzubäumen. Ich tastete mich blind vorwärts, fühlte Felsen, und dann erschien geistergleich ein weißer Lichtpunkt vor mir.
Guter alter W'Watchun, dachte ich, und das trotz meiner Erfahrungen mit dem Illusionszauberer.
Die Lampen sorgten nur für wenig Licht, die Dochte hätten dringend ersetzt werden müssen. Doch je tiefer wir uns in den Tunnel wagten, desto heller wurde es. Der Boden erwies sich als uneben und mühsam begehbar. Schließlich stellte ich Partagus ab, durchtrennte seine Fußfesseln und knurrte ihm ins Ohr: »Ab jetzt kannst du laufen, Zauberer!«
W'Watchun war schlau gewesen. Er hatte gewußt, daß ich jeden von Delia geäußerten Befehl blindlings befolgen würde. Seine Zauberkunst reichte aus, um ihr schönes Gesicht und ihre schlanke Gestalt nachzubilden. Sie hatte mich gerettet. Ohne ihr Eingreifen hätte ich jetzt als blutiges, zerschlagenes Bündel in dem Mitteltunnel gelegen, zerquetscht wie eine Fliege von einem rauhen Daumen.
Partagus stolperte vor mir her. Nach all unseren Strapazen befand er sich in ganz ordentlicher Verfassung. Ich zumindest fühlte mich ehrlich gesagt wie nach einem Tanz mit dem Teufel. Das Ausmaß des Glücks, das wir in der Höhle gehabt hatten, war noch immer schwer zu begreifen.
Was mochte sich jetzt wohl in Mak Khons Feldlager abspielen?
Die Zauberer hatten mittlerweile vermutlich das Bewußtsein wiedererlangt. Durch die Entführung ihres Anführers fehlte ihnen das nötige Kharma, um die Abwehrmagie im Innen des Berges überwältigen zu können. Der Wall um Winlan war gerettet, wofür ich Zair dankte!
Wir kamen zu einer schmalen unebenen Stelle, wo die Lampen fast erloschen waren. Partagus stieß sich den Kopf an einer vorragenden Felskante und stieß einen Schrei aus, der von dem Knebel gedämpft wurde. Er stürzte zu Boden.
Verflixt, dachte ich, griff dem Zauberer unter den Arm und hob ihn auf die Beine. Wir gingen weiter, doch er bewegte sich zusehends langsamer. Schließlich lud ich ihn mir wieder über die Schulter, schärfte ihm ein, sich zu benehmen, wenn er keine böse Überraschung erleben wollte, und kam so schneller
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