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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vor und neben ihn, von rechts und von links. Erst jetzt dachte er an sein unverhülltes Gesicht.
    Der Herzog und die Herzogin, Otto von Rodenstein nebst Flora, seiner Frau, Sternaus Schwester, sie alle eilten auf ihn zu, ihre Masken entfernend, um von ihm erkannt zu werden. Sie glaubten, daß er nichts von ihrer Verkleidung wisse. Zu ihnen gesellte sich ein Präriejäger und ein Wilddieb mit einer ungeheuren Nase, Ludewig und sein Herr, der Rodensteiner.
    Er wurde von ihnen mit hundert Fragen bestürmt, welche so durcheinander geschleudert wurden, daß er auf keine einzige mit Bedacht zu antworten vermochte, bis endlich Rettung erschien. Sternau mit Frau und Tochter, welche eintraten, auch ohne Hülle vor ihren Gesichtern. Auch sie hatten vergessen, sie wieder anzulegen. Kaum wurden sie bemerkt, so eilte Flora von Rodenstein auf den Herzog, ihrem Vater, zu.
    „Papa! Vater!“ rief sie. „Schau hin, wer da kommt. Erkennst du ihn? Kennst du ihn noch?“
    Zugleich flog sie auf Sternau zu, warf ihm die Arme um den Nacken und schluchzte unter Tränen:
    „Carlos, mein Bruder, mein lieber, lieber Bruder!“
    Sternau wollte erstaunt zurückweichen, da wurde er noch von vier Armen umschlungen.
    „Mein Sohn! Mein Karl! Ist es wahr?“ schluchzte seine Mutter.
    „Mein Arzt und Retter! Mein Wohltäter! Mein Sohn!“ So klang es aus dem Mund des Herzogs.
    Sternaus einfache, anspruchslose Schwester fand gar keinen Raum, zu ihrem Bruder zu gelangen. Es dauerte eine lange Zeit, ehe der Sturm sich legte, den das Erscheinen Kurts und Sternaus hervorgerufen hatte. Diese Aufregung wurde eigentlich erst durch das Erscheinen des Großherzogs besiegt, der mit seiner Gemahlin und einigen bevorzugten Herren kam, um zu gratulieren.
    Jetzt erst kam es zu einem geordneten Reden und zu einem wirklich zusammenhängenden Bericht. Es ist leicht erklärlich, daß man bis zur Morgenstunde beisammenblieb, und da kamen nun auch die Personen zur Geltung, welche bisher in zweiter Reihe gestanden hatten: Resedilla und Pirnero, welche sich glücklich von Pirna hierhergefunden hatten, der ‚Schwarze Gerard‘, der ‚Kleine André‘, die beiden Häuptlinge und Karja. Außer Geierschnabel war auch Grandeprise zugegen, welcher mit nach Spanien gegangen war, um gegen Landola, seinem teuflischen Stiefbruder, zu zeugen.
    Was aber war aus diesem Landola, aus Gasparino Cortejo und Clarissa, was aus dem falschen Alfonzo, ihrem Sohn, geworden?
    Sternau, im Verein nach all diesen Personen gefragt, antwortete:
    „Die Entscheidung ist gefallen, und die Beweise sind geführt: Unser Mariano ist Graf Alfonzo de Rodriganda. Er mußte, um das Allernötigste zu ordnen, in Rodriganda bleiben, wird aber in einigen Tagen mit Amy Lindsay, seiner Braut, und ihrem Vater, dem Lord, hier eintreffen. Ich sehe zu meinem Erstaunen, daß aus dem einfachen Doktor Sternau ein Herzogssohn geworden ist. Unsere Schicksale haben uns gelehrt, daß der Mensch nur soviel wert ist, als er wiegt, und daß Rang, Stand und Besitz nur eine nebensächliche Bedeutung besitzen. Daher wird es keinem von uns überraschen, daß Kurt, der Steuermannssohn, mein und unser aller Retter, durch das, was er für uns tat, sich uns allen ebenbürtig gestellt hat. Unserer Feinde wollen wir nur kurz gedenken. Clarissa spinnt für lebenslang Flachs im engen Kerker, Landola und Cortejo sind unter der Hand des Henkers gefallen, und Alfonzo, der falsche Graf, büßt seine Taten als Sträfling ohne Aussicht auf spätere Begnadigung. Sie haben ihren Lohn; darum soll auch unser Kurt den Lohn empfangen, welcher ihm verheißen worden ist. Eine herzogliche Prinzessin von Olsunna muß Wort halten. Röschen, stehe auf, und sage unserem Retter, daß er von uns die Erlaubnis empfängt, dir sein Andenken an die Höhle des Königsschatzes an Eurem Ehrentage als Brautgeschmeide anzulegen. Gott segne Euch, so wie er uns alle fortan beschützen möge.“
    Die Wirkung dieser Worte läßt sich unmöglich beschreiben. Alles rief, staunte, fragte, gratulierte, weinte und lachte. Aber zwei standen in der Ecke des Saales, in Liebe umschlungen, und weinten heiße Zähren der Herzenswonne und des Dankes gegen Gott: die einfachen Eltern Kurts, deren Glück nur dadurch gesteigert werden konnte, daß Waldröschen herbeikam, sie beide herzlich umarmte und küßte und dann zu dem Kreis der anderen zog.
    Die Sonne ging auf. Ihre ersten Strahlen fielen in goldigem Purpur zum Fenster herein auf die so seltsame Versammlung von Personen, welche,

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