49 Stunden
stand jedoch wieder auf und versuchte, sich weiter zu schleppen. Er drehte sich kurz um, sah Dutzende Polizisten oben an den Treppen stehen, hörte einen rufen: ››Stehen bleiben, Caine!‹‹
Sie wussten also Bescheid, wussten, wer er war, dass er Katie entführt hatte. Es war vorbei. Doch dann dachte er an Mexiko.
Er holte seine Pistole aus dem Hosenbund und schoss damit in Richtung der Bullen, während er weiterhin versuchte voranzukommen. Wenn er nur einen erwischte, würde er wenigstens nicht als Verlierer seinen Abgang machen. Er hörte weitere Schüsse und spürte, wie ihn etwas in den Rücken traf. Nun fiel er gänzlich nieder und hatte auch nicht die Kraft, sich wieder hochzurappeln.
Scheiße, tat das weh! Er kannte den Schmerz, war vor Jahren einmal angeschossen worden, in die Schulter, doch er hatte vergessen, wie schlimm es wirklich war.
Er lag da und sah hoch zum Himmel. Er war nun bewölkt. Das Wasser neben ihm tobte, so stürmisch war es.
Tja, nun musste Harry wohl ohne ihn auskommen. Und was würde aus Mexiko werden? Und was aus Ben?
Ein paar Tränen liefen ihm über die Wangen und er redete sich ein, das das nur der Schmerz machte.
Er sah hinüber zu den Cops und … was sollte das? Katie stand plötzlich am Treppengeländer.
Er wollte nicht, dass sie ihn so sah – blutend und am Boden. Er wollte nicht, dass sie sah, wie er dahinraffte. Sie würde noch Albträume davon bekommen.
Er sah ein letztes Mal zu ihr hin, formte mit den Lippen: ››Es tut mit leid!‹‹ und hoffte, dass sie es sah. Dann erhob er sich mit letzter Kraft und warf sich in die Wellen.
***
Susi und Dennis waren auf dem Weg zum Navy Pier. Unterwegs hörten sie Leute aufgeregt reden. Sie hielten eine Frau an: ››Was ist passiert?‹‹
›› Eine Schießerei am Navy Pier. Ich habe gehört, es hat Tote gegeben.‹‹
Susi schrie auf und wurde blass. Dann fing sie an zu laufen.
›› Susi, wo willst du hin?‹‹, rief Dennis ihr nach und begann ebenfalls zu rennen.
Als sie zehn Minuten später am Pier ankamen, standen schon überall Einsatzwagen. Susi versuchte herauszufinden, was passiert war, doch jeder erzählte etwas anderes und die Cops wollten ihr keine Auskunft geben. Der Pier war zudem abgesperrt und sie kam nicht einmal in die Nähe des Riesenrades.
›› Bitte, sagen Sie mir, war ein kleines Mädchen unter den Toten?‹‹
Der von ihr angesprochene Polizist sah sie interessiert an. ››Was wissen Sie und woher?‹‹
›› Ich bin die Nanny von Katie Walters. Sie ist entführt worden und heute Abend um sechs sollte hier die Übergabe stattfinden.‹‹
Dennis sah sie erschüttert und verwirrt an.
›› Wo haben Sie das her?‹‹, fragte der Cop.
›› Wie haben Drohbriefe bekommen. Meine Arbeitgeberin ist Richterin Mary Walters, ich habe mit Staatsanwalt Bradley zusammengearbeitet, undercover sozusagen. Er hat die Polizei eingeschaltet.‹‹
Sie fragte sich, wie sie überhaupt in der Lage war, ein brauchbares Wort herauszubekommen, in ihrem Kopf herrschte nämlich das reinste Chaos. Was war nur geschehen? Sie hoffte nur, dass Katie und Mary am Leben waren.
›› Bleiben Sie genau hier stehen, rühren Sie sich nicht vom Fleck!‹‹, sagte der Polizist ihr und Dennis und wandte sich ab, um in sein Walkie-Talkie zu sprechen.
Zwei Minuten später sah sie einen Mann aus der Absperrung treten, der sich ihr als Detective Keith Shields vorstellte. Er brachte sie durch die Absperrung und den Pier entlang, während ihr Herz so laut schlug, dass Dennis es hören musste, der an der Absperrung zurückgeblieben war.
Keith führte sie den Pier entlang, bis sie bei den Treppen ankamen, die zum Riesenrad hoch führten. Auf den Treppen saßen eine Mutter und ihre Tochter, die weder tot noch verletzt aussahen: Mary und Katie.
Susi schmiss sich auf sie und umarmte sie voller Erleichterung.
›› Wer mag ein Eis?‹‹, fragte jemand. Es war Dillon, der der schwer mitgenommenen Katie ein Eis hinhielt.
Die Kleine sah ihn an, dann das Eis, und dann begann sie zu lächeln.
››Ich mag ein Eis‹‹, sagte sie und nahm es dankbar entgegen. Sie holte ihren Beluga hervor und gab ihm auch ein bisschen davon.
›› Mommy, weißt du einen guten Namen für meinen Beluga?‹‹, fragte sie.
Mary sah überfragt aus.
›› Ich finde, Chipper würde gut passen‹‹, schlug Susi vor.
›› Ja, ein guter Vorschlag, Susi‹‹, stimmte Mary zu. ››Chipper klingt super. Was sagst du, Katie?‹‹
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