5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition)
heran. Versuche zu schreien, doch der Maulkorb dämpft alles, was ich sage.
Und dann schneiden sie. Jeweils einen Schnitt auf jeder Seite. Das Blut spritzt unaufhaltsam, und Gabrielle gibt einen Laut von sich, den ich niemals vergessen werde. Gänsehaut überläuft mich, doch ich sehe unentwegt hin. »Das bin ich ihr schuldig«, sage ich, obwohl ich weiß, dass mich keiner hören kann. »Du bist nicht alleine.«
Als hätte sie mich gehört, hebt sie den Kopf und sieht mich an. Langsam schwindet das Leben aus ihren Augen. Sie ist tot, lange bevor das Blut aufhört zu fließen.
»Ihr Schweine!«, schreie ich laut, nachdem sie mir den Maulkorb wieder abgenommen haben. Für die Beleidigung kassiere ich einen Schlag ins Gesicht. Blut sammelt sich in meinem Mund, und ich spucke es auf den Boden.
Nachdem sie das Ritual beendet hatten, haben sie Gabrielle zu viert vom Tisch gehoben, sie in eine große, schwarze Mülltüte gestopft und in eine Ecke geworfen. Wimmernd habe ich gegen die Gitterstäbe getreten, doch sie haben mich ignoriert. So getan, als wäre ich nicht da. Einer von ihnen hat laut gesagt: »Diese Kreaturen sind unserer Aufmerksamkeit nicht würdig.« Dann haben sie das Blut weggewischt und den Tisch gesäubert. Ihn vorbereitet für ihr nächstes Opfer. Für mich.
Nun drücken sie mich auf den Tisch. Nackt. Die Kleidung haben sie mir schon längst weggenommen. Ich fühle mich schutzlos, während sie mich an die Fesseln ketten, an denen schon Gabrielle und noch andere Mädchen gelegen haben.
Als sie mich aus dem Käfig geholt haben, habe ich versucht mich zu wandeln, doch ohne Erfolg. Und egal, wie sehr ich mich gewehrt und gekämpft habe, ich hatte nicht einmal den Hauch einer Chance.
Nun liege ich auf diesem Tisch. Zittere vor Angst und schäume vor Wut. Ich denke an Keenan und was er in diesem Moment wohl tut. Wahrscheinlich haben sie gar nicht bemerkt, dass ich entführt worden bin, sondern denken, dass ich bei der Arbeit bin. Ich schlucke den Kloß herunter, der sich in meinem Hals gebildet hat. »Nein«, flüstere ich. Keenan sucht mich, und er wird mich finden.
Die meisten der Gestalten sind schon vor ein paar Minuten gegangen, nur einer ist geblieben. Er trägt weiter die Robe, hat aber die Kapuze abgezogen. Er starrt mich mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen an, und ich erwidere seinen Blick. Zucke nicht zurück, als er näher tritt. Es ist der Mann aus dem Wald mit den unheimlichen gelben Augen. Er hat dunkle Haut und eine Glatze. Kinn und Wangen bedecken schwarze Bartstoppeln.
»Mörder!«, nenne ich ihn laut.
Er beugt sich über mich und drückt meinen Mund zusammen. »Sch … sch … sch«, macht er.
Tränen steigen in mir auf, doch ich halte sie zurück, er soll sie nicht sehen. Angewidert von seiner Berührung drehe ich den Kopf zur Seite, um seinem Griff zu entkommen. Er lässt wieder los. Bleibt aber, wo er ist. Trotz seiner äußerlichen Ruhe erkenne ich den Wahnsinn in seinem Inneren. Meine Katze faucht. Es widerstrebt ihr, mit diesem Mann alleine in einem Raum zu sein.
»So schön. So wunderschön«, sagt der Fremde und streichelt mit einem Finger über meine Wange.
»Warum tut ihr das?«, frage ich in der Hoffnung, ihn abzulenken und Zeit zu schinden.
»Warum tun wir was?« Seine Stimme jagt mir eine Gänsehaut ein.
»Uns jagen und töten. Wir haben euch nichts getan.«
Der Mann zuckt mit den Schultern, rückt von mir ab und verschwindet aus meinem Blickfeld. Aber nicht aus dem Raum. Ich höre, wie er etwas öffnet und wieder schließt. Dann das Geräusch von Wasser. Dabei summt er leise vor sich hin. Schnell sehe ich mich um. Der Raum ist ziemlich groß. Keine Fenster an den Wänden, was bedeuten muss, dass wir uns in einem Keller befinden. Die Wände sind grau, genauso wie der Boden. Bis auf den Käfig und ein paar Schränke ist nicht viel zu sehen.
Doch, der schwarze Müllsack in der Ecke. Gabrielle. Ich werde ihren Namen nie vergessen. Genauso wenig wie ihren Todesschrei.
Der Mann kehrt zurück. Einen nassen Lappen in der einen Hand, ein Glas Wasser in der anderen. »Trink«, befiehlt er.
»Nein.«
Grob packt er mein Kinn. Öffnet meinen Mund und lässt die Flüssigkeit in meinen Mund. Zuerst möchte ich nicht schlucken, doch nachdem ich schmecke, dass es nur Wasser ist, trinke ich es.
»Geht doch«, kommentiert mein Gegenüber und fängt an, mit dem Lappen mein Gesicht zu waschen. »Wir wollen doch, dass du schön bist für das, was wir mit dir vorhaben.«
Ich
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