50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
zu halten vermochte, davoneilte. An der Treppe angekommen, kehrte sie angstvoll um; er aber stieg schnell hinauf und blieb, oben angekommen, erstaunt stehen. Da stand die totgeglaubte Tochter Hiluja, von Hilal umschlungen, und letzterer sagte soeben:
„Meine Hiluja! Mein Engel, mein Leben! Oh, wie so sehr habe ich dich lieb, wie so sehr!“
Worauf sie im Ton innigster Liebe antwortete:
„Ich mag und kann ohne dich nicht leben!“
„Und ich nicht ohne dich! Warum ist dein Vater doch so zornig über unsere Liebe?“
Das übermannte den Scheik. Die Tochter, die er bereits tot wähnte, am Leben zu sehen, jedenfalls gerettet von Hilals Hand, das ließ ihn alles Frühere vergessen, und er sagte laut:
„Er ist nicht zornig darüber. Ihr irrt euch!“
Da drehten sie sich erschrocken um und sahen ihn.
„Vater, mein Vater!“ rief Hiluja und zog sich aus Hilals Umarmung und warf sich dem alten Scheik an die Brust. Dieser drückte sie zärtlich an sich.
„So hat dich der Riese nicht getötet, nicht hinabgeworfen?“
„Nein. Hilal rettete mich.“
„So hat er nur die Hälfte getan. Er rettete dich, und ich werde dich rächen. Wo ist Falehd?“
„Da unten.“
Hiluja deutete über die Brüstung.
„Da unten? Hinabgestürzt?“
„Hilal hob ihn empor und schleuderte ihn hinunter.“
„Hilal – hob ihn – schleuderte ihn – hinunter? – Das ist nicht möglich!“
„O doch! Er hat es getan!“
„So ist er der größte und stärkste Kämpfer, den ich jemals gesehen habe. Aber ich gewahrte doch vorhin, daß der Riese ein Weib in den Fäusten –“
„Das war Haluja, meine Dienerin“, fiel Hiluja schnell ein. „O Allah, die habe ich ganz vergessen! Ich Undankbare! Er ergriff sie anstatt meiner und warf sie hinab. Sie ist tot! Zerschmettert! Mein Gott! Ich muß hinunter, sie zu suchen!“
Hiluja wollte fort. Der Scheik ergriff sie aber bei der Hand.
„Nicht so schnell! Du stürzt ja die Treppe hinab. Ja, die Alte war gut und treu, und wir müssen nach ihr sehen. Aber wir brauchen uns dabei nicht die Hälse zu brechen.“
„Sie war nicht nur gut und treu, sondern auch tapfer. Sie hat wie eine Löwin mit dem Ungeheuer gekämpft.“
„So sei es Allah geklagt, daß sie sterben mußte! Wie gern würde ich ihr dankbar sein!“
Sie stiegen hinab. Unten im Gang stießen sie auf die Königin. Aus Sorge für den Vater war es ihr doch unmöglich gewesen, fernzubleiben. Auch sie erstaunte auf das freudigste, als sie ihre Schwester am Leben erblickte. Beide schlossen sich unter Jubelrufen in die Arme. Dann aber eilten sie hinunter.
Dort unten bot sich ihnen ein entsetzlicher Anblick. Gerade unterhalb der hohen Plattform lag der Riese vollständig zerschmettert. Er hatte ganz das Aussehen, als ob kein Glied seines mächtigen Körpers ganz geblieben sei. Er atmete nicht mehr, er regte sich nicht. Er war tot. Als der Scheik die Gestalt dieses Menschen überflog, sagte er zu Hilal:
„Niemals im Leben wirst du wieder einen solchen Sieg erringen. Der Zweikampf muß entsetzlich gewesen sein.“
„Ich weiß nicht mehr, wie es gekommen und wie es gewesen ist“, antwortete der Jüngling. „Ich glaubte, er habe Hiluja getötet; da wollte ich sie rächen, faßte ihn, hob ihn empor und warf ihn hinab. Das ist alles.“
„Und sie lebte doch! Aber er hätte sie noch getötet, wenn du nicht gekommen wärst! Du hast ihr das Leben gerettet.“
„Und mir auch“, fügte die Königin hinzu.
„Mir ebenso“, sagte Zykyma. „Er war wie ein wütendes Tier, Falehd schäumte wie ein toller Hund. Ich glaube, er hätte uns alle umgebracht.“
„Er war ein Teufel. Du aber, Hilal, bist als ein Engel von Allah gesandt worden, um sie zu erretten! Wie soll und kann ich dir danken!“
Der Scheik schaute lächelnd auf den Jüngling. Dieser senkte errötend den Blick und antwortete:
„Ich tat nur meine Pflicht.“
„Aber nicht nur aus Pflichtgefühl, sondern auch aus Liebe handeltest du. Und darum soll auch die Liebe dich belohnen. Sage mir, hast du Hiluja wirklich so herzlich und so innig lieb, wie du es vorhin da oben sagtest?“
„Oh, noch viel, viel inniger! Ich kann es ja gar nicht ausdrücken, wie lieb ich sie habe!“
„So beweise es wenigstens, wenn du es nicht zu sagen vermagst. Weißt du, wie du diesen Beweis führen kannst, Hilal?“
„Ich – ich – ich wüßte es wohl.“
„Nun, wie denn?“
Hilal blickte verlegen auf den Alten und erwiderte in zaghaftem Ton:
„Wenn sie mein Weib sein
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