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Die See des Schicksaals

Die See des Schicksaals

Titel: Die See des Schicksaals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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1 FAHRT IN DIE ZUKUNFT
    Es war, als stünde der Mann in einer großen Höhle, deren Wände und Dach aus düsteren, gedeckten, unstabilen Farben bestünden, die von Zeit zu Zeit aufbrachen und Mondstrahlen hindurchließen. Daß es sich bei diesen Mauern nur um Wolkenmassen über Berggipfeln und Meer handelte, war kaum vorstellbar, obgleich das Mondlicht sie hier und dort überwand oder einfärbte und die schwarze und bewegte See sichtbar machte, deren Wellen sich zu Füßen des Mannes verliefen.
    Leiser Donner grollte; in der Ferne zuckten Blitze. Es regnete leicht. Die Wolken eilten dahin. Von tiefschwarz bis totenweiß wallten sie über den Himmel, wie die Umhänge von Männern und Frauen bei einem tranceähnlichen und formalistischen Minuett: der Mann, der an der öden, steinigen Küste stand, mußte an Riesen denken, die zur Musik des fernen Unwetters tanzten, und kam sich vor wie jemand, der versehentlich in einen Saal platzt, in dem sich die Götter tummeln. Er ließ seinen Blick von den Wolken zum Ozean wandern.
    Das Meer schien erschöpft zu sein. Riesige Wellen schoben sich mühsam gegeneinander und brachen wie erleichtert zusammen, zischend und keuchend, wenn sie auf scharfe Felsen stießen.
    Der Mann zog sich die Kapuze enger um das Gesicht und blickte immer wieder über die lederbekleidete Schulter, während er sich dem Meer noch mehr näherte und die Brandung über die Spitzen seiner knielangen schwarzen Stiefel wogen ließ. Er versuchte in die Höhlung zu blicken, die von den Wolken gebildet wurde, vermochte aber nicht weit zu schauen. Es ließ sich nicht sagen, was sich auf der anderen Seite des Ozeans befand oder wie weit sich das Wasser überhaupt erstreckte. Intensiv lauschend legte er den Kopf auf die Seite, vernahm aber nichts anderes als die Laute von Himmel und Meer. Er seufzte. Einen Augenblick lang strich ein Mondstrahl über ihn dahin, und im weißen Fleisch seines Gesichts leuchteten zwei gequälte rote Augen auf; dann kehrte die Dunkelheit zurück. Wieder machte der Mann kehrt, offenbar getrieben von der Sorge, daß das Licht ihn einem Feind offenbart hatte. So leise wie möglich ging er über den Kies auf die schützenden Felsen zu seiner Linken zu.
    Elric war erschöpft. In der Stadt Ryfel im Lande Pikarayd hatte er naiv auf Anerkennung gehofft, indem er der Armee des Herrschers seine Söldnerdienste anbot. Für diese Torheit war er als melniboneischer Spion eingesperrt worden (der Herrscher kam gar nicht auf den Gedanken, daß Elric etwas anderes sein könnte) und hatte erst kürzlich mit Bestechung und ein wenig Zauberei entfliehen können.
    Die Verfolger hatten jedoch nicht lange auf sich warten lassen. Kluge Hunde waren eingesetzt worden, der Herrscher selbst hatte die Jagd über die Grenzen Pikarayds hinaus angeführt, in die unbewohnten Felstäler einer Welt, die die Toten Berge genannt wurde. Hier wuchs kaum eine Pflanze, lebte kaum ein Wesen.
    Der bleiche Mann war steile Berge hinaufgeritten, deren Hänge aus grauem, bröckeligem Schiefer bestanden, dessen Poltern meilenweit zu hören war. Durch Täler, die praktisch graslos waren und durch Flüsse, deren Läufe seit vielen dutzend Jahren kein Wasser mehr gesehen hatten, durch Höhlentunnel, die nicht einmal Stalaktiten aufwiesen, über Hochebenen mit Steingräbern eines vergessenen Volkes - so hatte er seinen Verfolgern zu entkommen versucht, und nach kurzer Zeit schon war ihm, als habe er die bekannte Welt auf ewig verlassen, als habe er eine Grenze zum Übernatürlichen überschritten und sei an einem jener öden Orte angelangt, von denen er in den Legenden seines Volkes gelesen hatte, ein Ort, da einmal Ordnung und Chaos unentschieden gegeneinander gekämpft und das Schlachtfeld ohne Leben und Lebensraum zurückgelassen hatten.
    Schließlich hatte er sein Pferd so energisch angetrieben, daß dem Tier das Herz versagte; er hatte den Kadaver liegen gelassen und war zu Fuß weitergegangen, schweratmend, bis zum Meer, bis an diesen schmalen Strand, unfähig weiterzuwandern und nicht gewillt umzukehren, aus Angst, daß die Feinde dort auf ihn lauerten.
    Er überlegte, daß er jetzt viel für ein Boot gegeben hätte. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis die Hunde seine Fährte witterten und ihre Herren zum Wasser führten.
    Er zuckte die Achseln. Es war schon besser, hier vielleicht allein zu sterben, getötet von Wesen, die nicht einmal seinen Namen kannten. Sein einziges Bedauern galt dem Umstand, daß sich Cymoril fragen würde,

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