50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
die ihm schweigend gefolgt waren.
Da trat Hiluja rasch auf ihn zu, streckte ihm die Hand entgegen und sagte im herzlichsten Ton:
„Also Hilal heißt du! Du bist mein Retter. Ich habe dir zu danken!“
Er antwortete nicht gleich. Sein Blick aber senkte sich forschend in ihr Auge. Dann erwiderte er:
„Nein, du bist keine von Allah Verlassene. Dein Auge ist rein von solcher Schuld.“
„Welche Schuld meinst du?“
„Die Schuld, an die ich dachte, als ich sah, daß du dein Angesicht den Gläubigen und Ungläubigen gezeigt hattest.“
Hiluja hatte so viel vom Leben und Treiben größerer Städte gehört, daß sie ihn so ziemlich verstand. Sie erglühte bis tief in den Nacken hinab und antwortete:
„Ich bin noch nie hier gewesen. Wir wollten nur einsam am Fluß hinwandern und bald umkehren.“
„Dennoch hätte ich mich nicht deiner angenommen, wenn mich nicht dein Gesicht dazu gezwungen hätte.“
„Wie konnte dich dieses zwingen?“
„Es gibt ein sehr ähnliches, das ich liebhabe. Du hast ganz die Augen und die Züge unseres Scheiks.“
„So habe ich das Gesicht eines Mannes?“ lächelte sie.
„Nein. Unser Scheik ist ein Weib. Es heißt Badija.“
Sie waren während des Gespräches immer weiter fortgegangen. Jetzt, als er diesen Namen nannte, blieb Hiluja überrascht stehen.
„Was höre ich?“ fragte sie. „Badija? Meinst du die Königin der Wüste?“
„Ja.“
„Kennst du sie?“
„Ich sagte ja, daß sie mein Scheik sei.“
„So gehörst du zum Stamm der Sallah-Beduinen?“
„Ich bin stolz, ein Sallah zu sein. Die Königin hat mich mit einer Botschaft an den Vizekönig gesandt.“
„Wann kehrst du zurück?“
„Morgen früh.“
„Wie herrlich Allah dieses fügt! Willst du mich mitnehmen?“
„Mit mir? Zu dem Lager der Meinigen? Ist das dein Ernst? Kann das dein Wille sein?“
„Ja, denn Badija ist meine Schwester. Wir beide, Haluja und ich, kommen, um sie zu besuchen.“
„Allah ist groß!“ rief er da vor Erstaunen so laut, als ob es ganz Kairo hören solle. „Du, die Schwester der Königin! Du, diejenige, von der sie uns so viel erzählt hat, wenn sie von der Heimat sprach?“
„Hat sie von mir erzählt, von mir gesprochen?“
„Tausendmal!“
„Oh, sie liebt mich noch?“
„Ob sie dich liebt! Sie wird sich freuen ohne Ende, wenn sie dich sieht. Weiß sie, daß du kommst?“
„Nein, sie hat keine Ahnung davon.“
„Desto besser, desto größer wird die Überraschung sein.“
Diese Fragen und Antworten folgten mit großer Geschwindigkeit aufeinander, wie es bei solchen Gelegenheiten ja stets der Fall zu sein pflegt. Sein Gesicht hatte sich vor freudiger Verwunderung gerötet, und das ihrige glänzte vor Entzücken. Ohne es sich in diesem Augenblick einzugestehen, fühlte sie sich unendlich glücklich darüber, daß ihr Retter und Beschützer zu dem Stamm gehörte, dessen Beherrscherin ihr Schwester war.
„Wie aber kommst du nach Kairo?“ fragte er. „Du bist doch eine Tochter der Beni Abbas?“
„Ja. Weißt du das noch nicht?“
„Natürlich weiß ich es. Aber diese wohnen doch weit gegen Sonnenuntergang von hier, im Süden von Tunis, und du scheinst von Osten zu kommen!“
„Ich komme von Westen, aber mit diesem Dampfschiff, das dort am Ufer liegt.“
Sie waren jetzt gerade an der Jacht des Lords angelangt.
„Mit diesem Schiff?“ fragte Hilal verwundert. „Du, eine Tochter der Wüste?“
„Ja. Ich müßte dir viel erzählen, um es dir zu erklären. Ich reiste mit einer zahlreichen Karawane, da wurden wir von einer Raubkarawane der Tuaregs überfallen, und ein edler Franke rettete uns und brachte uns dann auf diesem Schiff hierher, damit wir von hier aus zu den Beni Sallah kommen könnten. Er wird sich freuen, daß ich in dir einen so tapferen Begleiter gefunden habe. Oder willst du mich nicht mitnehmen?“
„Wie gern nehme ich dich mit!“ entfuhr es ihm da. „Mit dir würde ich bis an das Ende der Erde, bis an das Ende aller Welten gehen!“
„Zunächst nur zu meiner Schwester. Du mußt jetzt mit auf das Schiff kommen, damit er dich sieht.“
„Das geht nicht.“
„Warum nicht?“
„Du hast ja gehört, daß ich, wenn die Sonne das Sandmeer berührt, draußen am See sein muß.“
Da veränderte sich ihr glückstrahlendes Gesicht sofort, und sie meinte erschrocken:
„O Allah! Das hatte ich ganz vergessen! So wolltest du also wirklich mit diesen Ungeheuern kämpfen?“
„Ja.“
„Gehe nicht hinaus!“
„Willst du, daß
Weitere Kostenlose Bücher