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50 Rituale für das Leben

Titel: 50 Rituale für das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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sich auf das Daheim zu freuen. Sie stellen sich vor, was sie erwartet. Und
     sie stellen sich auf die Familie ein, auf die Kinder mit dem, was sie gerade bewegt, auf den Ehepartner, auf die alten Eltern.
    Andere nutzen die Zeit im Bus oder im Zug, um in dem Buch zu lesen, das sie für ihre Fahrten eingesteckt haben. In der Lektüre tauchen sie in eine
     andere Welt ein, in eine Welt, die ihnen guttut und die die Welt der Arbeit, aus der sie kommen, zurückdrängt oder in ein anderes Licht taucht. Beim Lesen
     spüren sie sich selbst. Sie kommen mit ihrem Herzen in Berührung. So sind sie wieder bei sich, wenn sie daheim ankommen.
    Spätestens wenn wir die Klinke der Haustüre drücken, sollen wir uns vorstellen, dass die Arbeit draußen bleibt und dass wir nun einen neuen Raum
     betreten, den Raum des Zuhauses.

    Früher gab es Schwellenrituale, die mit Reinigung zu tun hatten. Man stolperte nicht einfach in das Haus hinein. Man nahm Weihwasser und bekreuzigte sich damit: die Stirn, den Unterbauch, die linke und rechte Schulter. Damit drückte man aus: Ich reinige mein Denken, das noch durch die Arbeit getrübt ist. Ich reinige meine Vitalität von destruktiven Gefühlen wie Ärger und Wut. Ich reinige das Unbewusste, in dem sich verdrängte Gefühle festgesetzt haben. Und ich reinige das Bewusste, das Handeln, damit ich jetzt klar und richtig handle. Wer dieses alte Schwellenritual bewusst vollzieht, wird spüren, dass es ihm guttut.
    Es gibt andere Schwellenrituale, die eine Art Grenzziehung gegenüber den belastenden Erfahrungen des Tage sind: Ich trete ganz bewusst über die Schwelle meines Hauses. Ich freue mich, daheim zu sein. Ich nehme die Atmosphäre des Hauses wahr. Und ich mache mir bewusst: Ich will diesem Haus Frieden bringen. Ich will mich ganz auf die Menschen einlassen, denen ich jetzt in diesem Hause begegne. Jesus hat seinen Jüngern dieses Schwellenritual empfohlen: «Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als Erstes: Friede diesem Haus!» (Lk 10,5)
9. Feierabendritual
    Das Wort Feierabend kommt ursprünglich daher, dass der Abend vor einem Feiertag schon zum Fest gehörte. Man bereitete sich an diesem
     Abend schon auf das Fest vor. Heute benutzen wir dieses Wort für jeden freien Abend. Mit diesem Wort drücken wir aus, dass wir den Abend feiern
     wollen. Unser deutsches Wort «Feiertag» kommt ja vom lateinischen Wort «feriae» (geschäftsfreie Feiertage, für religiöse Handlungen bestimmte Tage). Wenn
     wir vom Feierabend sprechen, dann klingt in diesem Wort noch nach, dass es eine freie Zeit sein soll, eine Zeit, die wir nicht wieder zustopfen mit
     Aktivitäten. Vielmehr sind Feiertage und Feierabende letztlich immer auf Gott bezogen. Am Feierabend soll ich spüren, dass mein Leben in Gottes Hand ist
     und nicht von anderen Menschen, auch nicht von Ansprüchen der Wirtschaft bestimmt wird.
    Wir sprechen von einem feierlichen Gottesdienst oder einer feierlichen Stunde. Darin schwingt die äußere Gestaltung mit, aber auch das Erhebende des
     Augenblicks. Der Feierabend soll uns über den Alltag erheben und uns in Berührung bringen mit dem Eigentlichen, mit dem Grund unseres Lebens, mit
     Gott. Daher brauchen wir Rituale, die das Feiern zum Ausdruck bringen. Rituale bringen in die verzweckte Zeit, die vom Profit bestimmt ist, Freiheit und
     Weite. Die Zeit, in der wir ein Ritual vollziehen, gehört uns. Wir nehmen uns die Zeit vor Gott und genießen die geschenkte Zeit.
    Die Griechen fassten unser Leben als ein beständiges Fest auf. Aus einem solchen Verständnis heraus gestalten wir es mitRitualen. Rituale drücken aus, dass unser Leben einen Wert hat. Es ist wert, gefeiert zu werden.
    Ein Manager erzählte mir, er gehe nach der Arbeit sofort unter die Dusche und ziehe dann bequeme Kleider an. Er hat gleichsam «Feiertagskleider» an,
     mit denen er den Abend feiern kann, mit denen er das Lockere und Leichte des Abends in der Familie genießen kann.

    Ein Feierabendritual könnte auch sein, vor dem Abendessen Gott in einem kurzen Gebet zu danken für das, was heute in der Arbeit
     gelungen ist und was in der Familie Gutes geschehen ist. Und wir danken für die freie Zeit, die wir jetzt haben. Jeder in der Familie ist frei. Jeder kann
     seine Zeit gestalten, wie er will. Diese freie Zeit zu genießen tut der Seele und dem Leib gut.
    Aber es ist auch ein Bedürfnis der Familie, die Zeit des Abends gemeinsam zu feiern, indem man sich Zeit lässt für das gemeinsame Mahl. Beim Essen kann
     man

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