52 Verführungen: Ein Paar holt sich die Lust zurück - (German Edition)
sorgen, gut genug zu sein?
Ein Beispiel: Letzte Woche erklärte Herbert mir, er habe spätabends im Fernsehen gesehen, wie ein Cunnilingus funktioniere. »Ich habe das all die Jahre falsch gemacht«, sagte er. Mir war es nie so falsch vorgekommen, aber ich ließ ihn die neue Methode trotzdem ausprobieren. Dabei kommt man von der Seite (als würde man Akkordeon spielen) und legt eine Hand auf den Damm, und eine auf den Unterbauch und zieht dann leicht in entgegengesetzte Richtungen, um die Vulva freizulegen. Außerdem soll man dabei nur die Klitoris lecken. Wir probierten es aus, und es fühlte sich gut an (so wie sich jede Form von Oralsex gut anfühlt), aber eben auch mechanisch und auf die Dauer ziemlich eintönig. Warum soll man all die anderen wunderbar empfindsamen Stellen auslassen, nur um eine Technik anzuwenden, die leicht zu merken ist?
»Du warst viel besser, als du es auf deine Art gemacht hast«, versicherte ich Herbert.
Wenn ich im Verlauf von dreißig Verführungen etwas gelernt habe, dann dass Technik den Tod der Lust bedeutet.
Seien Sie ruhig sachverständige Liebende, aber vergessen Sie dabei nie, dass Verlangen nur durch Kontakt entsteht. Wenn wir zuhören und uns wirklich auf den Körper und die Seele unseres Liebsten einstimmen, dann funktioniert es wie ein geschlossener Kreislauf. Dem Moment, in dem alles fließt, kommen wir bestimmt nicht näher, wenn wir uns sklavisch an eine Gebrauchsanweisung halten.
Als ich meine Coaching-Stunden bei Barbara Carrellas begann, da fragte sie mich als Erstes, auf welche Themen ich mich konzentrieren wolle. »Auf meine Befangenheit«, sagte ich, »auf meine Unfähigkeit zur Hemmungslosigkeit.« Diese Woche meinte sie lachend: »Sie sind NICHT gehemmt. Sie haben einfach keine Lust auf Routine. Und keine Geduld für Unaufrichtigkeit. Sie sind ein Sex-Freak, eine von uns.«
Das ist schon komisch, weil es mir vorkam, als würde sich ein Vorhang lüften. Ich fühle mich verändert. Ich bin sicher nicht das sexhungrigste Wesen der Welt, aber ich habe ein Verlangen, und das pocht immer regelmäßiger bei mir an. Ich mache mir keine Gedanken mehr darüber, dass alle anderen besseren Sex haben als ich. Manche Leute haben ihn sicher häufiger, aber ich weiß inzwischen genau, dass man so etwas nicht messen und vergleichen kann. Mein Sex ist meiner und der der anderen ihrer.
Ich fühle mich, als hätte ich mich gehäutet. Oder vielleicht kann ich auch nur meine Igelstacheln jetzt senken. Und wie Herbert bin ich zugleich verwirrt, erschöpft und ängstlich, weil es nun kein Zurück mehr gibt. Veränderungen sind immer auch schmerzlich, auch die zum Besseren.
Verführung Nr. 31
FEUERATEM
H erbert plagt sich immer noch mit seinem mysteriösen Virus herum. Er fühlt sich müde, hat Kopf- und Schulterschmerzen. Anfangs war ich geneigt zu glauben, es sei eher was Psychosomatisches, hervorgerufen durch meine plötzliche Begeisterung für Tantra-Sex, aber inzwischen muss ich zugeben, dass seine Symptome vielleicht doch echt sind. Den Großteil der Woche hat er im Bett verbracht und dabei Stargate Atlantis geschaut, eine todsichere Methode, um mich fernzuhalten.
Das ist schade, weil mein neues Hollywood-Waxing seine Wunderwirkung tut. Ich will mich nicht noch mal lang und breit darüber auslassen, aber diese Enthaarung gibt mir das Gefühl, eine neue Frau zu sein – eine, deren Vulva nicht unter Schamhaar versteckt liegt, sondern sich an einer Reihe neuer und interessanter Oberflächen reibt. Ich wäre – und das erwähne ich nur, weil es selten genug vorkommt – zu allem bereit.
Herbert leider nicht. Am Donnerstagabend macht erden matten Vorschlag: »Mir würde es reichen, dir beim Masturbieren zuzusehen.« Zu mehr ist er einfach nicht in der Lage.
Na schön, denke ich, dann muss ich mich wohl selbst verführen. Am Freitag geht Herbert wieder arbeiten, und ich bleibe allein zu Hause. Da fällt mir etwas ein, mit dem ich tatsächlich schon seit einer Weile liebäugele und das man nicht unbedingt als Paar machen muss: der tantrische Feueratem-Orgasmus.
Der Feueratem, eine Kombination aus Atmung, Visualisierung und Kontraktionen des Beckenbodens, besitzt eine gewisse mystische Aura. Als ich auf Twitter erwähne, dass ich ihn ausprobieren will, twittert mir sofort jemand die Warnung zurück, er habe gehört, davon könne man verrückt werden. Ich nehme das nicht ganz ernst, weil ich es mir nicht vorstellen kann. Immerhin handelt es sich nur um eine Atemtechnik,
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