52 Verführungen: Ein Paar holt sich die Lust zurück - (German Edition)
Wenden tolerieren und danach sogar einen durchaus zufriedenen Eindruck machen. Herbert sagt entschieden häufiger »fester« als »sanfter« und nur ein einziges Mal »autsch«. Das Beste an der Sache ist, dass er überhaupt etwas sagt; dadurch wird mir bewusst, dass ich es bisher gewohnt war, ohne jegliches Feedback mit einem Penis umzugehen. Aber wie um alles in der Welt sollen wir als Frauen ganz allein herausfinden, wie man so einen Alien zu behandeln hat? Da ist es doch kein Wunder, dass ich mich vor Jahren für einhändiges Schütteln entschieden habe und der Einfachheit halber dabei geblieben bin. Effektiv war es auch so.
Die Erotic Awakening Massage ist methodisch klasse. Man erarbeitet sich die Genitalien seines Partners, als müsste man sie eins zu eins kartieren. Als ich dran bin, mich untersuchen zu lassen, bin ich erstaunlicherweise ganz scharf darauf, meine Gebärmutter massiert zu bekommen; die kleinen, verspielten Berührungen, die Herbert rund um meine Klitoris und meine Vulva platziert, sind wunderbar. Sonst neigt er dazu, Oralsex als Vorspiel abzutun, umso erfreuter bin ich jetzt, als ich ihn absolut verwirrt in das Buch starren sehe, um herauszufinden, was da nun was ist.
Vielleicht wäre es mir allerdings lieber, er würde nie wieder versuchen, in direkten Kontakt mit meiner Klitoris zu treten. Während er die kleine Hautfalte zurückzieht, sagt er: »Ich verlier sie immer wieder.« Da bin ich schon versucht, zu fauchen: »Ja, genau, und zwar weil du sie verdammt noch mal dauernd anstupst und sie sich davor versteckt.« Ich war schon immer der Meinung, dass Halbwissen eine gefährliche Sache ist, wenn es um Männer und die Klitoris geht. Herbert staunt darüber, wie zart ich berührt werden möchte, und wie präzise die Empfindungen sind. Wenn er seine Finger nur wenige Millimeter bewegt, macht das einen Unterschied zwischen himmlisch und völlig nichtssagend aus.
Man registriert viel mehr, wenn man nur Empfänger ist und nicht gleichzeitig versucht, etwas zurückzugeben. Meine Hände wandern dauernd über seinen Körper, weil ich mir unsicher bin, was ich mit ihnen machen soll. Mir fällt es schwer, bei der Sache zu bleiben und mich nur auf die Empfindungen zu konzentrieren, die er mir verschafft. Noch dazu finde ich es schwer, ihm blind zu vertrauen, vor allem, weil er durch die gleichzeitige Lektüre abgelenkt ist. Ein paarmal muss ich sagen »Hör doch!«, wenn ich ihm Feedback gebe, weil er gar nicht darauf zu achten scheint. Das steigert meine Anspannung natürlich weiter.
Am deutlichsten fällt mir auf, wie meine Stimmung umschlägt, als wir zu dem Teil der Massage kommen, die innerhalb meiner Vagina stattfinden soll. Ich fühle mich bombardiert von zwanghaften Gedanken darüber, ob Herbert damit vielleicht eine erneute Blutung auslöst. Ich vermute, ich empfinde
einen gewissen Kontrollverlust, denn andauernd frage ich: »Was machst du jetzt gerade?«, worauf er mir die Beschreibung aus dem Buch vorlesen muss, damit ich mich wieder beruhige. Ich versuche, mich auf die Berührungen zu konzentrieren, aber meine Fantasie ist nicht so angeturnt, dass ich sie wirklich genießen könnte. Mein Körper zieht quasi die Zugbrücke hoch.
Dann schlägt Herbert die nächste Seite auf und macht: »Oh.«
»Was denn?«
»Ich bin jetzt bei dem Teil, wo es um den Gebärmutterhals geht.«
»Alles klar, das reicht dann für mich.«
»Wir können ja noch mal ein Stück zurückgehen, bis dahin, wo es dir noch Spaß gemacht hat.«
»Nein danke«, sage ich. »Ich denke, für heute Abend lassen wir es besser gut sein.«
Herbert liegt oben im Bett. Er fühlt sich noch schwindelig und kaum in der Lage, wach zu bleiben.
Es handelt sich eindeutig nur um einen harmlosen Virus. Wie man weiß, kann man das nicht behandeln, sondern nur mit Ruhe und Geduld auskurieren. Ich neige trotzdem zu der Ansicht, dass uns so etwas nur erwischt, wenn wir anfällig sind – sozusagen als Signal für Erschöpfung, Stress oder Angst.
Die Verführungen liegen Herbert im Moment schwer auf der Seele. Uns fehlen noch 19, und er fürchtet, ihm könnten die Ideen ausgehen. Wenn wir zusammen im Bett sind, lässt er sich leicht ablenken und macht sich Sorgen um die richtige Technik. Ich habe bemerkt, dass ihm sogar schon ein paar graue Schamhaare gewachsen sind. Ihr Symbolcharakter ist mir nicht entgangen. An welchem Punkt sind wir von bereitwilligen Schülern der Verführung zu Prüflingen geworden, die sich ständig darum
Weitere Kostenlose Bücher