53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten
sind auch mit solchen wundertätigen Amuletts versehen.“
„Aber ob sie wirklich helfen?“
„Ganz gewiß.“
„Darf ich sie sehen?“
„Ja, hier und hier.“
Steinbach deutete dabei auf sein und auf Günthers Gewehr.
„Herrgott, Ihr treibt Scherz! Glaubt Ihr, gegen den Geist mit Pulver und Blei etwas machen zu können?“
„Sicher.“
„Die Kugeln gehen durch ihn hindurch.“
„Natürlich! Und davon bekommt er ein Loch, an dem er sterben muß.“
„Nein, nein! Es sind schon andere dagewesen, die das auch geglaubt haben, ein Señor Wilkins, ein Señor Adler, ein –“
„Zum Donnerwetter! Schweigst du nun?“ brüllte Juanito sie zornig an.
„Nein, heute schweige ich nicht! Dann sind noch mehrere Personen nach dem Tal gegangen, Männer, Frauen und Mädchen. Man hat niemals wieder nur das allergeringste von ihnen gehört.“
„Nun, so werden wir wohl etwas von ihnen erfahren. Ich werde den Geist nach ihnen fragen.“
„Versündigt Euch nicht! Treibt keinen Spott!“
„Ich spotte nicht. Ich habe längst gewünscht, einmal einen Geist zu sehen. Vielleicht geht mein Wunsch heute in Erfüllung.“
„Ja, Ihr werdet ihn sehen; aber der Augenblick, in dem es geschieht, wird auch Euer letzter sein.“
„Mutter, du redest irre.“
„Wollen gleich sehen! Ich habe euch bereits gesagt, Señores, daß hier mein jüngster Sohn in die Zukunft zu sehen vermag. Ihn wollen wir fragen. Kommt einmal her zu ihm!“
Die Frau zog Steinbach am Arm hin zu dem Stuhl, auf dem der Irrsinnige saß. Günther folgte. Sie stellte beide vor den Kranken hin und fragte diesen auf Steinbach deutend:
„Henrico, siehst du diesen Señor?“
Der Kranke hob langsam den schweren Kopf, starrte Steinbach an und murmelte:
„Ihn sehen, ihn sehen, ja.“
„Ist er ein guter Mann?“
„Gut, sehr gut, Henrico ihn liebhaben.“
Er sagte das vielleicht, weil er trotz seiner Stupidität doch gemerkt hatte, daß Steinbach der Retter der Familie sei.
„Er will nach dem Tal des Todes gehen. Soll er?“
„Soll gehen.“
„Wird ihm nichts Übles geschehen?“
„Soll gehen! Ihm nichts geschehen.“
„Gott sei Dank! Was er sagt, das trifft ein.“
Sie legte Henrico nun ganz dieselben Fragen betreffs Günthers vor und erhielt ganz dieselben Antworten. Juanito war aufgestanden und hatte mit grimmigen Blicken zugeschaut. Jetzt sagte er:
„Na, da hast du es! Da sind einige Reisende von hier nach dem Todestal gegangen, haben es quer durchritten, um hinüber nach Nevada zu kommen, und weil sie infolgedessen ganz selbstverständlich hier nicht wieder gesehen wurden, hat man den Unsinn geglaubt, sie für verloren zu halten. Ein böser Geist im Tal! Es ist mehr als lächerlich! Ihr glaubt doch nicht etwa daran, Señores?“
„Fällt uns nicht ein!“ antwortete Steinbach. „Das müßt Ihr doch bereits aus meinen Worten gehört haben.“
„Ja. Freilich ganz ungefährlich ist der Weg nicht; aber nicht eines Geistes wegen, sondern weil dort zuweilen sich feindliche Indianer sehen lassen. Ihr seid doch gut bewaffnet?“
„Ja.“
„Habt ihr nur eure Büchsen?“
Beide, sowohl Steinbach wie auch Günther, hatten anstatt der Gürtel breite, mexikanische Schärpen um die Taillen gewickelt, in denen die Revolver so steckten, daß sie nicht gesehen werden konnten. Der Blick, mit dem Juanito nach den Waffen forschte, war so wenig vertrauenerweckend, daß Steinbach die Revolver verheimlichte und antwortete:
„Wir haben die Büchse und ein Messer. Das genügt doch wohl?“
„Vollständig, da ihr so ausgezeichnete Schützen seid, wie ich gesehen habe. Wollen wir aufbrechen?“
„Wir sind bereit. Wie weit ist es?“
„Wir brauchen zwei Stunden, bis wir unser Ziel erreichen. Habt ihr gute Pferde?“
„Sie sind besser als das Eurige.“
„So sind wir wohl noch eher dort. Kommt!“
Steinbach bezahlte das wenige, was er mit Günther genossen hatte, und ging dann mit diesem und Juanito hinaus.
Als sie Visalia verlassen hatten, dehnte sich eine weite, steinige Ebene vor ihnen aus. Es gab weder Weg noch Steg. Auch war keine Spur von irgendwelcher Vegetation zu sehen. Dagegen glühte, obgleich es bereits nicht mehr früh am Nachmittag war, die Sonne auf dem trockenen, unfruchtbaren Boden, daß einem die Augen schmerzten.
Die drei ritten schweigend nebeneinander her.
Juanito beobachtete seine beiden Begleiter heimlich von der Seite her; sie aber taten, als ob sie es gar nicht bemerkten. Später fragte Steinbach, um das
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