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55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

Titel: 55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Doktor!“
    „Desto größere Anerkennung verdient sie. Aber, bleiben wir bei der Sache! Abu Hassan ist jedenfalls ein Orientale; die erste Frau des Barons stammt aus dem Orient. Beide müssen in irgendeiner Beziehung zueinander gestanden haben, denn er ist gekommen, sich ihre Gebeine zu holen.“
    „Das kommt mir noch mehr als orientalisch vor. Aber was haben Sie, und was habe ich mit diesem Hassan und diesen orientalischen Gebeinen zu tun?“
    „Wir sollen sie ihm aus der Erde hacken.“
    „Warum denn gerade wir?“
    „Ja, die Veranlassung ist geradezu lächerlich. Ich stieg gestern abend am Blitzableiter herab, während er aus irgendeinem Grund um das Schloß herumstrich. Er hielt mich für einen Einbrecher, einen Dieb. Und da ein solcher sich wohl zu einer widerrechtlichen Öffnung eines Grabes dingen läßt, so bot er mir zweihundert Franken, wenn ich ihm behilflich sei, das Heidengrab zu öffnen, und noch einen Arbeiter mitbringen wolle.“
    „Und Sie haben das wirklich angenommen?“
    „Ja. Ich glaube annehmen zu dürfen, daß die Baronin gar nicht gestorben ist, und also auch nicht begraben worden sein kann. Entweder ist das Grab leer, oder es enthält eine falsche Leiche. Ich muß mich überzeugen und werde also heute abend dort eintreffen.“
    „Ich bin dabei; aber das Geld nehmen wir nicht.“
    „Das versteht sich ganz von selbst! Richte es also ein, daß du noch vor elf Uhr mit den Werkzeugen am Grab anlangst. Jetzt wollen wir uns trennen. Für morgen habe ich einen Weg für dich. Hier sind Briefe. Du gehst mit ihnen über die Grenze und gibst dieselben drüben auf der ersten deutschen Postanstalt ab. Ich traue hier nicht recht und vermute, daß sie mir geöffnet werden können.“
    Er gab dem Diener die Skripturen, und dann trennten sich die beiden.
    Als Müller das Schloß erreichte, war es bereits zwölf Uhr vorbei. Ein Diener sagte ihm, daß der Herr Kapitän soeben befohlen habe, den Doktor Müller zu ihm zu schicken, sobald er von seinem Spaziergang zurückgekehrt sei.
    Also der Kapitän befand sich bereits daheim! Das war für den Deutschen ein ganz unanfechtbarer Beweis, daß zwischen dem Schloß und der Klosterruine ein sehr kurzer unterirdischer Weg vorhanden sei. Müller fürchtete den Alten nicht im mindesten und begab sich in größter Seelenruhe nach dem Zimmer desselben.
    Der Kapitän saß am Schreibtisch und schrieb. Als Müller eintrat erhob er sich rasch, warf die Feder auf den Tisch und sagte:
    „Monsieur, ich habe Sie zu mir kommen lassen, um Ihnen das zwischen mir und Ihnen bestehende Verhältnis einmal klarzumachen.“
    Er befand sich augenscheinlich in einem Zustand hochgradiger Erregung. Dieser Umstand aber beirrte den Deutschen ganz und gar nicht. Er antwortete:
    „Das ist mir außerordentlich angenehm. Auch ich liebe die Klarheit und werde gegenwärtig gern das meine beitragen, um zu ihr zu gelangen.“
    Der Alte tat, als ob er die Kampfbereitschaft, welche in diesen Worten lag, gar nicht bemerkte, oder er bemerkte sie wirklich nicht, sondern fuhr in rücksichtslosestem Ton fort:
    „Sie haben sich vorhin in der Ruine eine Sprache erlaubt, die ich nicht dulden kann.“
    Der Deutsche zuckte die Achseln und meinte:
    „Da liegt die Schuld jedenfalls an meiner musikalischen Begabung.“
    „Wie meinen Sie das?“ fragte der Kapitän stutzend.
    „Nun, ich habe mich früher sehr mit Harmonielehre und Generalbaßstudien beschäftigt, und seit jener Zeit bin ich immer ein Freund des Harmonischen geblieben. Ich antworte in Dur, wenn man mich in Dur fragt, und rede in Moll, wenn man in Moll zu mir spricht. Der Herr Kapitän beliebte, in der Ruine eine Redeweise anzuwenden, welche sehr stringendo klang; mein musikalisches Rechtsgefühl erlaubte mir nur, stringendo zu antworten.“
    „Larifari! Was verstehe ich von Ihrem Dur, Moll und Stringendo! Ich habe Sie einfach zu fragen, ob Sie mich als Ihren Herrn anerkennen, dem Sie unbedingt und auf alle Fälle zu gehorchen haben. Antworten Sie strikt: Ja oder nein?“
    „Nein!“
    „Ah, also wirklich nein?“
    „Wirklich nein!“
    „So jage ich Sie zum Teufel!“ brauste der Alte auf.
    „Ich gehe nicht!“
    „Nicht? Das wollen wir sehen! Ich werde Sie zu zwingen wissen!“
    „Sie können mir gar nicht zumuten zum Teufel zu gehen, wenn es Ihnen wunderlicherweise einfällt, mich zu ihm zu schicken. Ich weiß bis heute noch nicht, wo sich die Wohnung dieses ehrenwerten Monsieurs befindet. Ich werde auch überhaupt nicht gehen,

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