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56,3° Im Schatten

56,3° Im Schatten

Titel: 56,3° Im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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wenn man alle Jason-­Castelli-Hefte auf einmal gelesen hat!
    Der Chef, ein blässlicher Typ, gänzlich unerfahren im Umgang mit der Sonne und heruntergelassenen Hosen, verlangt sofort nach dem bestickten und parfümierten Taschentuch vom Kaiser, als er diesen nackten Arsch sieht, und dann hüstelt er ein paarmal kaum hörbar hinein, bevor er den Innenminister fragt:
    „Wer ist er?“
    So ein Chef vom Ganzen hat nämlich viele Termine und kann sich nicht jedes Gesicht zu jedem Termin merken.
    „Das ist der Biermösel aus Aussee drüben“, sagt der Innenminister, „derjenige, der einfach nicht austrocknen will.“
    „Ach so, der.“
    Mit seinen schmalen Lippen und den gescheitelten Schnittlauchhaaren nähert er sich dem Biermösel langsam von hinten und bedeckt mit seinem Taschentuch den Arsch vom Biermösel. Dann steht er vor ihm.
    Um den ganzen schiefgelaufenen Wahlkampf mit den ganzen umsonst verteilten Luftballons und Feuerzeugen doch noch zu retten, lässt er die Wiener Sängerknaben Aufstellung nehmen, und die armen Buben, jeder einzelne knapp vor dem kompletten Kollaps, fangen unter dem elenden Taktstockgeschubse vom Chef vom Ganzen persönlich zu singen an, und zwo, drei:
     
    „Flieg nicht zu hoch, mein kleiner Freund
    die Sonne brennt dort oben heiß
    wer zu hoch hinauswill
    der ist in Gefaaaaaaaahhhr!“ *
     
    Als sie aufgehört haben zu singen – als sie endlich aufgehört haben, Herrgottnocheinmal! –, beugt sich der Chef vom Ganzen über den Biermösel und fragt ihn mit seinem Flüsterbariton:
    „Hast du verstanden, was sie dir damit sagen wollten?“
    Der Biermösel kann aber nicht einmal mehr „Draufgeschissen!“ sagen, so trocken ist seine Zuge. Also winkt der Chef vom Ganzen einen kleinen Sängerknaben-Rotzlöffel herbei, zieht ihn am Ohrwascherl und befiehlt ihm im Ton der strengen Lehrerin, die er vom Wesen her ist, dass er es ihm erklären soll:
    „Der Chef vom Ganzen will dir damit sagen, dass du dich zu weit aus dem Fenster gelehnt hast, als du dich mit der Bundesregierung angelegt und das Freibier gestohlen hast.“
    Dann fällt der arme Kastrat tot um, und der Chef vom Ganzen schiebt ihn mit seinen gelackten Schuhen am Fuß beiseite, mit dem Tod will auch er nichts zu tun haben, obwohl er tausendfach dafür verantwortlich ist.
    Dann fragt er den Biermösel:
    „Wo?“
    Aber auch der wartet vergeblich auf eine Antwort. Der weiß scheinbar überhaupt noch nicht, dass der Biermösel genug intus hat, um sie alle miteinander zu überleben. Auch die Hyänen­ und Skorpione, die schon hinter den Hubschraubern herangekrochen kommen und auf ihn warten. Und selbst den Geier, der schon gelandet ist und sich ein bisserl voreilig in der ersten Reihe aufgestellt hat für das baldige Leckilecki, das er in ihm sieht. Ihnen allen kann er ausrichten, ein für alle Mal:
    Ich bin der Elendste der Welt, ich werde euch alle über­dauern!
    Sollte die depperte Bundesregierung also tatsächlich in einem Ausseer Landgendarmen, an einem, der furzt wie ein Weltmeister und einfach nicht austrocknen will, ihren Meister gefunden haben? Es sieht ganz so aus!
    Aber noch wissen sie natürlich nicht, dass sie in ihm auch ihren verdienten Tod gefunden haben.
    In der verzweifelten Hoffnung, den Biermösel doch noch für sich zu gewinnen, wirft ihm der Chef vom Ganzen ein Feuerzeug mit dem knappen Wahlprogramm drauf zu und lässt einen Luftballon steigen.
    „Für den unwahrscheinlichen Fall, dass du es doch noch in die Wahlzelle schaffst, nicht vergessen: Liste 1 – ,Die Ackerbauern- und Viehzuchtpartei‘ mit deinem Chef vom Ganzen.“
    Da wiehern sie alle wie die Lipizzaner über diesen gelungenen Witz, und dann steigen sie alle miteinander in ihre Hubschrauber ein, ein letztes Mal, wie in diesem Augenblick einzig der Biermösel weiß, ein allerletztes Mal.
    Zwar hätte er sich auch gut vorstellen können, dass er dem Chef vom Ganzen mit der rechten Pranke einen auf seine gescheitelte Frisur draufhaut, sodass er mit seiner Jazzer-Visage zwischen den eigenen Rippen herausschaut wie der Affe im Zoo zwischen dem Gestänge, das hat er schon einmal beim Jason Castelli gesehen, Folge 1923, und es hat ihm sehr gut gefallen.
    Aber das wäre natürlich nur Plan B gewesen, und an dem hindern ihn sowieso gerade die Kabelbinder, die seine Pranken hinter dem Rücken in Schranken halten wie die Beruhigungs­tabletten den Psychiatriepatienten.
    Also entscheidet er sich frohen Herzens für Plan A, während der Chef vom Ganzen

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