57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris
Unterhaltung. Er war ein guter Sprecher und ein sehr angenehmer Gesellschafter, überhaupt ein hübscher, kenntnisreicher und gewandter junger Mann. Die Damen lauschten seiner Unterhaltung. Sie hörten aus jedem seiner Worte, daß er trotz seiner für seine Jugend höchst bedeutenden Kenntnisse nicht die mindeste Einbildung besaß, sondern sich selbst aus dem Zusammenleben mit den Angehörigen des Offizierskorps seine ursprüngliche Einfachheit und Bescheidenheit gerettet hatte.
Das zog sie zu ihm hin. Die sonst so muntere Hedwig war schweigsam und hörte lieber auf ihn, als daß sie sich zum vordringlichen Sprechen entschloß. Ida sprach fast kein Wort, aber ihr Auge verriet desto mehr, und immer und immer wieder begegnete ihr Blick dem seinigen, so daß sie hundertmal gezwungen war, die schönen, geheimnisvollen Wimpern niederzuschlagen.
So kam es, daß die Kosten der Unterhaltung fast nur von den beiden Offizieren und der Gräfin getragen wurden.
Die letztere hatte ihr vorheriges Wesen vollständig abgelegt. Sie war mitteilsam und gesprächig geworden, und besonderen Dank verdiente sie sich bei Gebhard dadurch, daß sie mit keiner Silbe ihres Neffen gedachte, der zu einer so außerordentlich peinlichen Szene Veranlassung gegeben hatte. Sie lud die beiden jungen Männer ein, am Souper teilzunehmen, was natürlich mit großem Dank angenommen wurde.
Am meisten schienen sich die beiden Nichten zu freuen. Es war außerordentlich selten, daß die Tante einem Herrn die Ehre gönnte, mit ihnen zu speisen, und so kam es, daß sie durch die Einladung der Gräfin in die beste Laune versetzt wurden, welche wieder ihren guten Einfluß auf die anderen äußerte.
Kurz vor der Tafel entfernte sich die Gräfin auf kurze Zeit, und diesen günstigen Augenblick benutzte Kunz von Goldberg, um Hedwig zu folgen, welche an das Piano getreten war und sich mit den daraufliegenden Noten zu beschäftigen begann. In den letzteren blätternd und scheinbar sich über dieselben unterhaltend, führten sie ein halblautes Gespräch, von welchem die beiden anderen nichts verstehen konnten oder vielmehr nichts verstehen gekonnt hätten, selbst wenn ihre Absicht gewesen wäre, einige der Worte zu erlauschen.
„Sagen Sie einmal, Herr von Goldberg“, begann Hedwig; „war es Ihrem Freund mit der Forderung wirklich ernst?“
„Ganz gewiß, Mademoiselle“, antwortete er.
„Das Duell wird also stattfinden?“
„Ich bin davon überzeugt.“
„Wie uninteressant!“
„Uninteressant?“ fragte er. „Und Sie gruseln doch so gern. Ist bei Ihnen vielleicht nur die Erzählung eines Mordes interessant?“
Sie blickte ihn ein wenig verächtlich von der Seite an und sagte:
„Was ihr Deutschen doch für Menschenkenner seid!“
„Nicht wahr?“ lachte er, ohne zu tun, als ob er den Blick bemerkt habe.
„Ja. Sagten Sie nicht erst vorgestern, daß es Ihnen ein außerordentliches Interesse gewähre, mich zu studieren? Und daß Sie sich schmeicheln, mich ganz und genau zu kennen? Und doch glauben Sie, daß nur ein Mord mich interessieren könne?“
„Muß ich es nicht glauben, da Sie ein Duell uninteressant nennen?“
Sie zog die schönen, vollen Schultern empor, so daß das rosige Fleisch derselben aus dem Ausschnitt des Kleids hervortrat, um sich nur langsam wieder unter dem weichen Stoff zu verbergen, und antwortete:
„Es kommt auf die Veranlassung an.“
„Wieso, Mademoiselle?“ fragte er.
„Ein Duell nur deshalb, weil einer nicht glaubt, daß der andere Offizier ist – wie kindisch.“
„Oder, wollen Sie sagen, ein Duell, weil der eine dem anderen gewaltsam provoziert.“
„Das ist barbarisch, aber doch nicht interessant.“
„Wann würde denn ein Duell für Sie interessant sein?“
„Hm! In vielen Fällen“, antwortete sie, indem sie ein höchst nachdenkliches Gesichtchen zog, welches ihr ganz allerliebst stand.
„Darf ich vielleicht einen von diesen vielen Fällen erfahren?“
„Neugieriger! Aber es ist wahr, Sie sind in Beziehung auf das Duell so ganz und gar unwissend, daß ich es schon unternehmen muß, Ihnen Unterricht zu geben.“
Sie zog die Brauen empor und bemühte sich, die strenge, gelehrte Miene eines pedantischen Lehrers anzunehmen. Das sah so allerliebst aus, daß Kunz sie gleich hätte umarmen mögen. Er sagte:
„Ich brenne vor Wißbegierde. Belehren Sie mich, Mademoiselle.“
„Nun, es kommt vor allen Dingen auf den Gegenstand an, wegen dessen man sich schlägt. Ist dieser interessant, so ist es
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