57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris
zu sein.“
„Wieso mein Lieber?“
„Beim Abschiednehmen ist jeder dritte überflüssig.“
„Ah, so? Du meinst, ich soll lieber gleich mitkommen und euch dann allein lassen?“
„So denke ich allerdings.“
„Gut; ich gehe mit.“
Alice saß bei einer kleinen Handarbeit und gedachte des Geliebten, als es draußen im Vorsaal klingelte. Sie ging hinaus, um zu öffnen. Sie erblickte einen höchst stattlichen Herrn, welcher den Hut ziehend, sich höflichst verbeugte und dann fragte:
„Entschuldigung! Bin ich hier recht bei Demoiselle Alice?“
„So heiße ich, mein Herr. Treten Sie näher.“
Er trat in den Vorsaal, blieb aber so stehen, daß sie die Tür nicht schließen konnte und fuhr fort:
„Ich suche einen Herrn bei Ihnen, welcher sich Monsieur Martin nennt.“
Eine tiefe Röte überflog ihr Gesicht.
„Monsieur Martin?“ fragte sie verlegen.
„Ja, Mademoiselle. Es ist ganz derselbe Martin, welcher sich vorzugsweise gern unter die Tische versteckt, wenn er beim Damenbesuch gestört wird.“
Sie wurde noch verlegener; dann aber leuchtete es in ihrem Gesichtchen auf.
„Ah, er hat geplaudert!“ lachte sie. „Irre ich nicht, so sind Sie Monsieur Belmonte?“
„Wie kommen Sie zu dieser Vermutung?“
„Weil Martin nur seinen Herrn in solche Staatsgeheimnisse einweihen wird.“
Da ertönte draußen hinter der Tür ein fröhliches Lachen. Der Telegraphist drängte sich herein, nahm das Mädchen bei der Taille und sagte frohlockend:
„Habe ich es nicht gesagt, daß mein Schwälbchen Sie erraten wird, Monsieur Belmonte. Ja, man glaubt gar nicht, was so ein Vöglein für einen Scharfsinn besitzt. Alice, hier ist mein lieber Herr, welcher dich gern einmal sehen wollte. Darf er mit eintreten?“
Sie war überrascht, den Geliebten um diese Zeit bei sich zu sehen, aber sie fand sich rasch in die Lage.
„Es wird mir eine große Ehre sein“, antwortete sie. „Bitte einzutreten, Monsieur.“
Die trauliche, saubere Häuslichkeit heimelte Belmonte sofort an, und als er nun dem braven Mädchen in das liebe, vor Freude gerötete Angesicht blickte, da ging ihm das Herz auf. Er reichte ihr die Hand und sagte:
„Ich werde Sie nicht lange belästigen, Mademoiselle; aber es war mir ein Bedürfnis, die Dame kennenzulernen, welche das Herz meines guten Martin so schnell und so vollständig erobert hat. Ich möchte eifersüchtig auf Sie sein. Er denkt jetzt kaum noch an mich, sondern immer nur an Sie.“
Sie wollte antworten, aber da ertönte die Klingel abermals.
„Gott, das wird mein Bruder sein“, sagte sie.
„Erschrecken Sie darüber nicht“, meinte Belmonte. „Martin hat keine Veranlassung, sich vor Monsieur, Ihrem Bruder, zu verbergen. Gehen Sie getrost, um zu öffnen.“
Sie war doch ein wenig bleich geworden, aber sie folgte der an sie ergangenen Aufforderung. Die beiden hörten, daß die Vorsaaltür aufgeschlossen wurde und dann fragte eine Stimme:
„Wohnt hier der Sekretär des Grafen Rallion?“
„Ja, mein Herr“, antwortete Alice.
„Ist er zu Hause?“
„Nein.“
„Wann wird er kommen?“
„Er wird vielleicht bald zu sprechen sein.“
„So erlauben Sie, daß ich eintrete.“
Man hörte das Geräusch von Schritten, welche aber doch gleich wieder halten blieben. Alice schien sich dem Mann in den Weg gestellt zu haben. Belmonte hatte überrascht aufgehorcht.
„Sapperlot“, flüsterte er. „Diese Stimme sollte ich kennen!“
„Bitte, ziehen Sie es nicht vielleicht vor, in kurzer Zeit wieder zu kommen?“ fragte das Mädchen.
„Nein“, wurde geantwortet. „Ich werde warten, bis er kommt.“
„Er ist's, er ist's!“ sagte Belmonte. „Es ist wahrhaftig Vater Main, oder ich müßte mich außerordentlich täuschen! Rasch hier hinein. Mich kennt er nicht sofort wieder.“
Er öffnete die Nebentür und schob Martin hinein; dann trat er zu der Tür, welche nach dem Vorsaal führte, öffnete sie und sagte zu dem Ankömmling:
„Bitte treten Sie hier ein.“
Der Angeredete folgte dieser Aufforderung. Es war wirklich der von der Polizei gesuchte Tavernenwirt. Er erkannte Belmonte nicht, da dieser anders gekleidet ging und auch nicht die falsche Haartour trug, welche er angelegt hatte, wenn er bei Vater Main erschien.
„Ah“, sagte der Wirt, „man hat Sie verleugnen wollen?“
„Wieso?“
„Sie sind Monsieur, der Sekretär?“
„Nein, der bin ich allerdings nicht. Aber bitte, wollen Sie nicht Platz nehmen, mein Herr?“
Vater Main setzte sich auf einen
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