57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris
führte. Dabei brummte er befriedigt vor sich hin:
„Auf diese Weise erfahre ich, nach welchem Gasthof oder Hotel sie fahren. Ein gescheiter Kerl darf kein dummer Esel sein; das ist so gewiß wie Pudding. Diese Gesellschafterin lasse ich mir auf keinen Fall entlaufen.“
Die Generalin hatte ihm lächelnd nachgeblickt und dabei an ihre Begleiterin die Frage gerichtet:
„Konnte ich es ihm abschlagen, liebe Emma?“
„Nein, liebe Tante. Er ist ein guter Mensch, wenn auch ein sehr mittelmäßiger Geist.“
„Du hast ihn erobert.“
„So ist der heutige Tag der glücklichste meines Lebens“, scherzte Emma von Königsau. „Aber, was sagst du zu dem andern?“
„Der erste Augenblick ist oft entscheidend, wenn es sich um die Beurteilung eines Menschen handelt. Hier möchte ich diese Regel nicht gelten lassen. Er macht auf mich den Eindruck eines ungewöhnlichen Mannes.“
„Diesen Eindruck hat er auf mich nicht hervorgebracht. Ich halte ihn im Gegenteil für einen sehr gewöhnlichen Menschen. Ist dir nichts an ihm aufgefallen?“
„Was meinst du?“
„Seine Ähnlichkeit mit Fritz.“
„Mit Fritz? Welchen Fritz meinst du?“
„Fritz Schneeberg, den Diener meines Bruders.“
„Ich habe diesen Fritz nur einmal höchst vorübergehend gesehen. Es ist möglich, daß er öfters in meine Nähe gekommen ist, aber ich habe ihn nicht bemerkt, oder nicht beachtet. Aus der Ähnlichkeit mit Fritz darfst du aber doch nicht schließen, daß dieser Maler ein gewöhnlicher Charakter ist.“
„Geist hat er nicht. Er hat ja nicht einmal ein Wort gefunden, sich wegen des Schrecks zu entschuldigen, den er uns bereitet hat. Dieser dicke Hieronymus hat doch wenigstens einige drollige Witze darüber gemacht.“
„Und dennoch ist mir der andere außerordentlich sympathisch. Vielleicht ist es deshalb, weil – ah, weißt du, mein Mann fast ganz dasselbe Äußere hatte, als er in diesen Jahren war?“
„Wirklich? Nun, dann ist es erklärlich, daß du ihn verteidigst. Da ist die Droschke, liebe Tante!“
Sie stiegen ein und bedankten sich bei dem Maler.
„Hotel de Saxe!“ befahl die Generalin.
Hieronymus machte eine tiefe Verneigung und blickte dem Wagen ein Weilchen nachdenklich nach.
„Ein famoses Mädchen“, brummte er. „Wie sie sich wohl als Frau Hieronymus Aurelius Schneffke ausnehmen würde? Emma heißt sie? Hm, kein übler Name! Emma heißt: die Emsige, die Fleißige. Sie könnte mir die Farben reiben.“
Da erhielt er einen Schlag auf die Schulter.
„Donnerwetter“, rief er, „welcher Flegel ist denn – ah, Sie sind es, Kollege! Holen Sie ein anderes Mal etwas weniger aus, wenn Sie mich liebkosen wollen.“
„Und Sie, laufen Sie nicht jedem Lärvchen nach, wenn Sie in meiner Gesellschaft bleiben wollen“, erwiderte Haller.
„Nennen Sie etwa dieses Fräulein Emma eine Larve?“
„Wen ich meine, das ist gleichgültig. Hier habe ich eine Droschkennummer. Lassen Sie uns nach dem Hotel de Saxe fahren?“
„Das werden wir vielleicht bleiben lassen.“
„Warum?“
„Die beiden Damen wohnen dort.“
„Ah. Fürchten Sie sich vor ihnen? Ich denke, Sie sind in die Vorleserin verliebt?“
„Verliebt? Pfui Teufel, abermals dieser ungeeignete Ausdruck. Ihr Bild ist siegreich zu den Pforten meines Herzens eingezogen. So drücke ich mich aus. Ich möchte zwar höchst gern in ihrer beglückenden Nähe weilen, aber ich habe sehr triftige Gründe, sie einstweilen noch in zarter Schamhaftigkeit zu fliehen.“
„So? Welche Gründe wären das?“
„Erstens die Art und Weise, in welcher die Bekanntschaft angeknüpft wurde, und zweitens mein gegenwärtiger äußerer Adam. Sehen Sie mich einmal an.“
„Nun, was ist an Ihnen zu ersehen?“
„Diese verteufelte Rutschpartie hat meinen Anzug bedeutend mitgenommen, und ich habe augenblicklich nicht über Millionen zu verfügen, so daß ich mir einen neuen Gottfried kaufen könnte. Ich muß warten, bis ich nach Berlin zu meinem Kleiderschrank komme. Bis dahin muß ich die Sehnsucht meines liebenden Herzens in die dickste Pappschachtel einstecken.“
„Ich glaube, der Kleiderschrank wird Ihnen auch keine Station zum Glück werden. Diese Emma sah mir gar nicht so aus, als ob sie sich von einem Krebs- und Spinnenmaler erobern ließe; hier ist unsere Nummer. Steigen wir ein, wir fahren nach dem Hotel Stadt Rom.“
Dort angekommen, ließen sie sich zwei nebeneinanderliegende Zimmer geben. Haller hatte den Gedanken, in das Theater zu gehen und ließ
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