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Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Titel: Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Brady
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Anmerkung des Autors
    A ls jemand, der Bobby Fischer seit seiner Jugend kannte, bin ich Hunderte Male gefragt worden: »Wie war er denn wirklich ?« In diesem Buch gehe ich dieser Frage nach. Doch der Leser sei vorab gewarnt: In Bobbys Leben wimmelt es nur so von Paradoxen. Bobby war geheimniskrämerisch und freimütig, großzügig und knauserig, naiv und bestens informiert, grausam und lieb, gläubig und ketzerisch. Sein Spiel strahlt Zauber, Schönheit und tiefere Bedeutung aus. Seine schockierenden Aussagen triefen vor Grausamkeit, Vorurteilen und Hass. Und obwohl er jahrzehntelang den Großteil seiner Energie und Leidenschaft in die Perfektionierung seines Spiels steckte, war er nicht der Fachidiot, als den ihn die Presse hinstellte.
    Die britische Schriftstellerin Virginia Woolf hatte mit ähnlichen Widersprüchen zu kämpfen, als sie versuchte, die Lebensgeschichte des Künstlers Roger Fry aufzuschreiben. Sie erkannte: »Eine Biografie wird als vollständig betrachtet, wenn sie nur sechs oder sieben ›Ichs‹ darstellt, auch wenn Menschen bis zu tausend Persönlichkeiten haben.« Im Leben Bobby Fischers wimmelt es nur so von Persönlichkeiten. In diesem Buch möchte ich versuchen, aus Fischers Kaleidoskop von Ichs eines herauszugreifen – das des Genies, des ewigen Kriegers – und anhand dieses Ichs seine sich wandelnden Identitäten und Rollen zu erklären. Der bekannte Psychologe Alfred Binet erklärte einmal, wenn wir in das Gehirn eines Schachspielers blicken könnten, würden wir dort »eine ganze Welt von Gefühlen, Bildern, Vorstellungen, Emotionen und Leidenschaften finden«. In Bobbys Fall stimmt das sicher: In seinem Kopf steckten nicht nur Schachbytes, geisterhafte Computerverbindungen auf einem Brett von 64 Feldern, sondern auch Poesie, Musik und Zartgefühl.
    Gelegentlich musste ich in diesem Buch spekulieren, dafür entschuldige ich mich. Bobbys Verhalten schreit oft nach einer Erklärung; die Stellen, an denen ich Vermutungen anstellte, sind als solche gekennzeichnet. Um Bobbys außergewöhnliches Leben angemessen darzustellen, habe ich gelegentlich Erzähltechniken des Romans verwendet. Mal beschrieb ich Schauplätze in allen Einzelheiten, mal arbeitete ich bestimmte Details heraus, reduzierte Dialoge oder enthüllte innere Zustände. Das geschah aber immer auf der Grundlage meiner Recherchen, Erinnerungen und Studien. Ich wollte, dass die Leser – ob sie nun selbst Schach spielen oder nicht – sich fühlen, als säßen sie direkt neben Bobby, auf seiner Seite des Schachbretts, oder bei ihm zu Hause, um mit ihm seine Freude über Triumphe zu teilen, seinen Schmerz angesichts von Niederlagen und seinen Zorn auf die Welt.
    Ich begegnete Bobby Fischer zum ersten Mal auf einem Schachturnier; er war damals noch ein Kind, ich ein Teenager. Seit jenem Augenblick verfolgte ich seine Lebensgeschichte – bis zu Bobbys Beerdigung fern seiner Heimat, in der windgepeitschten Landschaft Islands. Über die Jahre hinweg haben wir Hunderte Partien miteinander gespielt und zahllose Dinnerpartys besucht; wir sind gemeinsam zum Essen gegangen, zu Turnieren gereist und endlos durch die Straßen Manhattans gewandert. Sein Schachspiel war meinem um Lichtjahre voraus, doch wir fanden andere Gemeinsamkeiten. Ich kannte seine Familie und unterhielt mich oft mit seiner Mutter über ihn.
    Bobby und ich waren Freunde, auch wenn unser Verhältnis oft schwierig war und schließlich ganz abkühlte. Ich begleitete sein Schachleben aber auch in offizieller Funktion fast von den ersten Anfängen an: Ich leitete eines der ersten offiziellen Turniere, an dem Bobby Fischer als Kind teilnahm. Schon damals war mir seine Hartnäckigkeit aufgefallen. Als Bobby bei der US-Meisterschaft 1963/64 seinen historischen 11-zu-0-Durchmarsch schaffte, stand ich als Schiedsrichter am Brett und konnte miterleben, wie stolz er auf seine Leistung war. Als Bobby für das Internationale Schachturnier in Havanna Reiseverbot bekam und seine Züge per Fernschreiber übermittelt werden mussten, war ich anfangs der ihm zugeteilte Schiedsrichter. Ich verbrachte etliche Stunden allein mit ihm im geschlossenen Raum des Marshall Chess Club und erlebte mit, wie sehr ihn die ungewöhnlichen Umstände anstrengten.
    Viele der in Endgame: Bobby Fischer geschilderten Ereignisse habe ich mit eigenen Augen miterlebt. Aber hier geht es nicht um mich; ich bleibe in diesem Buch praktisch unsichtbar. Im Zuge meiner Recherchen habe ich bisher nicht ausgewertete

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