Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
fortjage?“
    „Wollen Sie den Fuchs im Stall behalten?“
    „Nein. Aber ich will ein anderes Tier zum Vergleich heranziehen. Der Leopard raubt und mordet, aber sobald man klug ist, kann man sich seiner zur Jagd bedienen.“
    Der Diener nickte leise vor sich hin.
    „Das oder so etwas Ähnliches habe ich mir gedacht“, sagte er. „Das lag auch mit in meiner Kalkulation, ehe ich mich daran machte, den Schlüssel in Ihr Schloß zu stecken.“
    Der Alte, welcher noch immer auf und ab schritt, blieb jetzt vor ihm stehen und sagte:
    „Henry, wenn das wahr ist, so bist du allerdings ein Kopf, der zu gebrauchen ist. Ich habe wirklich Lust, dich zu begnadigen!“
    „Damit Sie mich als Jagdleopard gebrauchen können?“ lachte der Diener. „Versuchen Sie es einmal, Herr Kapitän!“
    „Wärst du bereit dazu?“
    „Warum nicht? Aber man muß seine gute Rechnung dabei finden.“
    „Ich würde dafür sorgen, daß dies der Fall ist. Aber hier gilt es Verwegenheit, Verschlagenheit und Verschwiegenheit.“
    „Mit diesen drei Gerichten kann ich Ihnen aufwarten. Sagen Sie mir nur, was ich zu tun habe!“
    „Geduld! Geduld! Ich muß vor allen Dingen deiner auch sicher sein.“
    „Sind Sie das etwa nicht?“
    „Du verlangst doch nicht etwa, daß ich dir ganz plötzlich vertraue, nachdem ich dich wenige Minuten vorher beim Einbruch ertappt habe.“
    „Habe ich Ihnen nicht gerade durch diesen Einbruch bewiesen, daß Sie mir etwas Ähnliches sorglos anvertrauen können?“
    „Vielleicht. Aber – hm, es geht doch nicht! Es fehlt dir etwas, was jedenfalls unumgänglich notwendig vorhanden sein muß. Du verstehst kein Deutsch!“
    Da stand Henry vom Stuhl auf und antwortete lächelnd:
    „Wer hat Ihnen diese Lüge aufgebunden?“
    „Alle Wetter! Verstehst du es?“
    „Leidlich, vielleicht sogar besser als leidlich.“
    „Wo hast du es gelernt?“
    „Von meiner Gouvernante.“
    Richemonte nahm an, daß diese Antwort ein Scherz sein solle, aber als er sah, welch ernstes Gesicht der Diener dabei zeigte, fragte er:
    „Eine Gouvernante hast du gehabt, Kerl?“
    „Eine ganze Reihe vielmehr. Es konnte keine bei mir aushalten, denn ich war ein verdammt wilder Knabe. Meine Eltern ließen mir alles angehen. Ich weiß ihnen für das jetzt keinen Dank, denn sie allein sind schuld, daß ich das wurde, was ich bin.“
    „Wer war dein Vater?“
    Der Einbrecher starrte eine Minute lang in das Licht der Laterne, ohne zu antworten. Was zuckte nur jetzt über sein nicht unschönes Gesicht? Waren es Schatten, oder waren es die Zeichen einer plötzlich über ihn gekommenen Rührung, einer milden, reuigen Regung, wie sie ja auch der ärgste Verbrecher nicht immer von sich zu weisen vermag? Dann aber fuhr er mit der Hand durch die Luft und antwortete, indem seine Stimme einen heiseren Klang annahm:
    „Pah! Man soll nicht an Vergangenes denken, sondern es lieber ruhen lassen! Ich sitze auf der Lawine, und sie rollt bergab. Vielleicht begräbt sie mich unter sich, vielleicht auch rettet mich ein kühner Sprung im rechten Augenblick.“
    „Nun also, was war dein Vater?“
    „Erlassen Sie mir die Antwort. Sie kann nichts nützen, und es hätte ja auch keinen Zweck, wenn ich Ihnen eine Unwahrheit aufladen wollte. Es mag genug sein, daß mir mein jetziges Schicksal nicht an der Wiege gesungen wurde. Was ich war, das geht mich nichts mehr an; ich will es vergessen; ich will nichts mehr davon sagen und hören. Und was ich jetzt bin, das will ich auch ganz sein!“
    Da streckte ihm der Kapitän die Hand entgegen und sagte:
    „So ist es recht! Ich sehe ein, daß ich mich auf dich werde verlassen können. Hat dir das Geschwätz dieser dummen Baronin wirklich erlaubt, einen kleinen, kurzen Blick in verborgene Sachen zu werfen, so wirst du erkannt haben, daß auch mein Schicksal kein erfreuliches gewesen ist. Aber ich habe gerade wie du gesagt: Die Vergangenheit vergessen, die Gegenwart ergreifen und für die Zukunft sorgen. So ist es mir gelungen, und ich bin überzeugt, daß es auch dir gelingen wird, Herr deines Geschicks zu werden. Der Mensch ringt dem Schicksal kein Jota mehr ab, als sein eigener Wert beträgt. Kann ich mich auf dich verlassen?“
    Henry schlug die dargebotene Hand ein und antwortete:
    „Ich denke es und werde es Ihnen beweisen.“
    „So laß uns aufrichtig sprechen! Schreckst du vor einem Diebstahl zurück, wenn er dir reichlich belohnt wird, auch wenn es ein schwerer, ein Einbruch sein würde?“
    „Nein.“
    „Aber wenn

Weitere Kostenlose Bücher