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57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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werde Satisfaktion von Ihnen verlangen!“
    Der andere stieß als einzige Antwort ein höhnisches, kurzes Lachen aus.
    „Haben Sie es gehört?“ fragte Rallion.
    „Haben Sie gehört: Ich lache.“
    „Herr!“ knirschte Rallion. „Wissen Sie, was man unter Satisfaktion versteht?“
    „Oh, sehr genau.“
    „Daß Sie sich mit mir schlagen werden!“
    „Schön. Das sollte mir ein Gaudium werden. Aber ich befürchte nur, es wird nichts daraus.“
    „Dann sind Sie ein Feigling, ein elender.“
    „Ich wohl nicht, aber Sie.“
    „Monsieur, Sie scheinen unzurechnungsfähig zu sein.“
    „Nein, sondern ich scheine nur zu wissen, mit wem ich es zu tun habe.“
    „Nun, mit wem?“
    „Mit einem Menschen, welcher beim Anblick eines Degens in Ohnmacht fällt, und wenn er das Wort Pistole hört, davonläuft.“
    Der Graf fühlte sich frappiert. Aber er befand sich hier in der Fremde. Wer sollte ihn kennen? Er antwortete:
    „Ich wiederhole, daß Sie unzurechnungsfähig sind.“
    „Und ich sage Ihnen, daß ich keine Lust habe, mich mit Ihnen zu zanken. Ich bin müde und werde schlafen, bis der Tag anbricht. Dann werde ich mich Ihnen vorstellen, um unser Gespräch fortzusetzen. Sagen Sie aber jetzt noch ein einziges Wort zu mir, so gebe ich Ihnen eine Ohrfeige, daß Ihr ganzer werter Korpus durch die Kutschenwand hinaus auf die Straße fliegt.“
    Diese Worte waren in einem solchen Ton gesprochen, daß es Rallion angst und bange wurde. Es war ihm, als ob er trotz der im Wagen herrschenden Dunkelheit den Arm seines Gegenübers bereits in Bewegung sehe. Daher verzichtete er auf jedes weitere Wort und legte sich so bequem wie möglich auf seinen Sitz zurück.
    So verging die Zeit in völliger Schweigsamkeit. Die Räder mahlten im tiefen Sand, und zuweilen ließ sich ein kurzer Zuruf des Kutschers hören. Es war dem Grafen nicht ganz geheuer; aber die im Wagen herrschende Stille, verbunden mit dem eintönigen Geräusch der Bewegung übte eine einschläfernde Wirkung auf ihn aus. Er faßte sein Köfferchen mit den Händen, drückte es an sich und – schloß die Augen.
    Als er sie wieder öffnete, war es hell geworden. Sein erster Blick galt natürlich dem Mann, welcher ihm gegenübersaß. Er konnte von demselben nichts erkennen als ein paar Stiefel, eine Reisemütze und einen weiten Mantel, welcher hoch emporgezogen war. Ganz oben, zwischen Mütze und Kragen, blickten zwei dunkle Augen hervor.
    Sobald aber der Inhaber dieser Augen jetzt bemerkte, daß der Graf seinen Schlummer unterbrochen habe, ließ er den Mantel herab und enthüllte ein aristokratisch feines Gesicht, welches von einem dichten, dunklen Vollbart eingerahmt wurde.
    Rallion kam es vor, als ob er diese Züge bereits einmal gesehen habe, aber er konnte sich nicht entsinnen, wo und wann dies geschehen sein solle.
    Jetzt zog der andere ein Etui hervor und steckte sich, ohne um Erlaubnis zu fragen, eine Zigarre an. Dann ließ er das Wagenfenster herab und blickte hinaus, um zu sehen, wie weit man gekommen sei. Als er nach einer kurzen Weile den Kopf zurückzog, warf er einen halb höhnischen, halb feindseligen Blick auf den Grafen und sagte:
    „So, mein Herr, der Sie ein Graf sein wollen, jetzt können wir unser Gespräch fortsetzen. Vorher war es dunkel, und ich liebe es, demjenigen, der mich fordert, ins Gesicht zu sehen.“
    „Ich ebenso.“
    „Das bezweifle ich. Sie haben nur Mut, im Dunkeln zu intrigieren. Sie sind ein Schuft, ein Schurke, ein Lump, bei dessen Anblick es einem ist, als ob man eine häßliche Spinne entdecke. Ich sage Ihnen das aufrichtig ins Gesicht, bin aber überzeugt, daß Sie mich nicht zur Rechenschaft ziehen, sondern vor mir ausreißen werden.“
    Das Gesicht des Grafen war totenbleich geworden. Er ballte beide Fäuste und antwortete:
    „Hielte ich nicht meine bereits ausgesprochene Meinung, nämlich daß Sie unzurechnungsfähig sind, für die richtige, so sollten Sie erfahren, welche Antwort ich auf solche Worte gebe.“
    „Pah! Natürlich werden Sie diese Meinung aufrechterhalten, damit Sie einen Grund haben, sich zurückzuziehen; aber ich lasse Ihnen die Flucht nicht gelingen. Daß Sie den besten Platz im Wagen beanspruchten, beweist, daß Sie weder Lebenserfahrung, noch Höflichkeit besitzen. Daß Sie mich forderten, weil ich meinen Sitz behielt, brächte einen jeden anderen, nur mich nicht, auf den sehr berechtigten Gedanken, daß Sie entsprungener Irrenhäusler sind. Ich hätte Ihnen eine Ohrfeige, welche ich Ihnen anbot,

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