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58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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maulrechtes Mädchen, ein Bissen, wie man feiner keinen bekommen kann. Ich lecke alle Finger nach ihr. Horch!“
    Man hörte von unten her das Rollen eines Wagens und das Getrappel von Pferden.
    „Wer mag das sein?“ fragte die Mutter.
    „Geh hinab und sieh nach.“
    „Wenn sie es nun ist, willst du sie nicht selbst empfangen?“
    „Nein. Das paßt nicht in meine Hausrolle. Sie ist das Ziehkind, und ich bin der richtige Sohn. Sie hat zu mir zu kommen, um mich zu begrüßen.“
    Die Frau ging; dann hörte man unten helle Mädchenstimmen erschallen. Nach einer Weile nahten Schritte. Die Mutter machte die Tür auf und sagte:
    „Hier hast du eine Überraschung – alle beide.“
    Er drehte sich rasch um; er erblickte Nanon und Madelon. Seine Stirn wurde kraus. Das war nicht nach seinem Sinn. Madelon war ihm im Weg. Er stand auf, reichte beiden die Hand und sagte:
    „Es ist ein Trauerhaus, in dem ihr seid; aber trotzdem will ich euch willkommen heißen. Auf Nanon hatte ich gerechnet, auf dich nicht, Madelon. Wie kommst du aus Deutschland, von Berlin hierher?“
    Die beiden Mädchen waren sehr ernst. Man sah es ihnen an, daß sie sich in der Nähe dieses Menschen nicht wohl befanden.
    „Nanon hatte mir telegrafiert, und ich bin sofort in die Bahn gestiegen“, antwortete die Gefragte.
    „Das konntet ihr beide bleiben lassen, nämlich du das Telegrafieren und du das Reisen.“
    Da antwortete Nanon herzhaft:
    „Deinetwegen ist es auch nicht geschehen. Wir selbst wollten uns gern einmal wiedersehen.“
    „Schau, welches Mundwerk du dir angeschafft hast. Na, geht hinunter; ich habe notwendiges zu tun, und unten gibt es Arbeit für euch. Mutter wird euch anstellen.“
    Sie wendeten sich bereits zum Gehen; da aber rief er noch:
    „Halt! Ihr seit mit Fuhrwerk gekommen?“
    „Ja“, antwortete Nanon.
    „Wem gehört es?“
    „Einem Kutscher aus Etain.“
    „Er fährt doch sogleich wieder fort?“
    „Nein. Er wartet bis heute abend in der Schenke.“
    „Sapperlot! Wollt ihr heute abend wieder fort? Daraus wird nichts. Ich bleibt länger da.“
    „Das geht nicht. Unser Urlaub ist so kurz, daß wir schon heute wieder fort müssen.“
    „So. Der Kutscher bleibt also wirklich in der Schenke, und wer bezahlt ihn?“
    „Wir.“
    „Gut. Ihr könnt gehen.“
    Sie gehorchten diesem Gebot, und er schrieb und rechnete weiter. Nach längerer Zeit kam seine Mutter, um nach etwas zu fragen. Er gab ihr Auskunft und sagte ihr dann, daß sie Nanon zu ihm schicken solle.
    „Du willst sie jetzt um ihre Einwilligung fragen? Sie wird sich weigern.“
    „Das werde ich abwarten.“
    „Sie scheint ein ganz anderes Mädchen geworden zu sein, viel fester, sicherer und verständiger.“
    „So bin auch ich ein anderer Kerl geworden. Wollen doch sehen, wer da Herr bleiben wird.“
    Sie ging, und gleich darauf trat Nanon ein. Sie wußte natürlich, um was es sich handelte, doch zeigte sie nicht die geringste Spur von Verlegenheit oder gar von Furcht.
    Er hatte auf dem Sofa Platz genommen; er zeigte neben sich hin und sagte:
    „Da bist du ja. Schau, so gefällt es mir. Den Weisungen des Hausoberhauptes muß augenblicklich gefolgt werden. Komm, setze dich her zu mir.“
    „Danke!“ antwortete sie. „Ich mache leichte, schnell zu erledigende Angelegenheiten gern im Stehen ab.“
    „Du denkst, es handelt sich um eine so leichte Sache? Da irrst du dich. Es ist vielmehr eine sehr ernste und wichtige Angelegenheit, welche ich mit dir zu besprechen habe. Setz dich also nieder.“
    „Gut, so nehme ich Platz.“
    Sie setzte sich auf einen Stuhl, welcher fern von ihm stand.
    Er zog die Stirn in Falten und musterte ihre Gestalt vom Kopf bis zu den Füßen herab.
    „Daß muß man sagen“, begann er dann, „ein sauberes Mädchen bist du geworden. Meinst du nicht auch?“
    In ihren Augen leuchtete es auf. Was sie sonst nie getan hätte, heut und ihm gegenüber tat sie es: Sie antwortete:
    „Ja, das meine ich allerdings.“
    Er war ganz frappiert von dieser unerwarteten Antwort.
    „Donnerwetter!“ stieß er hervor. „Wirklich? Du weißt, daß du schön bist? Da bist du wohl von deinem Wert ganz außerordentlich überzeugt?“
    „Ganz ebenso wie du von dem deinigen.“
    „Gut, so passen wir zusammen. Zwei sehr wertvolle Personen. Wollen wir uns zusammentun?“
    „Danke!“ antwortete sie schnippisch.
    „Nicht? Warum nicht?“
    „Du meinst mit dem nicht sehr ästhetischen Ausdrucke ‚Zusammentun‘ doch das, was man gewöhnlich

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