58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien
dampfen.“
„Sie verstehen es, sich außerordentlich poetisch auszudrücken, mein Lieber!“
„Ja, man hat das seinige gelernt“, lachte er.
Sie stimmte in seine Lustigkeit ein, was ihm all seinen Mut wiedergab, und sagte dann:
„Wie es scheint, haben Sie bereits mit Marie gesprochen?“
„Vorhin, vor der Ankunft des Grafen, der mir höchst ungelegen kam. Er konnte zehn Minuten später eintreffen.“
„Hat Marie Ihnen ihr Wort gegeben?“
„Nein, aber einen Kuß.“
„Einen Kuß? Ah!“
„Ja, so ungefähr.“
Er umarmte sie, ehe sie ihn abwehren konnte, und gab ihr einen herzhaften Kuß auf den Mund.
„Sachte, sachte!“ mahnte sie, ihn von sich schiebend. „Sie sind ja ein echter Alexander der Große im Erobern.“
„Das ist angeborene Gottesgabe“, antwortete er lachend.
„Und dennoch kann ich diese Schnelligkeit nicht begreifen, mit welcher Sie mit Marie einig geworden sind.“
„Ja, es kam auch für mich ein wenig rasch. Aber während der eine fünfzehn Jahre braucht, um nur zu erfahren, daß man lebt, um zu heiraten, hat der andere bereits die sechste Frau zu Tode geärgert. Die Liebe kommt bei dem einen wie eine Schnecke und bei dem anderen wie ein geölter Blitz. Das geht Puff auf Puff und Knall auf Knall. Es leuchtet, ein Donnerschlag, und man ist getroffen und erschlagen für die ganze Lebenszeit.“
Frau Melac mußte herzlich lachen. Sie meinte:
„Ich wiederhole, daß Sie Ihre Bilder vortrefflich zu wählen verstehen. An Ihnen ist ein zarter lyrischer Dichter verdorben. Nicht?“
„Vielleicht drücke ich mich in späteren Jahren kräftiger aus. Jetzt ist man jung und zart besaitet. Wenn einen später das Leben in die Schule nimmt, so wird man mürrisch, bekommt das Podagra und dichtet nur noch tragische Szenen.“
„So wünsche ich, daß Sie möglichst lange jung bleiben.“
„Da gebe ich Ihnen ohne alle Abstimmung meine Zustimmung. Aber nun einmal ohne Scherz, Madame! Hier meine Hand. Sind Sie mir bös, daß mein Herz mich getrieben hat, zu Marie von Liebe zu sprechen?“
„Ich kann Ihnen nicht zürnen. Kein Mensch kann die Stimme seines Herzens zum Schweigen bringen. Nur hat man die Pflicht, auch den Verstand sprechen zu lassen.“
„Oh, das tue ich ja.“
„Und glauben Sie, daß die Stimme der Vernunft in diesem Fall mit derjenigen des Herzens im Einklang stehen werde?“
„Ich bin überzeugt davon.“
„Aber wir wohnen in Frankreich, und Sie wohnen im Ausland. Wollen Sie uns das einzige Kind so weit fort entführen?“
Er schüttelte den Kopf und antwortete:
„Tragen Sie keine Sorge. Ich bin frei. Der Maler ist an keinen Ort gebunden. Überhaupt ist es mir auch noch gar nicht beigekommen, Ihnen oder Marie ein bindendes Wort abzufordern.“
„Ah! Wie habe ich das zu verstehen?“
„Ich habe Marie gesagt, daß ich sie liebe, und sie hat mir das gleiche erwidert. Dann kam der Graf und jetzt muß ich fort. Wir haben also über unsere Zukunft noch kein Wort sprechen können.“
„Ich glaubte, das sei in Ordnung gebracht?“
„Nein. Ich allerdings werde mich für gebunden betrachten. Komme ich wieder, und Marie ist noch frei, dann werde ich mir Mühe geben, Ihnen zu beweisen, daß ich Ihres Kindes nicht ganz unwert bin. Sagen Sie dann ja, so werden Sie mich glücklich machen.“
„Das ist ehrenwert, Monsieur. Meine Sympathie haben Sie. Weiß mein Mann davon?“
„Nein.“
„Soll er es erfahren?“
„Das überlasse ich am besten Ihnen.“
„Werden Sie noch vor Ihrer Abreise mit ihm sprechen?“
„Ich muß fort und weiß nicht, ob er Zeit hat.“
„Ich glaube allerdings kaum, daß er eine Minute für Sie erübrigen kann. Er ist beim gnädigen Herrn und kann nicht um Entlassung bitten.“
„So muß es genügen, Sie von unserer Herzensangelegenheit unterrichtet zu haben. Werden Sie mir erlauben, Marien zuweilen eine Zeile zu senden?“
„Gern, Monsieur. Hoffentlich sehen wir Sie bald wieder?“
„Ich wünsche es. Schreiben muß ich Ihnen auf alle Fälle, da ich Sie ja über die Familie Bas-Montagne unterrichten muß. Jetzt darf ich Sie nicht länger zurückhalten. Bitte, nehmen Sie eine Hand des Dankes und des Abschieds. Seien Sie überzeugt, daß ich ein ehrlicher Mann bin und daß Sie mir das Glück Ihres Kindes anvertrauen können.“
„Ich glaube es. Leben Sie wohl, Monsieur.“
Sie hatte sich erhoben und reichte ihm ihre Hand, die er an seine Lippen drückte. Er wollte gehen; sie aber sagte:
„Warten Sie noch einen
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